Wenn man es zu Hause nicht mehr aushält, muss man woanders hin fahren. Zum Glück kann ich meine Arbeit überall erledigen, also habe ich mich heute spontan dazu entschlossen, einen paar Tage mit dem Rad durch die Gegend zu fahren. Und über das, was ich unterwegs so alles erlebe, erzähle ich euch hier im Blog.
Ich verlasse Jena – allerdings nicht auf der Autobahn, sondern mit dem Fahrrad.
Den ganzen Saaleradweg bis zur Elbe werde ich allerdings diesmal nicht entlang fahren…
Ich mach erstmal Frühstückspause und zwar in Kahla. Eigentlich eine nette kleine Stadt. Aber der Hauptplatz ist mir mit den vielen hohen Häusern drum herum irgendwie ein wenig zu eingeengt und zu düster. Naja, vielleicht liegts auch am Wetter.
Abseits des Stadtzentrum ist Kahla auch ein wenig heruntergekommen…
Ich radle weiter, die Saale entlang und durch diverse kleine Dörfer. Die nächste größere Stadt ist Rudolstadt. Da gibts auch einiges zu sehen; ich bin aber trotzdem daran vorbei gefahren. Beim nächsten Mal vielleicht…
Ich hab nur die äußeren Bereiche von Rudolstadt durchquert. Aber dort gibts immerhin einiges an interessanter Industrie, die man ganz aus der Nähe betrachten kann.
Die nächste Stadt entlang der Route war Saalfeld. Und dort habe ich mich entschieden, die Fahrt für heute zu beenden. Denn in Saalfeld gibt es etwas, das ich mir unbedingt ansehen wollte und das wollte ich in Ruhe erledigen. Nein, ich meine nicht das Saalfelder Bierfest, das dort gestern begonnen hat.
Ich meine die Saalfelder Feengrotten. Dabei handelt es sich um ein Schaubergwerk. Schon seit dem Mittelalter hat man dort Alaunschiefer abgebaut. Das Alaun benutzte man zum Gerben von Tierhäuten; später baute man dort auch Vitriol ab, das zur Produktion von Farben und Tinten verwendet wurde. Im 18. Jahrhundert wurde das Bergwerk unter dem Namen “Jeremias Glück” bekannt und gehörte der Leipziger Kaufmannsfamilie Frege (von der übrigens Campino, der Sänger der Toten Hosen, ein direkter Nachkomme ist). Im 19. Jahrhundert war die chemische Industrie dann in der Lage, die in Saalfeld abgebauten Stoffe schneller und einfacher herzustellen als sie die Bergleute aus dem Gestein holen konnten. Das Bergwerk wurde stillgelegt. Aber nicht für lange. Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckte man, dass die aufgegebenen Stollen äußerst schöne Grotten und Tropfsteine enthielten. Man entschied sich, das Bergwerk wieder zu öffnen, diesmal als Touristenattraktion. Seit dem 31. Mai 1914 kann man die “Saalfelder Feengrotte” wieder besuchen. Und das habe ich heute getan!
In “Schutzkleidung” ging es unter Tage.
Die Stollen waren natürlich gut beleuchtet und gut ausgebaut. Meistens war es ein gemütlicher Spaziergang und absolut nicht zu vergleichen mit dem, was die Bergleute damals ertragen mussten. An manchen Engstellen kann man aber schon ein wenig spüren, wie es früher gewesen sein muss. Es gibt einen 200 Meter langen “krummen Gang”, der kaum breiter ist als ein normaler Mensch und an manchen Stellen nur 1,70 hoch. Während man sich langsam durch diesen Weg tastet, dann kann man mit viel Fantasie nachempfinden, wie es gewesen sein muss, dort zu arbeiten.
Natürlich gab es damals kein elektrisches Licht, sondern nur schwach leuchtende Kienspäne. Und man spazierte auch nicht ausgeruht und satt vom vorhergegangenen Besuch in der “Grottenschenke” durch die Gänge. Sondern schuftete dort den ganzen Tag lang… Und hatte wahrscheinlich weder Zeit, noch Muße, die Schönheit der Grotten zu genießen…
Tropfsteine finde ich immer enorm faszinierend. Man steht in der Höhle, von der Decke tropft es regelmäßig und langsam. Sehr langsam. Und trotzdem entsteht aus diesem langsamen und unscheinbaren Prozess ein neuer Stein. Jeder winzige Wassertropfen enthält eine noch winzigere Menge an Kalk und Mineralien und lagert diese – wenn die Bedingungen stimmen – am Gestein ab. Tropfen für Tropfen wächst der Stalaktit (das sind die von oben nach unten, die von unten nach oben heißen Stalagmiten und wenn sich beide in der Mitte treffen ist es ein Stalagnat). Die Betrachtung eines Tropfsteins eignet sich wunderbar für den Versuch, die langen geologischen Zeitskalen irgendwie gedanklich zu erfassen. Der Anblick der langen Stalaktiten, die von der Decke hängen, das stetige “Pling” der Wassertropfen und die Anstrengung, beides irgendwie gedanklich zu vereinen: Es klappt irgendwie trotzdem nicht. Die Steine befinden sich auf einer ganz anderen Zeitskala als wir Menschen. Vielleicht sind sie deswegen so faszinierend…
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