Das passiert aber leider nur bedingt. Astronomie als verpflichtendes Schulfach – eine Stunde in der 10 Klasse – gibt es nur in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Das sind auch die einzigen drei Ländern, in denen Unis (Jena, Halle, Rostock) existieren, an denen Astronomie-Lehrer ausgebildet werden. In Bayern, Baden-Württhemberg, Sachsen und Brandenburg gibt Astronomie als Freifach oder Wahlpflichtfach. Im Rest von Deutschland existiert kein organisierter Astronomieunterricht, nur vereinzelt existieren Initiativen engagierter Lehrer oder anderer Institutionen.
Klar, es ist schwer, ein neues Unterrichtsfach einzuführen. Es gibt jetzt schon so viel Stoff, der unterrichtet werden muss. Wo soll da die Astronomie noch Platz finden. In der Grundschule ist es noch einfach. Da ist man bei der Themenwahl recht flexibel und Astronomie kann leicht eingebaut werden. Aber in den weiterführenden Schulen wäre es wünschenswert, Astronomie organisiert und als eigenes Fach zu lehren. In der Physik gibt es jetzt schon so viel Stoff, da macht es wenig Sinn, auch die Astronomie noch reinzuquetschen. Außerdem ist Astronomie mehr als nur Astrophysik. Die ganzen kulturellen Aspekte würden hier weg fallen. Es ist auch kaum praktikabel, die Astronomie auf die verschiedenen anderen Fächer – Biologie, Philosophie, Geschichte, etc – aufzuteilen. Dann müssten all diese Lehrer entsprechend ausgebildet werden und das scheint kaum durchführbar. Wo also soll die Unterrichtszeit her kommen?
Müller meint, dass man zwei Möglichkeiten hätte. Entweder man kürzt bei anderen Fächern. Da das vermutlich politisch schwer umzusetzen ist, könnte man auch probieren, die anderen Fächer effizienter zu gestalten. Gerade weil die Astronomie ein sehr interdisziplinäres Fach ist, könnten einige Inhalte – zum Beispiel aus der Physik – im Astronomieunterricht gebracht werden. So oder so, es ist eine schwierige Sache. Aber wenn es in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern funktioniert: Warum soll es anderswo nicht auch klappen?
Lohnen würde es sich – denn es gibt so viele interessante Sachen, die man im Astronomieunterricht erklären könnte. Olaf Kretzer von der Sternwarte Suhl hat sein Projekt “Radioastronomie in die Schulen” vorgestellt. Hier wird in den Schulen nicht nur mit normalen Teleskopen beobachtet, sondern auch mit Radioteleskopen. Das hat zwei große Vorteile: Einmal kann man Radioastronomie auch bei schlechtem Wetter machen. Und dann lernen die Schüler, dass Astronomie viel mehr ist, als das, was wir mit den Augen sehen können.
Cecilia Scorza vom Haus der Astronomie in Heidelberg stellte den “Milchstraßenkoffer” vor. Dabei handelt es sich um ein vorbereitetes Set an Lehrmaterialien, dass es den Lehrern leichter machen soll, astronomische Inhalte im Unterricht einzubauen. Ähnliche Sets – zum Beispiel über Infrarotastronomie – wurden am Haus der Astronomie schon erfolgreich entwickelt und noch erfolgreicher an den Schulen eingesetzt. Und gerade die Milchstraße ist ein gutes Thema für den Unterricht. Wenn es um die Abgrenzung zwischen Begriffen wie “Sonnensystem”, “Galaxie” oder “Universum” geht, dann existieren oft erschreckend große Wissenslücken…
Besonders gefallen hat mir der Vortrag von Matthias Hünsch. Er hat die Astronomie Werkstatt der Hamburger Sternwarte vorgestellt. Diese von der Stadt Hamburg geförderte Einrichtung bietet Schulklassen die Möglichkeit, an der Sternwarte verschiedenste Projekte durchzuführen. Die Schüler können dort Vorträge hören, an Teleskopen beobachten, selbst die unterschiedlichsten Aufgaben – passend für jede Altersstufe – bearbeiten und ganz allgemein Astronomie aus erster Hand erleben. Die Werkstatt kommt wunderbar an; während der Schulzeit besuchen im Schnitt zwei bis drei Gruppen pro Woche die Sternwarte. Und es besteht der Wunsch nach mehr! Das Problem ist nicht das mangelnde Interesse der Schulen, sondern die limitierte Personalkapazität. Die Projekte werden von den Mitarbeitern der Sternwarte auf Honorarbasis durchgeführt und die haben nicht unbegrenzt Zeit. Und wie üblich will das Land möglichst wenig Geld ausgeben. Das ist auch etwas, was mir unverständlich ist. Einerseits wird immer erzählt, man will die naturwissenschaftliche Bildung fördern; will mehr Schüler dazu bringen, eine mathematisch-naturwissenschaftliche Ausbildung zu beginnen. Und dann hat man ein Projekt, das genau das leistet und großen Zuspruch findet – und stellt dann nicht genug Geld zur Verfügung…
Kommentare (61)