Die komplette innere Struktur eines Planeten mit all seinen Elementen lässt sich natürlich nicht am Computer simulieren. Aber vereinfachte Modelle funktionieren. Bei 55 Cancri e sind Madhusudhan und seine Kollegen in ihren Modellen davon ausgegangen, dass der Planet aus drei verschiedenen “Schalen” besteht. Einem Kern aus Eisen, einer darüber liegenden Schicht aus Magnesiumsilikat (MgSiO3) oder Siliciumcarbid (SiC) und einer äußeren Schicht aus Kohlenstoff. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie man daraus einen Planeten bauen kann, der die Eigenschaften von 55 Cancri e hat. Dieses Diagramm aus der Arbeit der Forscher fasst sie zusammen:
Man liest es so: Die drei Seiten des Dreiecks geben die Anteile des jeweiligen Materials wieder. Nehmen wir an, der Planet würde zu 60 Prozent aus Eisen, zu 20 Prozent aus SiC und zu 20 Prozent aus Kohlenstoff bestehen. Dann muss er sich an einem Punkt im Diagramm befinden, von dem aus man entlang einer der Linien zum Wert “0,6” auf der Eisenseite des Dreiecks gelangt, zum Wert “0,2” auf der SiC-Seite und zum Wert “0,2” auf der Kohlenstoffseite. So einen Punkt gibt es und wenn wir nachsehen, dann sehen wir, dass er in der linke Ecke des Dreiecks im weißen Bereich liegt. Weiß bedeutet in diesem Fall aber, dass die Modelle diese Zusammensetzung nicht erlauben. Diese Zusammensetzung kommt für 55 Cancri e also nicht in Frage! Nur die roten und blauen (entspricht wieder den beiden Messungen, wobei der rote Bereich den blauen Bereich beinhaltet) Bereiche stellen erlaubte Kombinationen dar. Jeder Punkt innerhalb der farbigen Bereiche von dem aus man Punkte an den drei Seiten des Dreiecks erreichen kann, deren Werte sich “1” summieren, entspricht einer möglichen Zusammensetzung des Planeten. Er kann zum Beispiel aus 20 Prozent Eisen, 40 Prozent MgSiO3 und 40 Prozent Kohlenstoff bestehen (rechtes Dreieck, im roten Bereich). Oder aus 40 Prozent Eisen und 60 Prozent Kohlenstoff (linkes Dreieck, blauer Bereich). Und so weiter.
Allerdings sind nicht alle möglichen Kombinationen auch gleich wahrscheinlich. Es ist allerdings nach dem aktuellen Stand des Wissens über 55 Cancri e kaum möglich, herauszufinden, wie der Planet nun tatsächlich zusammengesetzt ist. Aber es ist zumindest klar, dass 55 Cancri e deutlich mehr Kohlenstoff enthalten dürfte als unsere Erde. Bei uns beträgt dieser Anteil nur 0.17 Prozent! Das ist schon eine sehr wichtige Erkenntnis. Felsige Planeten müssen nicht unbedingt alle so aufgebaut sein wie die Erde. Es kann auch Planeten geben, die sehr viel Kohlenstoff enthalten. Die Geophysik in ihrem Inneren würde dann ganz anders ablaufen. Das würde natürlich auch den Rest des Planeten beeinflussen. Vulkanismus, Plattentektonik, Rotation, etc – all das hängt von den Vorgängen im Planeteninneren ab. Das Universum hat anscheinend viele verschiedene Planetenmodelle im Angebot und der Typ “Erde” ist nur einer davon.
Was die Diamanten angeht. Im Artikel selbst wird kein Wort über einen “Diamant-Planeten” verloren. Dafür aber in der Pressemitteilung der Universität Yale. Da wird Nikku Madhusudhan mit folgenden Worten zitiert:
“Anstatt von Wasser und Granit ist die Oberfläche dieses Planeten wahrscheinlich mit Graphit und Diamanten übersät.”
Klar, auf einem Planeten, auf dem es kaum Wasser und Sauerstoff gibt wie bei uns, dafür aber viel mehr Kohlenstoff, kann man natürlich auch die mineralischen Formen des Kohlenstoffs finden, darunter auch Diamanten. Aber einen “Diamant-Planeten” macht das noch nicht; vor allem, weil man noch deutlich mehr Beobachtungsdaten brauchen wird, um die Zusammensetzung des Planeten genauer zu bestimmen. Vielleicht gibt es da draußen irgendwo tatsächlich einen Planet aus Diamant. Das wissen wir nicht. Aber wir wissen, dass das Universum voll ist mit Welten, die viel seltsamer sind als die, auf der wir leben. Und das ist doch auch ganz beeindruckend…
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