Letzten Freitag und Samstag war ich in Zürich. Dort haben die Schweizer Skeptiker offiziell ihren “Verein für kritisches Denken” gegründet. Ich durfte dort einen Vortrag über skeptisches Denken und den nicht stattfindenden Weltuntergang 2012 halten. Es war eine schöne Veranstaltung, mit vielen Leuten. Ich freue mich für die Schweizer Kollegen, dass sie gleich bei ihrer Vereinsgründung so viel interessiertes Publikum anziehen konnten. Das kann nur gut weitergehen. Ich bin am Sonntag auch weitergegangen, und zwar nach Hessen. Dort habe ich in Erzhausen (in der Nähe von Darmstadt) aus meinem Buch “Krawumm!” vorgelesen. Die Veranstaltungen in Zürich und Erzhausen waren auf den ersten Blick äußerst unterschiedlich. Aber eigentlich standen sie beide unter dem gleichen Thema: Denk nach! Denk kritisch! Wer nichts weiß, muss alles glauben!
Nach Erzhausen eingeladen hat mich die Hessenwaldschule. Die Klasse V9a hat in der örtlichen Bücherei eine Ausstellung veranstaltet:
Die ganze Geschichte fing aber schon ein paar Monate vorher an. Da hatten die Schüler im Gesellschaftlehre-Unterricht mit ihrer Lehrerin Inga Walther darüber diskutiert, welches Thema man demnächst behandeln möchte. Man einigte sich auf den Maya-Kalender und die damit verbundenen Weltuntergangsprophezeiungen. Die Schüler kannten natürlich die Geschichte, die im Internet und in den Medien kursieren. Aber nun begannen sie, ein bisschen weiter zu denken und hinter die dramatischen Schlagzeilen zu blicken. Sie informierten sich darüber, was der Maya-Kalender wirklich ist. Sie recherchierten, ob er wirklich endet. Sie untersuchten, was von den Weltuntergangsprophezeiungen zu halten ist und überlegten, wer von dieser ganzen Panik profitieren könnte.
Im Laufe ihrer Recherchen kam auch der Kontakt zwischen Inga Walther und mir zu stande. Über Videobotschaften sprachen die Schüler und ich miteinander. Die Schüler stellten mir Fragen und als sie am Ende all die Ergebnisse ihrer Arbeit zum Maya-Kalender in Form einer Ausstellung präsentieren wollten, luden sie mich auch dazu ein. Und wer könnte schon Nein sagen, wenn man so angekündigt wird:
Ich war also schon sehr gespannt, was mich in Erzhausen erwarten würde. Das war zuerst mal eine sehr schöne öffentliche Bücherei in einem alten Bahnhof:
Im Gebäude gab es dann nicht nur jede Menge Bücher, sondern auch die von den Schülern gestalteten Plakate zum Thema. Der erfolgslose Weltuntergangsprophet Harold Camping wurde da zum Beispiel vorgestellt:
Diese beiden schönen Poster zeigen den Unterschied im Tagesablauf eines Weltuntergangsgläubigen und einem informierten Menschen für den 21. Dezember 2012:
Die Schüler haben auch darauf hingewiesen, über welche Themen man sich wirklich Gedanken machen sollte und welche “Gefahren” die Medien abseits des Maya-Kalenders mit Schlagzeilen bedenken:
Es gab noch viele weitere Poster, über den Maya-Kalender und die Angst vor dem Weltuntergang. Aber die Schüler hatten auch Videos und andere Präsentationen vorbereitet. Zum Beispiel einen netten Film mit Interviews. Darin wurden Schüler befragt, was sie über den Maya-Kalender und die Weltuntergangsszenarien wissen. Oder eine Präsentation über diverse absurde 2012-Produkte:
Nach den Präsentationen und meiner Lesung gab es noch ein bisschen Party. Es wurde Sekt, Wein und Bier ausgeschenkt (zumindest an alle, die glaubhaft versichern konnten, dass sie älter als 16 Jahre sind) und die Schüler hatten einen Laser und eine Nebelmaschine aufgetrieben, von der sie ausgiebig Gebrauch machten:
Es war eine tolle Veranstaltung! In der Schweiz, wurde am Samstag darüber diskutiert wie wichtig kritisches Denken für unsere Gesellschaft ist. Und einen Tag später in Hessen demonstriert eine Schulklasse, wie das kritische Denken in Aktion aussieht.
Ich habe mich sehr gefreut, in Erzhausen mit dabei sein zu können. Einmal, weil es eine sehr schöne Bücherei war (und ich ja ein großer Fan von Büchereien bin). Sie war klein, aber gut ausgestattet. In der Astronomie-Abteilung gab es KEINE Bücher über Astrologie (das ist leider nicht selbstverständlich) und wer sich über den Weltuntergangsunsinn informieren wollte, fand dort vernünftiges und seriöses Material. Zum Beispiel dieses Buch hier:
Im Gegensatz zu dem ganzen Unsinn, der anderswo über die Sonne verbreitet wird, kann man hier seriös nachlesen, was von der Sonne für Gefahren drohen. Und das war der zweite schöne Aspekt des Abends. Die Schüler der Hessenwaldschule haben eben NICHT einfach das ganze Zeug aus den Hysterie-Medien vorbehaltlos geglaubt, sondern sich informiert. So etwas passiert leider viel zu selten. Ein Großteil der Anfragen die mich zum Thema 2012 erreichen, stammt von Jugendlichen. Gerade sie sind anfällig für die manipulativen Weltuntergangspropheten in den Medien. Und deswegen ist es besonders toll, wenn sich hier eine ganze Klasse dem aktiv entgegenstellt und kritisches Denken nicht nur praktiziert sondern auch kommuniziert. So etwas sollte in Schulen viel öfter vorkommen! Themen dieser Art passen eigentlich fast in jedes Schulfach und es lässt sich damit auch sehr viel konventioneller Schulstoff transportieren. Die Lehrerinnen und Lehrer sollten sich Inga Walther als Vorbild nehmen, die dieses Thema im Unterricht behandelt und sehr gut umgesetzt hat. Und die Schülerinnen und Schüler sollten sich ein Beispiel an der Klasse V9a nehmen. Macht es wie sie: Lasst euch nicht verarschen! Fallt nicht auf den ganzen Weltuntergangsunsinn rein! Denkt nach und denkt kritisch! Es lohnt sich.
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