Man liest oft, dass Wissenschaftler dieses oder jenes “bewiesen” hätten. Oder das Wissenschaftler doch gefälligst erstmal dieses oder jenes “beweisen” sollen, bevor sie eine Aussage machen. Dabei wird oft übersehen, dass Wissenschaftler nichts beweisen können. Zumindest dann nicht, wenn sie keine Mathematiker sind.
In der Naturwissenschaft gibt es keine Beweise. Es gibt nur das ständige Wechselspiel zwischen Theorie und Beobachtung, zwischen Hypothese und Überprüfung, zwischen Vorhersage und Falsifikation. Man beobachtet irgend ein Phänomen und probiert eine Erklärung dafür zu finden. Diese Erklärung kann richtig sein oder falsch. Eine gute Erklärung ist eine, die nicht nur das Phänomen selbst erklärt, sondern auch noch andere Dinge erklären kann. Denn dann kann man sie überprüfen. Wenn die Erklärung für das Phänomen X vorhersagt, dass auch das Phänomen Y auftreten muss, dann kann man probieren, es zu beobachten. Tut man das, dann hat die Erklärung an Wert und Plausibilität gewonnen. Noch besser wäre es, wenn die Erklärung nicht nur Phänomen Y vorhersagt, sondern auch noch fordert, das Phänomen Z nicht auftreten darf. Denn dann kann probieren, Phänomen Z zu beobachten und falls man es findet, weiß man, dass die Erklärung definitiv falsch ist. Der mysteriöse Planet X, den viele Weltuntergangsfanatiker so toll finden, ist ein gutes Beispiel. Wenn wir erklären wollen, wie so ein Planet im Dezember 2012 die Erde zerstören will, dann fordert diese Erklärung zwingend, dass der Planet jetzt schon am Himmel zu sehen ist. Das ist eine Forderung die man gut überprüfen kann. Die Überprüfung zeigt: Kein Planet vorhanden und daraus folgt direkt, dass dieser Planet X nicht existieren kann.
Andererseits kann man in der Naturwissenschaft eine Erklärung nie mit letzter Konsequenz “beweisen”. Newtons Erklärung der Schwerkraft war gut und hat funktioniert. Aber Einsteins Erklärung war besser und hat besser funktioniert. Und es wird mit Sicherheit eine zukünftige Erklärung kommen, die noch besser ist und noch besser funktioniert. Weder Newton noch Einstein haben “bewiesen”, dass die Schwerkraft sich auf eine bestimmte Weise verhält. Sie haben Erklärungen gefunden, die funktionieren, Vorhersagen machten, die bestätigt wurden und keine Vorhersagen machten, die falsifiziert wurden. Zumindest am Anfang. Bei Newtons Erklärung stellte sich im Laufe der Jahrhunderte heraus, dass manche Vorhersagen nicht bestätigt wurden – weswegen man dann ja eine bessere gefunden hat. Einsteins Theorie hat bis jetzt noch jede Prüfung bestanden. Aber es kann gut sein, dass auch sie irgendwann eine Vorhersage macht, die sich nicht bestätigt. Einen endgültigen Beweis gibt es in der Naturwissenschaft nicht. Daraus folgt übrigens nicht, dass alles möglich ist, jede wissenschaftliche Theorie nur reine Fantasie und alles jederzeit anders sein kann. Auch ohne Beweis gibt es Sicherheit in der Naturwissenschaft. Das Beispiel mit Planet X hat es ja gezeigt: Wenn eine Erklärung eine falsifizierbare und falsifizierte Aussage macht, dann IST sie ganz definitiv falsch.
Die Mathematiker und Logiker haben es da besser. Sie können ihre Aussagen tatsächlich beweisen. Denn in der Mathematik geht es “nur” um die formale Anwendung logischer Regel. Man geht von einigen wenigen ursprünglichen Behauptungen, den Axiomen aus, und kombiniert diese Aussagen streng nach den vorgegebenen Regeln der Logik. Alles was auf diese Weise aus den Axiomen folgt, muss ebenso wahr sein wie sie selbst. Auch der berühmte Gödelsche Unvollständigkeitssatz ändert daran nichts. Der besagt, dass es immer Aussagen gibt, die man nicht beweisen kann. Aber wenn man mal etwas bewiesen hat, dann bleibt das auch bewiesen!
Warum ich auf dieses Thema komme? Weil ich gerade dieses nette Video gesehen habe:
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