Wenn ich in meinen Artikel über den nicht stattfindenden Weltuntergang 2012 wieder mal erkläre, dass er nicht statt findet, dann höre ich ziemlich oft eine ganz bestimmte Reaktion: “Niemand kann sagen, was 2012 passieren wird. Die Weltuntergangspropheten nicht und du auch nicht. Wir können nur abwarten und schauen, was am 21. Dezember 2012 wirklich passiert.” Das ist ganz eindeutig falsch.
Ich habe jetzt nicht vor, eine wissenschaftsphilosophische Abhandlung über Erkenntnistheorie zu schreiben und zu erläutern, was wir wissen können und was nicht. Aber ich möchte klar stellen, dass es durchaus möglich ist, bestimmte Theorien und Thesen auf ihren Realitätsgehalt zu überprüfen und zu verlässlichen und konkreten Wissen zu gelangen.
Die Kritiker haben in einer Sache recht: Man kann nicht in die Zukunft sehen (abgesehen von wissenschaftlichen Vorhersagen der Art “Am 13. November 2012 wird es eine Sonnenfinsternis geben”). Ich kann also tatsächlich nicht sagen, ob am 21. Dezember 2012 irgendwas passieren wird. Etwas Unvorhergesehenes kann per Definition immer passieren, ohne das man vorher Bescheid weiß. Immer! Und nicht nur 2012. Der 21. Dezember 2012 unterscheidet sich in der Hinsicht nicht von jedem anderen Tag in jedem anderen Jahr. Wer 2011, 2010 oder 2009 keine Angst vor “unvorhergesehenen” Dingen hatte, muss das 2012 auch nicht haben. Es lohnt sich auch nicht wirklich. Wir müssen akzeptieren, dass es im Leben keine absolute Sicherheit gibt.
Aber wie schon gesagt – das hat nichts mit 2012 zu tun. Der ganze Weltuntergangskram handelt ja von ganz spezifischen Vorhersagen, Prognosen und Thesen, die den Dezember 2012 betreffen. Die Maya hätten dieses vorhergesagt, Nostradamus hat jenes prophezeit und “die Wissenschaftler” hätten auch noch eine ganz spezielle These aufgestellt die belegt, dass 2012 die Welt untergehen wird. Hier haben wir es mit einer ganz anderen Situation zu tun. Es geht nicht um ein vages “irgendwas”, das halt passieren kann oder auch nicht, so wie an jedem anderen Tag auch. Es geht um eine konkrete Vorhersage. Und die – das ist wichtig! – kann man überprüfen.
Ein Beispiel. Nehmen wir die Geschichte von Planet X oder Nibiru. Das ist eine der zentralen Vorhersagen der Weltuntergangspropheten für 2012. Dieser Planet soll schlimme Katastrophen bis hin zur Zerstörung der Erde verursachen. Das ist schlecht. Gut dagegen ist, dass wir nicht bis zum 21. Dezember 2012 warten müssen. Wir können die Behauptung überprüfen und herausfinden, ob sie falsch ist oder richtig. Ich habe das hier Schritt für Schritt demonstriert. Man muss sich vor allem darüber klar sein, dass Behauptungen wie “Am 21. Dezember 2012 wird die Erde mit einem anderen Planeten kollidieren” nicht isoliert stehen. Aus Behauptungen dieser Art lassen sich Schlussfolgerungen ziehen; es ergeben sich Konsequenzen, die man überprüfen kann. Im Fall des Planet X ist es so, dass ein Planet, der im Dezember mit der Erde kollidieren soll, nicht plötzlich aus dem Nichts auftauchen kann. Er muss sich auf die Erde zu bewegen und müsste schon seit Monaten mit freiem Auge am Himmel zu sehen sein. Aus “Im Dezember 2012 kollidiert ein Planet mit der Erde” folgt also “Am Himmel muss schon jetzt ein unbekannter Planet sichtbar sein”. Diese Behauptung lässt sich wunderbar überprüfen: Man muss nur den Himmel betrachten – hunderttausende Hobby-Astronomen machen das Nacht für Nacht. Keiner hat diesen Planeten gesehen, also können wir daraus schließen, dass er nicht existiert und die Behauptung der Weltuntergangspropheten falsch ist. Nochmal: das müssen wir nicht vermuten. Wir wissen, dass die Behauptung falsch ist. Aus der Behauptung haben sich überprüfbare Konsequenzen ergeben und wir haben sie überprüft.
Gleiches gilt für diverse andere Behauptungen: “Die Erde wird sich am 21. Dezember 2012 durch die Ebene der Milchstraße bewegen.” “Die Erdachse zeigt am 21. Dezember 2012 auf das galaktische Zentrum.” “Die Zahl der Erdbeben steigt in den letzten Jahren immer weiter an.” “Die Planeten werden am 21. Dezember 2012 alle in einer Reihe stehen.” Und so weiter. All diese Behauptungen sind keine Glaubensgrundsätze, die man entweder glaubt oder halt nicht und über deren Gültigkeit wir nichts aussagen können, bis das Ereignis entweder eingetreten ist oder nicht. Diese Behauptungen lassen sich alle überprüfen und stellen sich am Ende entweder eindeutig als falsch bzw. richtig heraus. Wenig überraschend zeigt sich bei allen Weltuntergangsprognosen für das Jahr 2012, dass sie falsch sind…
Für diejenigen, die mit der wissenschaftlichen Methode vertraut sind, mag das alles hier trivial und nicht sonderlich aufregend sein. Aber viele Menschen haben wenig Erfahrung mit der Wissenschaft und der Art und Weise, wie sie arbeitet. Wenn dann auch noch das Faktenwissen fehlt, zum Beispiel über die Bewegung der Planeten, dann kann es gut sein, dass einem die Aussagen der Wissenschaft genauso wenig transparent erscheinen wie die der Weltuntergangspropheten: “Die einen sagen dieses, die anderen jenes und wir müssen halt abwarten, um herauszufinden wer recht hat.” Wissenschaft wäre aber ein recht langweiliges Unterfangen, wenn die einzige Aufgabe der Wissenschaftler darin bestünde, abzuwarten, wer Recht hat oder nicht. Die wissenschaftliche Methode wurde ja gerade extra deswegen entwickelt, um Aussagen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Die wissenschaftliche Methode wurde entwickelt, um verlässliches Wissen zu erlangen. Es ist möglich, Dinge ganz konkret zu wissen. Es ist möglich, absolute Aussagen der Art “Ereignis X wird nicht stattfinden” zu machen. Wer sich bisher eher in der pseudowissenschaftlich-esoterischen Szene aufgehalten hat, mag das jetzt als etwas unangenehm oder gar unangemessen empfinden. Dort wird ja das Nebelhafte, Vage und Zweideutige regelrecht zelebriert. Jeder muss prinzipiell recht haben dürfen, zu sagen “Nein, das was du erzählst ist vollkommener Unsinn und eindeutig falsch!” gilt als enorm unhöflich und findet nicht statt. Alles muss möglich sein und deswegen lässt sich auch nichts mit Sicherheit sagen. Die echte Welt dagegen ist nicht zweideutig (und nein, auch die Quantenmechanik widerspricht dem nicht); sie ist exakt so, wie sie ist und die wissenschaftliche Methode gibt uns die Möglichkeit, Aussagen auf ihre Übereinstimmung mit der Realität zu überprüfen.
Wir müssen also nicht abwarten um herauszufinden, ob das, was die Weltuntergangspropheten für Dezember 2012 vorhergesagt haben eintreffen wird oder nicht. Wir müssen ihre Aussagen nur überprüfen. Wir können ihre Aussagen überprüfen. Und wenn man das tut, dann sieht man klar und deutlich: Sie sind falsch!
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