Das Universum ist voll mit seltsamen Dingen. Gerade wenn es um die Suche nach extrasolaren Planeten geht, finden wir immer wieder Himmelskörper, die ganz anders sind, als wir es kennen. Planeten mit gewaltigen Ringen, Planeten in Doppelsternsystemen, Miniplaneten,… Dort draußen gibt es offensichtlich alles. Jetzt man noch ein weiteres äußerst ungewöhnliches Objekte identifiziert: Einen Planeten, der größtenteils aus Wasser besteht.
Der Planet selbst war schon länger bekannt (ich hab damals darüber geschrieben). Er heißt GJ 1214b, umkreist einen kleinen, schwach leuchtenden roten Zwerg und ist eine sogenannte “Super-Erde”. Das bedeutet, dass er größer als die Erde ist aber doch noch klein genug, um nicht als typischer Gasriese wie Jupiter durchzugehen. GJ 1214b hat den 2,7fachen Radius der Erde und die 6,5fache Masse. Kennt man Größe und Masse, kann man die Dichte berechnen. Die beträgt in diesem Fall etwa 2 Gramm pro Kubikzentimeter. Das ist wenig! Bei unserer Erde sind es immer etwa 5,5 Gramm pro Kubikzentimeter. GJ 1214b muss also eine fundamental andere Zusammensetzung haben als unser Planet. Wenn seine Dichte so gering ist, dann ist es unwahrscheinlich, dass er einen massiven Eisenkern mit einer dicken Gesteinsschicht hat. Es gibt aber verschiedene Möglichkeiten, so eine niedrige durchschnittliche Dichte zu bekommen. Er könnte einen felsigen Kern haben, der von einer dicken Hülle aus Wasserstoff und Helium umgeben ist, also so ähnlich wie bei Neptun und Uranus in unserem Sonnensystem. Oder es könnte ein Planet sein, der Wasser enthält. Viel Wasser! Wasser hat eine Dichte von einem Gramm pro Kubikzentimeter und je mehr Wasser, desto geringer die mittlere Dichte. Vielleicht ist GJ 1214b sogar einer der “Wasserplaneten”, deren Existenz man schon länger vermutet.
Leider waren bis jetzt die Beobachtungen nie gut genug, um wirklich herauszufinden, woraus der Planet besteht. Das hat sich jetzt geändert! Zachory Berta vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics und seine Kollegen haben das Hubble-Weltraumteleskop benutzt, um mehr über GJ 1214b heraus zu finden. Das ist nämlich äußerst knifflig. Der Planet ist weit weg; etwa 40 Lichtjahre. Da kann man nicht mal einfach so das Teleskop ausrichten und den Planeten untersuchen. Der leuchtet viel zu schwach und wird vom Licht des Sterns überstrahlt. Aber natürlich kennen die Astronomen ein paar Tricks 😉 GJ 1214b zeigt Transits. Das bedeutet, dass der Planet von uns aus gesehen vor seinem Stern vorüber zieht und dabei ein bisschen von seinem Licht abblockt. Das kann man beobachten und so wurde der Planet 2009 überhaupt erst entdeckt. Es gibt aber auch bei jedem Transit eine kurze Phase, wenn der Planet gerade beginnt, sich vor den Stern zu schieben, in der das Licht des Sterns durch die Atmosphäre des Planeten zu uns scheint. Die verschiedenen chemischen Elemente in der Hülle um den Himmelskörper blockieren dann unterschiedliche Anteile des Lichts und wenn man so “Transmissionsspektrum” untersucht, kann man herausfinden, woraus die Atmosphäre besteht (ich hab das hier schon mal beschrieben). Genau das hat man bei GJ 1214b gemacht. So sieht das Spektrum aus:
Das Bild zeigt, wieviel Licht (y-Achse) bei welchen Wellenlängen (x-Achse) zu uns gelangt. Die schwarzen Punkte sind die Messwerte, die bunten Linien zeigen verschiedene theoretische Modelle. Rot und gelb entsprechen einer dicken Hülle aus Wasserstoff und Helium, in blau sind Planeten mit unterschiedlich großen Anteilen von Wasser eingezeichnet. Man sieht gut, dass – auch wenn keine perfekte Übereinstimmung da ist – die Daten doch viel besser zu den Wasserplaneten passen anstatt zu den roten bzw. gelben Kurven.
Das ist auch der Schluss zu dem die Wissenschaftler kommen. Der Anteil an Wasser muss mehr als 50 Prozent betragen. Man darf sich GJ 1214b jetzt aber nicht als Wasserwelt wie aus dem gleichnamigen Science-Fiction-Film vorstellen. Die Bedingungen dort sind völlig anders als auf der Erde. Da der Planet seinem Stern sehr nahe ist, ist es dort recht warm. Die Temperaturen betragen 190 Grad und die dicke Atmosphäre erzeugt einen enormen Druck, der zehntausende Mal höher ist als bei uns auf der Erde. Unter diesen Bedingungen ist auch das Wasser nicht mehr mit dem Wasser zu vergleichen, dass wir kennen. Die Wissenschaftler sprechen von exotischen Zuständen wie “heißem Eis” oder “supraflüssigem Wasser”, die man dort finden könnte.
GJ 1214b ist also definitiv kein Ziel für den nächsten Badeurlaub. Aber der Planet zeigt uns wieder einmal eindrucksvoll, wie vielfältig unser Universum ist!
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