Braune Zwerge sind seltsame Himmelsobjekte. Eine Art Mittelding zwischen Planet und Stern. Der Unterschied zwischen Stern und Planet ist ja eigentlich leicht zu erklären: Ein Stern leuchtet von selbst, ein Planet nicht. In der Realität ist alles natürlich ein wenig komplizierter – dafür aber auch interessanter!
Damit ein Himmelskörper selbst Energie erzeugen kann, muss er genug Masse haben. Ist er schwer genug, dann drückt ihn sein eigenes Gewicht so stark zusammen, dass sein Inneres heiß genug wird. Heiß genug, damit dort Atomkerne verschmelzen können. Diese Kernfusion liefert Energie und der Stern strahlt. Damit das funktioniert, muss es allerdings sehr heiß sein und der Himmelskörper sehr schwer. Die Kernfusion beginnt, sobald ein Objekt ungefähr 80 Mal schwerer ist als der Planet Jupiter. Und der ist immerhin der größte und massereichste Planet im Sonnensystem – und dreihundert Mal schwerer als die Erde (man hört zwar oft, Jupiter sei ein “verfehlter Stern” und es hätte nur wenig gefehlt, damit er auch selbst zu leuchten beginnt – aber es stimmt trotzdem nicht).
Bei 80 Jupitermassen setzt die klassische Kernfusion ein. Wasserstoff wird im Inneren des Sterns zu Helium fusioniert. Aber in der Natur gibt es selten klare Grenzen und so ist es auch bei der Fusion. Ein Himmelskörper, der dieses Fusionslimit nicht schafft, kann vielleicht trotzdem noch ein bisschen Energie erzeugen. Ist das Objekt leichter als 80 Jupitermassen, dann kann es unter Umständen trotzdem noch massereich genug sein, um Deuterium (eine Variation des normalen Wasserstoffs das zwei Kernbausteine im Atomkern hat anstatt nur einem) zu fusionieren. Das ist aber kein “richtiges” Leuchten. Es wird dabei nur wenig Energie erzeugt und das auch nur recht kurz (verglichen mit den Milliarden Jahren, die ein normaler Stern leuchten kann). Solche Objekte nennt man “Braune Zwerge”. Sie müssen ungefähr 13 Mal schwerer sein als Jupiter, damit sie zu so einem “falschen Stern” werden können.
Bei der Suche nach extrasolaren Planeten finden die Astronomen immer wieder mal solche Himmelskörper. Im Gegensatz zu den Exoplaneten ist es bei den braunen Zwergen aber ein klein wenig leichter, sie direkt zu beobachten und nicht nur indirekt zu entdecken. Immerhin sind sie größer und heller. Die Chancen, ein richtiges Bild zu bekommen stehen besonders gut, wenn man an den richtigen Stellen sucht. Also bei jungen Sternen in der Nähe der Sonne. Braune Zwerge entstehen gemeinsam mit den Sternen, die sie umkreisen. Je jünger der Stern, desto jünger ist also auch der braune Zwerg. Und je jünger er ist, desto stärker leuchtet er noch und desto einfacher ist er zu finden. Bei sonnennahen Sternen sucht man deswegen, weil hier die Chancen gut stehen, auch braune Zwerge zu finden, die ihren Stern vergleichsweise nahe umkreisen. Sind Stern und brauner Zwerg zu weit entfernt, dann kann man sie im Teleskop nicht mehr auflösen.
Die Astronomen der Uni Jena haben im Jahr 2009 so einen braunen Zwerg gefunden. Er umkreist den Stern PZ Tel, der nur von der Südhalbkugel der Erde aus zu sehen ist und sich passenderweise im Sternbild “Teleskop” befindet. Er ist noch sehr jung, nur knapp 12 Millionen Jahre alt und uns mit einer Entfernung von 168 Lichtjahren vergleichsweise nahe. Der braune Zwerg der den Stern umkreist ist ungefähr 30 Mal schwerer als Jupiter und war 2009 nur 17 Astronomische Einheiten (AE) von seinem Stern entfernt. Das entspricht dem 17fachen Abstand zwischen Erde und Sonne und ist ein bisschen kleiner als die Entfernung zwischen Sonne und Uranus. So sieht das aus:
Das Helle in der Mitte ist der Stern, der kleine helle Punkt links ist der braune Zwerg. Wenn man nur ein Bild hat, dann besteht natürlich immer die Chance, dass man gar keinen Begleiter entdeckt hat, sondern zum Beispiel nur einen anderen Stern, der sich viel weiter entfernt im Hintergrund befindet und mit dem anderen Stern gar nichts zu tun hat. Darum muss man das System weiter beobachten und nachsehen, ob sich was bewegt. Die Sterne selbst bewegen sich ja durch die Milchstraße und der braune Zwerg bewegt sich um den Stern. Ist es kein brauner Zwerg sondern ein Hintergrundstern, dann sollte der sich viel langsamer bewegen als der nähere Vordergrundstern. Also haben die Astronomen aus Jena weiter beobachtet und festgestellt, dass es sich tatsächlich um einen braunen Zwerg handelt:
Hier sieht man, wie sich die Position des braunen Zwergs im Laufe der Zeit verändert hat (das sind die schwarzen Punkte). Wäre es ein Hintergrundstern gewesen, an dem sich PZ Tel vorbei bewegt hätte, dann hätte man erwartet, dass die Punkte auf einer der gelben Linien liegen. Die Daten zeigen aber klar, dass es sich um einen echten Begleiter des Sterns handelt. Ein Begleiter, der sich um den Stern herum bewegt. In echten Bildern schaut das natürlich viel schöner aus:
Hier sieht man, wie sich der braune Zwerg zwischen 2007 (man hat in den Archiven noch ein weiteres Bild von ihm gefunden, dass das damals niemanden aufgefallen ist) und 2011 bewegt. Es sieht so aus, als würde sich der braune Zwerg direkt vom Stern entfernen, anstatt ihn zu umkreisen. Aber das liegt nur daran, dass er eine sehr langgestreckte Bahn hat! Anstatt ungefähr immer gleich weit vom Stern entfernt zu sein (so wie das bei den Planeten in unserem Sonnensystem der Fall ist). Da man den Planeten erst seit ein paar Jahren beobachtet, hat man noch nicht genug Daten, um die Bahn exakt zu bestimmen. Aber es ist klar, dass sie sehr langgestreckt sein muss. An seinem sternnächsten Punkt der Bahn ist der braune Zwerg nur 10 AE vom Stern entfernt (also so weit, wie Saturn von der Sonne entfernt ist). An seinem sternfernsten Punkt dagegen ist er ungefähr 40 AE weit weg – ungefähr so weit, wie der Zwergplanet Pluto von der Sonne entfernt ist! So sieht das ungefähr aus:
Der braune Zwerg hat seinen sternnächsten Punkt gerade erst vor ein paar Jahren durchquert. Die nächsten Jahrzehnte wird er sich von ihm entfernen, bevor er dann wieder zurück kommt und nach etwa 114 Jahren einen kompletten Umlauf beendet hat. Für die Astronomen ist das eine praktische Konstellation. Je weiter der braune Zwerg vom Stern entfernt ist, desto leichter lässt er sich beobachten. Und beobachten sollte man ihn! PZ Tel dürfte ein sehr interessantes System sein. Man hat weiter außen um den Stern Anzeichen für eine Scheibe aus Staub entdeckt (warum so etwas interessant ist, habe ich hier erklärt). Die reicht bis fast an die Bahn des braunen Zwergs heran und es wäre sicherlich interessant herauszufinden, wie die regelmäßigen Vorbeigänge des braunen Zwergs die Staubscheibe durcheinander bringen… Vielleicht gibt es dort draußen in der Scheibe ja sogar noch weitere Planeten?
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