Die Geschichte hat das Zeug, um Teil von Verschwörungstheorien zu werden: Die NASA startet fünf Raketen, die in der oberen Atmosphäre Chemikalien freisetzen. Dadurch sollen künstliche Wolken erzeugt werden. Genau das ist ist gestern passiert und es hat nichts mit irgendwelchen fiesen Machenschaften der geheimen Weltregierung zu tun. Sondern mit echter und sehr interessanter Wissenschaft.
Das Projekt nennt sich ATREX. Das steht für Anomalous Transport Rocket Experiment und die NASA möchte damit die Jetstreams in der Atmosphäre erforschen. Ein Jetstream ist sehr schneller Höhenwind (ich habe kürzlich erst was darüber geschrieben). Die normalen Jetstreams in ungefähr 10 Kilometer Höhe sind schon recht gut erforscht. In der Region fliegen auch die Verkehrsflugzeuge, man kann Wolken und ihre Bewegung beobachten und es ist relativ leicht an Daten zu kommen. Es gibt aber auch noch weiter oben schnelle Winde. In etwa 100 Kilometer Höhe; also schon fast an der Grenze zum Weltall, befindet sich die Thermosphäre. In dieser äußeren Schicht der Atmosphäre gibt es Winde, die bis zu 500 km/h schnell werden können. Dort ist die Atmosphäre aber auch extrem dünn; es gibt keine Wolken mehr, die man von der Erde aus beobachten kann und es ist schwer, an Daten zu kommen.
Dabei wäre es wichtig, diese Region so gut wie möglich zu verstehen. Es gibt viele Satelliten, die sich so nahe an der Erde befinden. Man hat außerdem auch noch nicht wirklich verstanden, was diese schnellen Winde eigentlich verursacht. Deswegen hat die NASA fünf Raketen gestartet. Es waren nur relativ kleine Exemplare. Aber sie sollte ja auch nicht bis in den Weltraum fliegen sondern nur zu den äußersten Schichten der Atmosphäre. Und sie hatten auch keine große Ladung an Bord. Nur etwas Trimethylaluminium. Dieser Stoff reagiert mit der Luft und erzeugt Wolken. Diese Wolken kann man dann von der Erde aus sehen und beobachten, wie sie sich bewegen. Diese Bewegung zeigt uns dann, wie die hohen Jetstreams funktionieren.
Die fünf Raketen setzen ihre Chemikalien natürlich nicht alle am selben Punkt frei. Es werden fünf verschiedene Wolken an verschiedenen Punkten erzeugt:
Natürlich hat man gewartet, bis der Nachthimmel extrem klar war. Man möchte ja nicht dass die künstlichen Wolken von echten Wolken verdeckt werden. Die Sache ist auch so schon kompliziert genug. Vom Boden aus müssen die Wissenschaftler nun ganz genau hinschauen und in den knapp 20 Minuten die ihnen bleiben, bevor sich die Wolken auflösen, die nötigen Aufzeichnungen machen. Man möchte zum Beispiel herausfinden, ob sich im Wind dreidimensionale oder zweidimensionalen Turbulenzen zeigen. 3D-Turbulenzen sind im wesentlich das, was wir auch in Flüssen oder dem Wind auf dem Erdboden sehen können. Wenn auch die Höhenwinde diese Art von Turbulenzen zeigen, dann verrät das schon einiges über den Entstehungsmechanismus; sie unterliegen dann den gleichen Gesetzen wie die Winde auf der Erde. 2D-Turbulenzen würden dagegen auf eine Ähnlichkeit mit den normalen Jetstreams in der unteren Atmosphäre hinweisen.
Zuerst aber mussten die Raketen in die Luft. Das hat gestern Nacht toll geklappt. Innerhalb von nur fünf Minuten machten sich fünf Rakete auf den Weg zur oberen Atmosphäre. Es muss ziemlich cool ausgesehen haben:
Alles hat wunderbar geklappt und auch die Wolken wurden planmäßig erzeugt:
In Bewegung schaut das alles natürlich noch viel faszinierender aus:
Noch mehr Bilder gibt es im NASA-flickr-Stream und auf der ATREX-Seite (dort gibt es auch ein paar nette Videos).
ATREX ist schon jetzt ein faszinierendes Stück Forschung! Und die Ergebnisse der Datenauswertung kommen ja erst noch…
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