Ich: “Ich muss Sie leider darauf hinweisen, dass ich mich aufgrund dieses kleinen Vorfalls dazu gezwungen sehe, den Tierarzt zu wechseln.”
Er: “Darf ich fragen, was Sie mit ‘kleiner Vorfall’ meinen?”
Ich: “Wie gesagt: Die Vergabe von homöopathischen Mitteln. Ich bin schlichtweg strikt gegen den Einsatz von homöo…”
Er: “Es ist aber, wie ich es Ihnen sagte: Die Wirksamkeit von Echinacea wurde medizinisch bewiesen!”
Ich: “Aber nicht in homöopathischer Dosierung, oder?”
Er: “Doch, natürlich! Die Wirksamkeit von Echinacea in homöopathischer Dosierung wurde wissenschaftlich – nicht homöopathisch – bewiesen! Das ist es ja, was ich die ganze Zeit versucht habe, Ihnen zu erkläre…”
Ich: “Okay, jetzt erzählen Sie mir gerade totalen Blödsinn. Ein weiterer Grund für mich den Tierarzt zu wechs…”
Er: “Das reicht! Bitte gehen Sie! [er begleitet mich zügig heraus] Bitte verlassen Sie meine Praxis!”
Ich wollte ihm noch im Zorn mitteilen, was ich davon halte: Entweder er glaubt tatsächlich an Homöopathie – dann wäre er meines Erachtens nach ein schlechter Arzt. Oder er weiß genauso wie ich, dass es nicht gezielt wirken kann – dann wäre er ein noch schlechterer Arzt (und meiner Meinung nach ein Betrüger). Ich schaffte nur den ersten Teil.
Ich: “Entweder Sie glauben tatsächlich daran – dann sind Sie ein schlechter Arzt. Oder…”
Er: “Sie beleidigen mich persönlich! Gehen Sie sofort!”
Ich: “Ich bin schwer enttäuscht!”
Er knallte die Tür hinter mir zu.
Fünf Minuten später kehrte ich zurück, um mich für die persönliche Beleidigung zu entschuldigen. Er versicherte mir, dass ich ihn tatsächlich beleidigt habe. Ich wollte nicht weiter diskutieren. Ich bat um die Rechnung. Er bat mich darum, in Zukunft nicht mehr von Dingen zu reden, die ich nicht verstehe. Wenn ich nichtmal wüsste, was Amoxicillin ist, könnte ich ja wohl kaum was von Homöopathie verstehen. Das Präparat wirke. Ich schüttelte ihm die Hand, bat nochmals um Entschuldigung und wünschte ihm viel Glück im weiteren beruflichen Werdegang.
Ich denke hier jedoch etwas anders, als der Tierarzt: Patienten MÜSSEN von Dingen reden, die sie nicht komplett verstehen. Und der Arzt steht hier in der Verantwortung, nach bestem Wissen zu helfen. “Bestes Wissen” lag hierbei jedoch meiner Meinung nach nicht vor.
Auf dem Weg nach draußen passierte schließlich das Traurigste. Die Tierarzthelferin sagte sehr freundlich:
“Noch ein Tipp bei der Suche nach dem neuen Tierarzt: Sagen Sie vorher bescheid, wenn Sie keine Homöopathie wollen. Hier in [dieser Stadt] machen das ALLE Tierärzte.”
Es ist zum Heulen. Zum Verzweifeln. Deutschlands Medizin driftet zunehmend in irgendeine Parallelwelt ab und die Tierärzte bilden wohl mitunter die Speerspitze. Ich bin sauer, weil wir als Patienten in Deutschland einfach keine Chance mehr haben, den rechtsfreien Raum der Pseudomedizin zu umgehen, ohne die Integrität eines Arztes in Frage zu stellen! Die Auswüchse der Homöopathie führen zu merkwürdigen Situationen. Ärzte, die Patienten rausschmeißen? Die ein wirkloses Präparat aus eigener Überzeugung verabreichen? Man kann nur hoffen, dass der deutsche Gesetzgeber bald mal aufwacht. Irgendetwas MUSS gegen Homöopathie unternommen werden.
Glauben wirklich alle anderen Tierärzte an die Wirksamkeit einer homöopathischen Behandlung? Wird es überhaupt möglich sein, einem Arzt mitzuteilen, dass man keine homöopathische Behandlung wünscht, OHNE dass dieser sofort versucht, die Homöopathie zu rechtfertigen (und das wird passieren, wenn Behandlungsmethoden eines Arztes hinterfragt werden)? Und wenn alle Ärzte in der Umgebung homöopathisch Behandeln – welche Wahl hat man dann noch?
Kommentare (127)