In den letzten Wochen habe ich wieder verstärkt Anfragen zum Maya-Kalender bekommen. Was passiert da am 21.12.2012? Warum endet der Kalender? Was haben die Maya in ihrem Kalender für diesen Tag vorhergesehen? Warum wissen die Wissenschaftler nicht genau, was passieren wird? Und so weiter. Ich hab das zwar hier und da in meinen verschiedenen Artikeln alles schon angesprochen. Aber ich denke, es lohnt sich, die Sache mit dem Kalender nochmal ganz explizit und ausführlich zu erklären. So ein Kalender ist nämlich weder mysteriös, noch hat er irgendwas mit dem Weltuntergang zu tun…
Ein Kalender ist ein Instrument, um den Überblick über die Zeit zu behalten. Das war für die Menschen immer schon wichtig. Wenn man zum Beispiel Getreide anbauen will, dann muss es zum richtigen Zeitpunkt ausgesät werden. Das kann man nicht einfach dann machen, wenn man gerade Lust dazu hat. Man muss sich sicher sein können, dass es die richtige Zeit im Jahr ist und das die nun folgenden Jahreszeiten die richtigen Bedingungen für das Wachstum der Pflanzen bieten. Gleiches gilt für den richtigen Zeitpunkt der Ernte. Aber auch wenn man religiöse Feste feiert, dann will man das zum richtigen Zeitpunkt tun.
Genau für diese Zwecke hat man Kalender entwickelt. Es ist also nicht verwunderlich, wenn es viele verschiedene Kalendersysteme gibt. Ohne ein System um die Zeit im Blick zu behalten, kommt eine Zivilisation nicht weit und darum hat so gut wie jedes Volk seinen eigenen Kalender entwickelt; darunter eben auch die Maya.
Aber bevor ich jetzt mehr zum Maya-Kalender sage, muss ich noch einen ganz wichtigen Punkt erwähne: Ein Kalender endet nicht!. Das folgt logisch aus dem, was ein Kalender ist. Nämlich nichts anderes, als eine Methode, um Tage zu zählen. Und die Zahlen hören nunmal nicht auf. Einen Kalender zu bauen ist ganz einfach. Man setzt irgendwo einen Nullpunkt. Meistens nimmt man dafür irgendein “besonderes” Datum von mystischer Bedeutung. Es geht aber jeder beliebige Tag. Und von diesem Nullpunkt zählen wir jeden Tag um eins weiter. Wenn der Tag Null heute ist, dann ist morgen der Tag 1. Übermorgen der Tag 2, dann kommt Tag 3 und so weiter. So einen Kalender gibt es tatsächlich. Man nennt das “Julianisches Datum” und es wird von Astronomen zum Rechnen benutzt. Der 8. Oktober 2012 trägt zum Beispiel das julianische Datum 2456209. Das heisst, vom Nullpunkt dieses speziellen Kalenders hat man bis zum 8. Oktober 2012 2456209 Tage gezählt. Hier ist es völlig offensichtlich, dass so ein Kalender nicht enden kann. Man zählt jeden Tag eins weiter. Bis in alle Ewigkeit.
Aber das gilt auch für andere Kalender. Nehmen wir den Kalender, den wir in unserem Alltag benutzen (er heißt übrigens gregorianischer Kalender). Heute ist der 8.10.2012. Morgen ist ein Tag vergangen und wir zählen eins weiter und kommen zum 9.10. Es folgt der 10., der 11., und so weiter. Wir zählen einfach immer weiter. Da es sich aber als praktisch erwiesen hat, nicht einfach nur Tage zu zählen, sondern die Tage in bestimmte Perioden einzuteilen, zählen wir in unserem Kalender auf eine ganz bestimmte Art und Weise. Wenn wir beim 31. Oktober angekommen sind, zählen wir nicht mehr weiter. Es gibt keinen 32. Oktober. Stattdessen setzen wir den Tageszähler auf 1 zurück und zählen beim Monatszähler um eins weiter. Auf den Oktober, den Monat Nummer 10, folgt der November, der Monat Nummer 11. Dem 31.10. folgt also der 1.11. Und wenn wir schließlich beim 31.12. angelangt sind, setzen wir auch den Monatszähler auf 1 zurück und zählen bei den Jahren eins weiter. Auf den 31.12.2012 folgt der 1.1.2013.
Ihr wisst alle, wie unser Kalender funktioniert! Aber ich wollte es trotzdem nochmal genau erklären um klar zu machen, dass auch unser Kalender nichts anderes ist, als ein Weg, um Tage zu zählen. Und ihr werdet mir sicher zustimmen, dass unser Kalender kein Ende hat. Wie denn auch? Man kann immer weiterzählen, die Zahlen hören nicht auf! Und beim Maya-Kalender, der so vielen Menschen Angst einjagt, ist es ganz genauso.
Die Maya hatten so wie alle anderen Völker das Bedürfnis, die Zeit zu messen. Deswegen hatten sie natürlich auch einen Kalender. Der spezielle Kalender, um den es bei all den 2012-Geschichten geht, funktioniert ganz genau so wie unser Kalender. Wir benutzen drei Zahlen, um ein Datum zu schreiben: Tag, Monat und Jahr. Das Datum für heute lautet: 08.10.2012.
Die Maya benutzen in ihrem Kalender fünf Zahlen. In ihrem Kalender lautet das Datum für heute: 12.19.19.14.6.
Das sieht erstmal anders aus, läuft aber ganz genau so wie bei uns auch. Morgen ist ein Tag vergangen und man zählt weiter. Das Datum lautet: 12.19.19.14.7. Übermorgen kommt 12.19.19.14.8. Und so weiter. Ist man bei 12.19.19.14.19 angekommen, dann wird der Zähler zurück auf null gesetzt und der nächste erhöht. Im Maya-Kalender würde dann also das Datum 12.19.19.15.0 folgen. Dann kommt 12.19.19.15.1, als nächstes 12.19.19.15.2, etc.
So wie wir unseren Kalender in Tage, Monate und Jahre unterteilen, unterteilen die Maya ihren Kalender in kin, winal, tun, katun und baktun. Ein kin entspricht einem Tag. Ein winal ist ein Zeitraum von 20 Tagen, so wie bei uns ein Monat einem Zeitraum von 30 oder 31 (oder im Februar auch 28 oder 29) Tagen entspricht. 18 winal sind ein tun. 20 tun sind ein katun und 20 katun sind ein baktun. Das ist aber nicht wirklich wichtig. Wichtig ist, dass man auch beim Maya-Kalender immer weiter zählen kann!
Der 21. Dezember 2012 würde im Maya-Kalender mit dem Datum 12.19.19.17.19 geschrieben. Der nächste Tag, der 22. Dezember 2012 trägt dann das Datum 13.0.0.0.0. Es folgt der 13.0.0.0.1., danach der 13.0.0.0.2., und so weiter. Der Kalender endet also ganz definitiv nicht! Er kann es nicht, weil Kalender nicht enden können. Alles was am 21. Dezember 2012 passiert, ist der Wechsel von baktun 12 zu baktun 13. Das ist ungefähr so wie der Wechsel von 31.12.1999 auf den 01.01.2000 in unserem Kalender. Eine große Periode endet, eine andere beginnt.
Daran ist absolut nichts mysteriös! Es ist nur ein Kalender! Es wird überall im Internet erzählt, der Maya-Kalender würde alle möglichen Katastrophen für 2012 vorhersagen. Das ist Unsinn. Ein Kalender zählt Tage. Ein Kalender prophezeit nichts! Er sagt nichts vorher. Auch der Maya-Kalender zählt die Tage und prophezeit nichts. Das Buch, dass immer als Beleg für solche Aussagen hinhalten muss, ist der Dresdner Codex, eine 800 Jahre alte Handschrift der Maya. Der Dresdner Codex ist aber nicht “der Maya-Kalender”. Es handelt sich eher um eine Art Handbuch für die Priester, die sich bei den Maya um den ganzen Kalenderkram gekümmert haben. Da drin stehen astronomische Daten und Zahlentabellen, die beim Rechnen helfen sollen. Dazu jede Menge religiöse Texte. Und natürlich auch Kalenderdaten. Der Dresdner Codex lässt sich vielleicht am ehesten mit einem dieser Mondkalenderbücher vergleichen, die heutzutage überall in den Buchhandlungen rumliegen (und großer Unsinn sind). In diesen Bücher findet man auch Kalenderdaten, zusammen mit jeder Menge esoterischem Geschwafel und diversen Anweisungen was an diesem oder jenen Tagen zu tun oder zu lassen sei.
Im Dresdner Codex wird aber KEIN Weltuntergang für den 21.12.2012 vorhergesagt. Es gibt eine Beschreibung eines Weltuntergangs. Aber das ist 1) für Bücher mit religiösem Inhalt normal – Weltuntergangsgeschichten findet man in jeder Mythologie. 2) hat die Weltuntergangsgeschichte der Maya nichts mit 2012 zu tun sondern bezieht sich vermutlich auf eine frühere “Welt”, die untergegangen ist. Und damit sind wir bei 3) angelangt, dem wichtigsten Punkt: Prophezeiungen funktionieren nicht! Es ist vollkommen egal, ob und was die Maya aufgeschrieben haben. Selbst wenn da im Dresdner Codex dick und fett verkündet würde “OMG!! 2012 geht die Welt unter!!! Wir werden alle sterben!!!!” wäre das kein Grund, in Panik auszubrechen. Es geht hier um die Mythologie der Maya. Mythologie, nicht Realität! Niemand von euch wird die Mythologie der Griechen und Römer ernst nehmen und zum Beispiel tatsächlich daran glauben, dass bei einem Gewitter der Gott Zeus die Blitze schleudert. Oder dass die Sonne von einem Gott im Streitwagen über den Himmel gezogen wird. Niemand von euch wird die Mythologie der alten Germanen ernst nehmen und hat Angst davor, ein riesiger Wolf die Sonne verschlucken wird. Mythologie sind Geschichten, nicht die Realität. Und es gibt keinen Grund, warum gerade die Mythologie der Maya realer sein soll als all die anderen.
Wenn die Maya sich also vorgestellt haben, dass die Welt regelmäßig untergeht und wieder neu geschaffen wird, dann ist das Teil ihrer Religion. Aber NICHT die Realität.
Also, hier ist noch mal das wichtigste:
- Der Maya-Kalender endet nicht. Kalender können nicht enden.
- Am 21.12.2012 endet im Maya-Kalender das baktun Nummer 12 und das baktun Nummer 13 beginnt. Das ist genauso wenig mysteriös und unheilverkündend wie der Wechsel von 31.12.1999 auf den 1.1.2000 in unserem Kalender.
- Es gibt keine Vorhersage eines Weltuntergangs im Jahr 2012.
- Die Mythologie der Maya sind religiöse Geschichten, beschreiben aber nicht die Realität.
- Es gibt keine Propheten! Es gibt keine Seher! Man kann die Zukunft auf diese Art und Weise nicht vorhersehen!
Leute, lasst euch doch nicht so vereinahmen. Der Maya-Kalender ist einer von hunderten Kalendern, die im Laufe der Zeit von den Völkern dieser Erde benutzt worden sind. Der Maya-Kalender selbst ist seit Jahrhunderten nicht mehr in Gebrauch. Die Welt wird nicht untergehen. Es gibt keinen Grund, warum man vor einem Kalender Angst haben sollte! Es ist nur ein Kalender. Er zählt nur Tage. Sonst nichts.
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