Während meiner Auszeit erscheinen hier einige Gastbeiträge von anderen Bloggern.
Heute gibt es einen Artikel von “Mr. Horn”.
Bis heute hatte ich keinen ernsthaften Kontakt zur Homöopathie oder Homöopathen – erfolgreich umging ich sie bislang. Doch die Auswüchse dieser Art der medizinischen Verblödung machen vor Niemandem halt: Ich komme gerade vom Tierarzt und fühle mich sauer und verzweifelt. Weil ich vor der Homöopathie nicht fliehen konnte. Weil es scheinbar bald keine Alternativen mehr dazu geben wird. Ein Erfahrungsbericht.
Vielleicht sollte ich damit beginnen, was ich gelernt habe: Man sollte immer VOR dem Beginn der ersten Behandlung klarstellen, ob man eine homöopathische Behandlung wünscht oder nicht. Ich wünsche sie nicht. Leider scheint es mittlerweile nicht mehr üblich zu sein, das man als Arzt seinen Patienten fragt, wie er zur Homöopathie steht. Homöopathie wirkt nicht – meiner Meinung nach handelt es sich dabei einfach nur um einen moderne, rechtsfreie Methode der Pharmaindustrie, mit möglichst wenig Aufwand möglichst viel Kohle zu scheffeln. Ich habe nichts dagegen, wenn sich jemand bewusst für eine homöopathische Behandlung entscheidet! Aber ich für mich lehne sie ab.
Also worum geht es überhaupt? Ich habe eine Katze. Und diese Katze hat wohl so etwas wie Schnupfen. Achtung jetzt wird’s eklig, wer will kann das überspringen): Sie niest einfach häufig und dabei fliegt auch eine beachtliche Menge an grünem Rotz aus ihrer Nase – besonders toll, wenn man gerade mit dem niedlichen Tier kuschelt.
Also gut, man geht zum Tierarzt. Es handelt sich um eine sehr junge Katze, es war erst mein dritter Besuch bei besagtem Arzt – genauer gesagt war ich aus Zeitmangel nicht mal selber da, eine Bekannte von mir war so nett, die Katze hinzubringen. Sie weiß auch, das ich von Homöopathie nichts halte. Wir vertrauen unseren Ärzten. Der Arzt hat Medizin studiert, hat einen Doktortitel. Wir Patienten und unsere Tiere sind von Ärzten abhängig. Er weiß ja was hilft. Also half er der Katze. Meiner Meinung nach missbrauchte er dabei seine Autorität und die Abhängigkeit seiner Patientin. Das ist aber wie gesagt nur mein subjektives Empfinden, der Arzt sähe das sicherlich anders.
Meine Bekannte sagte mir, dass die Katze zwei Spritzen erhielt. “Ein Antibiotikum und irgendwas mit Zuckerwasser oder ähnliches – das soll ihr Immunsystem stärken”, sagte sie mir. Das klang für mich schon nach ziemlichem Quatsch – aber gut, vertrauen wir dem Arzt. Außerdem hatte sie mir ein Medikament vom Arzt mitgebracht: Echinacea D6 – ein homöopathisches Mittel. Sie merkte auch an: “Ich weiß, du magst keine Homöopathie, aber der Arzt meinte, dass das in vier Wochen besser wird”. Was der Arzt ihr genau gesagt hat, werde ich wohl nie erfahren – das menschliche Gedächtnis ist für sowas einfach zu unpräzise.
Jedenfalls war mein Entschluss schnell gefasst: Ich muss den Arzt wechseln! Aber da war ja noch was: In meiner Hand halte ich ein homöopathisches Mittel. Einen Placebo. Den ich der Katze geben soll. Das ist so unglaublich großer Blödsinn, da muss ich einfach die Kompetenz des Arztes in Frage stellen! Ich wollte das Mittel zurückbringen – irgendwie muss man ja auch konsequent sein: Wenn man was gegen Homöopathie hat, sollte man nicht noch der Pharmazie das Geld in den Rachen schmeißen.
Gesagt getan. Ich ging also am nächsten Tag ohne Katze zum Arzt, um diese Angelegenheit zu klären. Eine Sache war mir besonders wichtig: Verstehen, was er überhaupt der Katze gespritzt hat, damit der nächste Arzt die Behandlung fortsetzen kann, falls notwendig. Also fragte ich den Arzt, ob er seine Behandlungen dokumentiere. Ich war zugegebener Maßen etwas überrascht, als er dies bejahte – ich hatte mit Schlimmerem gerechnet. Er fragte, ob es wirklich notwendig sei, die Unterlagen rauszusuchen – oder ob es mir reiche, wenn er es mir aufschreibt. Ich entschied mich für Letzteres. Er verabreichte laut dem Zettel, den er mir gab “Amoxicillin” und “Echinacea”. Aha. Ein Antibiotikum… und… das Pflanzenzeugs? Ich nutzte die Gelegenheit, um dem Arzt sein homöopathisches Präparat ungeöffnet wiederzugeben und ihm zu sagen, dass ich solche Behandlungen nicht wünsche. Er nahm es sogar widerspruchslos zurück und nahm es wieder von der Rechnung runter – ich war erneut überrascht, wie entgegenkommend der Arzt sich verhielt!
Und ich wollte mehr wissen. Was war in dieser zweiten Spritze, die er der Katze gab?
[Der folgende Dialog ist natürlich nur aus meinem Gedächtnis rekonstruiert und demenstprechend unpräzise]
Ich: “Sagen Sie mal, was ist denn das andere?”
Er: “Ein Wirkstoff auf pflanzlicher Basis. Wegen Ihrer Bedenken: Die Wirkung dieser Pflanze wurde bereits in den 80er Jahren in einer medizinischen – nicht homöopathischen! – Studie bewiesen. Die Wirkung des Präparates ist belegt!”
Ich: “Meine Bekannte meinte, das wäre irgendwas mit Zuckerwasser?”
Er: (schaut mich mit fragendem Blick an)
Dieser Dialog ging ziemlich oft hin und her. Ich wollte eigentlich nur wissen, ob es sich um eine homöopathische Dosierung handelte. Es fiel mir wirklich schwer das auszusprechen: “Ist dieses Medikament homöopathisch?” Ich finde diese Frage provozierend. Es fällt mir schon so schwer genug den Behandlungsmethoden eines erfolgreichen und laut Patientenberichten guten Arztes zu widersprechen. Zu sagen “Homöopathie ist nonsens” könnte der Arzt als Angriff auf seine Integrität auffassen. Ich wollte versuchen, nur zu erklären, dass ich persönlich nichts davon halte. Irgendwann gelang es mir die Frage so zu stellen, dass er auch endlich darauf antwortete.
Er: “Ja, das ist ein homöopathisches Präparat.”
Ich: “Und in welcher Dosierung?”
Er: “D6. So wie das, was ich Ihnen mitgegeben hatte.”
D6 – also wirkunslos. Ich hatte genug gehört. Warum konnte der Arzt das nicht vor der Behandlung sagen? Nichtsdestotrotz: Mein Vertrauen in ihn war einfach ab diesem Moment völlig zerstört.
Die Stimmung war bereits sehr gereizt, entsprechend zittrig meine Stimme – ich versuchte Ruhe zu bewahren.
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