Dass unser Mond bei einer großen Kollision vor 4,5 Milliarden Jahren entstanden ist, ist mittlerweile ziemlich unumstritten. Es ist die einzige plausible Möglichkeit, wie unser Planet zu so einem vergleichsweise großen Mond kommen konnte: Die junge Erde und ein anderer großer Himmelskörper sind kollidiert und aus den Trümmern entstand der Mond. Die Details dieser Kollision sind allerdings noch unklar. Wie zum Beispiel sind die beiden Himmelskörper aufeinander geprallt? Frontal oder Streifschuss? Und warum ist die Zusammensetzung des Mondes der Zusammensetzung der Erde so ähnlich? Eigentlich sollte der Mond zu einem großen Teil aus dem Material des Kollisionspartners bestehen und der kann ganz anders aufgebaut gewesen sein als die Erde. Ein neues Modell will dieses Problem lösen und stellt ein ganz neues Szenario vor.
Bis jetzt ging man davon aus, dass bei der Kollision, die den Mond entstehen lies, die noch unfertige Erde mit einem anderen Planeten zusammenstieß, der in etwa so groß wie der Mars war. Das es früher noch weitere Planeten im Sonnensystem gab, ist nicht unplausibel. Als vor 4,5 Milliarden Jahren die Planeten aus der Staub- und Gasscheibe entstanden, die die junge Sonne umgab, bildeten sich mit Sicherheit mehr Planeten als nur die acht, die wir heute kennen. Das sind nur die, die übrig geblieben sind. Der Rest verschwand bei Kollisionen oder wurde bei nahen Begegnungen mit anderen Planeten und die hier wirkenden starken Gravitationskräfte aus dem Sonnensystem geworfen (irgendwo müssen die vielen vagbundierenden Planeten ja her kommen).
Einer dieser verschwundenen Planeten war Theia. In etwa so groß wie der Mars ist er vor 4,5 Milliarden Jahren mit der noch unfertigen Erde kollidiert. Theia wurde bei der Kollision komplett zerstört und aus den Trümmern des Zusammenstoßes, die noch einige zehntausend Jahre die Erde mit einem Ring umgaben, bildete sich der Mond. Abgesehen von diversen Details war das das bisher vorherrschende Bild. In diesem Modell durfte die Kollision nicht zu heftig sein. Denn würde sich das entstehende System aus Erde und Mond zu schnell drehen; schneller, als wir es heute beobachten (selbst wenn man die seitdem stattgefundene Abbremsung durch die Gezeitenreibung berücksichtigt). Die langsamen, streifenden Kollisionen die erlaubt sind, hatten aber das Problem mit der Zusammensetzung. Bei solchen Zusammenstößen müsste der Mond hauptsächlich aus Theia-Material bestehen und es wäre seltsam, wenn Theia genau aus dem gleichen Material bestanden hätte, wie die Erde. Aber genau das zeigen die geologischen Untersuchungen: Mond und Erde haben eine extrem ähnliche Zusammensetzung. Es wäre natürlich möglich, dass Theia zum Beispiel zu einem großen Teil aus Eis bestand und aus dem äußeren Sonnensystem kam. Das Eis wäre dann verdampft und der Hauptteil der Trümmer würde von der Erde stammen.
Robin Canup vom Southwest Research Institute hat nun ein neues Modell vorgestellt. Hier kollidieren zwei etwa gleich große Himmelskörper, beide etwa 4 bis 5 Mal so schwer wie der Mars (als jeweils ungefähr halb so schwer die Erde). Diese beiden Planeten kollidierten frontal miteinander und ihr Material vermischte sich komplett. Am Ende gab es nur noch einen Planeten: Unsere Erde. Sie war von einer Scheibe aus Material umgeben, die ungefähr die dreifache Masse des Mondes hatte (Das ist aber insgesamt trotzdem nur 1/27 der Erdmasse). Aus diesem Material entstand der Mond, der Rest kollidierte im Lauf der Zeit mit der Erde und verschwand im All.
So sieht das ganze als Animation aus (die Entstehung des Mondes aus der Trümmerwolke wird im Video nicht mehr gezeigt):
Damit hätte man jetzt das Problem mit der Zusammensetzung geklärt. Mond und Erde bestehen beide aus den Trümmern der Vorgängerplaneten. Aber es bleibt das Problem mit der Rotation. Die Erde dreht sich nach der Kollision doppelt so schnell, als sie es eigentlich dürfte. Passenderweise haben Matija Ćuk und Sarah Stewart von der Universität Harvard gleichzeitig mit der Veröffentlichung von Canups Modell ebenfalls einen Artikel veröffentlicht, der eine passende Bremse für die Erde vorstellt.
Kommentare (53)