Wir wissen mittlerweile, dass extrasolare Planeten nichts besonderes sind. Nicht nur unsere Sonne hat Planeten; im Durchschnitt wird jeder Stern in unserer Galaxie von mindestens einem Planeten umkreist. Der Planet, den Xavier Dumusque von der Universität Genf und seine Kollegen nun entdeckt haben, ist aber trotzdem höchst außergewöhnlich. Denn er umkreist Alpha Centauri, den Stern, der unserer Sonne am nächsten liegt. Wir haben nun also einen extrasolaren Planeten in der unmittelbaren Nachbarschaft entdeckt!
Alpha Centauri ist wenig mehr als 4 Lichtjahre von der Sonne entfernt. Und genaugenommen kein Einzelstern. Das System besteht aus zwei Sternen, Alpha Centauri A und Alpha Centauri B, die einander umkreisen und wiederrum von einem dritten Stern – Proxima Centauri – umkreist werden. A und B sind sich relativ nahe. Wenn sie sich am nächsten kommen, sind sie ungefähr so weit voneinander entfernt wie der Saturn von der Sonne. Die größte Distanz entspricht in etwa dem Abstand Sonne-Neptun. Alpha Centauri A ist ungefähr so groß, schwer und heiß wie die Sonne; Alpha Centauri B ist ein wenig kleiner und kühler (Proxima Centauri ist ein kleiner roter Zwerg und 0.2 Lichtjahre weit von A und B entfernt) . Da die Sterne uns so nahe sind, sind sie auch sehr hell und vergleichsweise leicht zu beobachten. Als die Wissenschaftler das erste Mal ernsthaft über die Existenz extrasolarer Planeten nachgedacht haben, hat sich ihr Interesse daher schon früh auf Alpha Centauri konzentriert. Schon im 19. Jahrhundert wollte man dort Planeten finden und hat diese Bemühungen bis in die Gegenwart fortgesetzt. Immer erfolglos – bis jetzt.
Das Team europäischer Astronomen hat einen Planeten gefunden, der Alpha Centauri B umkreist (falls sich jemand fragt, wie das mit Planeten in Doppelsternsystemen so ist: Das hab ich hier genauer beschrieben) Das ist an sich schon eine beeindruckende Nachricht. Die Details sind aber ebenfalls interessant.
Um den Planeten zu entdecken haben die Astronomen die Radialgeschwindigkeitsmethode benutzt. Wenn ein Stern von einem Planeten umkreist wird, dann zieht dieser Planet mit seiner Gravitationskraft ein klein wenig am Stern und bringt ihn zum Wackeln. Dieses Wackeln kann man messen. Mit dieser Technik entdeckte man 1995 den ersten extrasolaren Planeten (Michel Mayor und Didier Queloz, die damals erfolgreichen waren, waren auch an der aktuellen Entdeckung bei Alpha Centauri beteiligt). Natürlich funktioniert das um so besser, je schwerer der Planet ist und je näher er sich am Stern befindet. Dann wackelt der Stern stärker und das kann leichter gemessen werden. Darum hat man in der Anfangszeit der Planetenentdeckungen auch hauptsächlich große, schwere Planeten nahe an ihren Sternen gefunden (die sogenannten “Hot Jupiters”).
Mittlerweile sind die Beobachtungstechniken der Astronomen aber immer besser geworden und sie können auch kleinere Planeten finden. Der Planet bei Alpha Centauri ist der bisher leichteste Planet, der mit der Radialgeschwindigkeitsmethode gefunden wurde. Die Messgenauigkeit ist wirklich beeindruckend: Der Stern wackelt mit einer Geschwindigkeit von nur 51 Zentimetern pro Sekunde hin und her (das sind langsame 1.8 km/h). Trotzdem konnte das von den Astronomen gemessen werden.
Wie schwer der Planet tatsächlich ist, lässt sich noch nicht exakt sagen. Die Radialgeschwindigkeit liefert immer nur eine untere Grenze für die Masse eines Planeten. In diesem Fall liegt sie bei 1.13 Erdmassen. Der Planet könnte aber auch schwerer sein. Um das herauszufinden, wird es weitere Beobachtungen brauchen. Aber die wird es geben! Ich gehe davon aus, dass der Planet von Alpha Centauri in den nächsten Jahren sehr ausführlich untersucht werden wird. Ein extrasolarer Planet direkt vor unserer Haustür: So eine Gelegenheit wird man sich nicht entgehen lassen.
Was man bei diesen Untersuchungen sicherlich nicht finden wird, sind Außerirdische, die den Planeten bewohnen. Dazu ist es dort viel zu heiß. Der Planet befindet sich enorm dicht an seinem Stern, sein Abstand beträgt nur 0,04 Astronomische Einheiten (zum Vergleich: Die Erde ist 1 Astronomische Einheit von der Sonne entfernt). Der Planet umrundet seinen Stern in nur wenig mehr als 3 Tagen und liegt weit außerhalb der habitablen Zone, in der theoretisch Leben möglich wäre. Aber das macht unseren Nachbarplaneten nicht weniger interessant! Aus den bisherigen Beobachtungen weiß man, das man bei kleine, leichte Planeten in der Nähe eines Sterns meistens auch noch andere Planeten findet. Alpha Centauri könnte also noch mehr Planeten haben und vielleicht befindet sich einer davon in der habitablen Zone.
Natürlich stellt man sich angesichts so einer Entdeckung sofort die Frage, ob man nicht einmal einen Satelliten oder eine Raumsonde dorthin schicken könnte. Immerhin ist es ja gleich “nebenan”. Aus astronomischer Sicht mag das stimmen. Verglichen mit den Distanzen in der Milchstraße bzw. im Universum ist Alpha Centauri tatsächlich gleich vor unserer Haustür. Aber das hilft uns leider nicht weiter, denn für uns Menschen ist der Abstand zwischen den Sternen immer noch unvorstellbar weit. 4 Lichtjahre. Das bedeutet, dass selbst das Licht mit seiner Geschwindigkeit von 300000 Kilometern pro Sekunde 4 Jahre braucht, um dorthin zu gelangen. Unsere Raumsonden erreichen aber bei weitem nicht die Lichtgeschwindigkeit. Selbst wenn wir nur die äußeren Planeten unseres Sonnensystems erreichen wollen, sind die Raumsonden schon ein paar Jahr unterwegs. Das Licht braucht für diese Reise dagegen nur ein paar Stunden oder Tage. Wir sind technisch bei weitem noch nicht in der Lage, ein Objekt zu konstruieren, dass in einer halbwegs vernünftigen Zeit einen anderen Stern erreichen kann. Oder besser gesagt: Wir wären wahrscheinlich schon dazu in der Lage. Aber es wäre ein enormer Aufwand, extrem teuer und niemand würde so etwas finanzieren – egal wie faszinierend die Ergebnisse wären.
Aber zumindest der Anfang ist gemacht. Wir wissen, dass es die extrasolaren Planeten auch gleich nebenan gibt. Und wer weiß, wozu das noch führen wird. Hoffen darf man ja …
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