Im Jahr 1604 tauchte plötzlich ein neuer Stern am Himmel auf. Im Sternbild Schlangenträger war ein Stern zu sehen, der heller als alle anderen war. Der prominenteste Beobachter dieses neuen Sterns war Johannes Kepler. Heute wissen wir, dass er damals nicht die Geburt eines neuen Sterns beobachtet hatte, sondern den Tod eines alten. Obwohl, genaugenommen handelte es sich um einen toten Stern, der kurzfristig wieder aufleuchtete. Quasi ein Zombiestern…
Keplers Supernova war auf jeden Fall ein höchst interessantes Himmelsobjekt. Es war die letzte Supernova, die innerhalb unserer Milchstraße stattgefunden hat. Wir haben seitdem zwar immer wieder Supernovaexplosionen beobachtet. Sie fanden aber immer in anderen Galaxien statt. Und auch heute, über 400 Jahre später, liefert Keplers Supernova immer noch neue Informationen.
Die Supernova des Jahres 1604 war eine sogenannte “Typ Ia”-Supernova. Sie entsteht aus einem weißen Zwerg. Das ist das, was von kleinen Sternen übrig bleibt, wenn sie irgendwann keinen Brennstoff übrig haben. Dann kommt die Kernfusion zum Erliegen und der Stern fällt unter seinem eigenen Gewicht zusammen. Dadurch wird es in seinem Inneren heißer und kurzfristig kann eine neue Art der Kernfusion ablaufen. Statt Wasserstoffatome werden dann Heliumatome fusioniert. Der Kollaps des Sterns wird für ein paar Millionen Jahre aufgehalten, bevor dann auch das Helium alle ist. Der Stern kollabiert wieder, wird noch heißer und nun können für kurze Zeit wieder andere Atome fusioniert werden. In diesen letzten Phasen seines Lebens brennt der Stern heißer als früher und dehnt sich dabei aus. Er wird zu einem roten Riesen und dehnt sich nicht nur aus, sondern schleudert die äußeren Schichten seiner Atmosphäre regelrecht davon. Am Ende bleibt vom roten Riesen nur der extrem dichte Kern übrig. Er ist ungefähr so groß wie die Erde und Kernfusion findet dort nicht mehr statt. Dieser weiße Zwerg kühlt nur noch langsam ab.
Auch unsere Sonne wird einmal zu einem weißen Zwerg werden. Es gibt aber auch Sterne in Doppelsternsystemen, die das gleiche Schicksal erleiden. Dann können sich in einem System zum Beispiel ein weißer Zwerg und ein normaler Stern befinden. Und wenn sie ausreichend nahe beieinander sind, dann kann Material vom Stern auf den Zwerg fallen – zum Beispiel durch starke Sternenwinde. Je mehr Gas der weiße Zwerg einsammelt, desto schwerer wird er. Und je schwerer er wird, desto dichter und heißer wird er. Irgendwann sind dann wieder die Bedingungen erreicht, die es dem Zwerg erlauben, wieder Atomkerne zu fusionieren. Die plötzlich einsetzende Fusion lässt den Zwerg explodieren und am Himmel leuchtet für einige Zeit ein “neuer” Stern auf.
Wenn wir heute ins Sternbild des Schlangenträgers schauen, dann sehen wir das hier:
Ja, da sieht man nicht wirklich etwas. Die Supernova ist ja auch schon seit 400 Jahren verschwunden, der helle “neue” Stern im Schlangentränger ist schon lange nicht mehr zu sehen. Aber die Astronomen haben viele Augen und wenn wir den gleichen Bereich des Himmels mit unseren Röntgenaugen betrachten, sieht die Sache ganz anders aus:
Der Bildausschnitt ist genau der gleiche wie zuvor – nur diesmal hat das Röntgenteleskop Chandra die Beobachtung angestellt. Die Farben geben die Energie der beobachteten Röntgenstrahlung wieder (rot und gelb sind niedrige Energien, grün liegt in der Mitte und blau und lila sind hohe Energien). Was man hier sieht, ist der letzte Rest vom Stern, der bei der Explosion ins All geschleudert wurde. Die extrem beschleunigten Teilchen des Gases geben Röntgenstrahlung ab. Normalerweise sind solche Supernova-Explosionen sehr symmetrisch. Hier sieht man aber deutliche Asymmetrien, besonders in der rechten oberen Ecke des Bildes. Wo diese Beule genau her kommt, weiß man noch nicht. Vielleicht hat es etwas damit zu tun, wie sich der Stern vor der Explosion durch das interstellare Gas der Umgebung bewegt hat. Oder vielleicht hat das interstellare Gas nach der Explosion die Ausbreitung der Sternenreste behindert.
Jedes Modell zur Erklärung der Beule liefert eine unterschiedliche Entfernung für die Supernova. Einmal sind es 23000 Lichtjahre, einmal zwischen 16000 und 20000 Lichtjahre. Bis jetzt ging man meist von einer Entfernung von 13000 Lichtjahren aus. Die neuen Chandra-Beobachtungsdaten zeigen auch, dass die Kepler-Supernova stärker gewesen sein muss, als eine typische Typ-Ia-Supernova. Das hat man aus den spektroskopischen Daten gelernt, die zeigen, welche Elemente in den Trümmern des Sterns vorhanden sind und wie stark sie ionisiert sind (Je mehr Elektronen ein Atom aus seiner Hülle verloren hat, desto stärker ist es ionisiert – und desto mehr Energie muss dafür nötig gewesen sein). Man kann aus den Daten auch darauf schließen, dass der Stern vor der Explosion noch recht starke Sternenwinde erzeugt haben muss. Die haben eine kleine Lücke in das umgebende interstellare Material geblasen und das hat die Ausbreitung der Überreste nach der Explosion beeinflusst.
Keplers Supernova ist bei weitem nicht die einzige Supernova die wir kennen! Aber sie liegt quasi vor unserer Haustür und die Wissenschaftler werden sie noch lange beobachten. Ich bin sicher, das man hier auch in Zukunft noch einige neue Informationen über den Tod von Sternen entdecken wird…
Kommentare (28)