MACHOs sind mysteriös. Und damit sind keine lächerlich-übertrieben männliche Männer gemeint, sondern “Massive Astrophysical Compact Halo Objects”. Es handelt sich dabei um Himmelskörper, die dunkel sind und aus normaler Materie bestehen. Man hat sie als eine mögliche Erklärung für die Natur der dunklen Materie eingeführt. Von der weiß man zwar, dass sie überall im Universum vorhanden ist, aber man weiß noch nicht, um was es sich dabei handelt. Eine frühere Hypothese lautete, dass es sich dabei einfach um normale Himmelskörper handelt, die selbst kein Licht abstrahlen. Zum Beispiel Planeten oder braune Zwerge (ein Mittelding zwischen Planet und Stern). Heute weiß man aber, dass die MACHOs höchstens einen kleinen Teil der gesamten dunklen Materie ausmachen können. Der Rest besteht höchstwahrscheinlich aus WIMPs (Wissenschaftler tun alles für ein passendes Akronym…), also “Weakly Interacting Massive Particles”; eine bisher noch nicht entdeckte neue Form von Elementarteilchen. Aber ich möchte heute nicht über die dunkle Materie sprechen, sondern über die MACHOs. Auch wenn sie kaum etwas zur dunklen Materie beitragen, können sie dennoch eine interessante Klasse an Himmelskörper darstellen. Aber erstmal muss man sie finden…
Im dunklen All etwas zu finden, dass selbst dunkel ist, ist schwierig. Aber nicht unmöglich! Denn Himmelskörper verraten sich nicht nur durch ihr Licht, sondern auch durch ihre Gravitationskraft. Und ein dunkler MACHO ist zwar nicht zu sehen, aber zu spüren. Seine Gravitationskraft beeinflusst andere, sichtbare Himmelskörper. Und seine Masse krümmt den Raum, so wie es jede Masse tut. Wenn sich nun das Licht eines fernen Sterns auf dem Weg zu uns durch die von einem MACHO gekrümmte Raumzeit bewegt, dann wird es ein wenig abgelenkt. Wenn man genau hinsieht, kann man einen sogenannten “Mikrogravitationslinseneffekt” beobachten. Verschiedene Suchprogramme probieren genau das zu finden. Sie beobachten jede Menge Sternen und hoffen, dass irgendwann ein MACHO zwischen ihnen und einem der Sterne vorbeizieht und einen kurzen Mikrolinseneffekt auslöst. Die Chance dafür ist um so größer, je mehr Sterne man beobachtet.
Zum Glück gibt es gleich in unserer Nähe zwei sehr große Ansammlungen von Sternen: Die kleine und die große Magellansche Wolke. Das sind zwei Zwerggalaxien, die ungefähr 200000 bzw. 160000 Lichtjahre entfernt sind. Sie sind gravitativ an unsere eigene Galaxie gebunden und enthalten zwar keine hunderte Milliarden von Sternen wie die Milchstraße, aber immerhin noch knapp eine Milliarde (kleine Magellansche Wolke) bzw. 10 Milliarden (große Magellansche Wolke). Die Wissenschaftler haben die beiden Wolken beobachtet und gehofft, dass ab und zu mal einer der MACHOs, die die Milchstraße umgeben sollen, zwischen ihnen und der Wolke vorbei zieht.
Und genau das hat man auch gefunden. In den letzten Jahren haben große Suchprogramme einige dieser Mikrolinseneffekte entdeckt. Zu viele, um genau zu sein. Wenn da wirklich nur MACHOs wären, dann hätte man mit weniger Ereignissen gerechnet. Gurtina Besla von der Columbia University und ihre Kollegen haben nun probiert, das Problem zu lösen (“The Origin of the Microlensing Events Observed Towards the LMC and the Stellar Counterpart of the Magellanic Stream”). Ihre Überlegung war recht simpel: Es müssen ja nicht unbedingt MACHOs gewesen sein. Ein Mikrolensingevent kann genauso durch einen ganz normalen Stern ausgelöst werden. Alles, was Masse hat, krümmt die Raumzeit, nicht nur MACHOs. Vielleicht sind die überzähligen Ereignisse durch ganz normale Sterne ausgelöst worden, die sich irgendwo zwischen der Milchstraße und den Magellanschen Wolken befinden und zu schwach leuchten, um gesehen zu werden?
Um das zu überprüfen, haben die Astronomen sich Computersimulationen der Bewegung der Wolken angesehen. Wie entwickeln sich die beiden Wolken im Laufe der Zeit? Was passiert mit ihren Sternen? Wir wissen schon länger, dass es Verbindungen zwischen den Wolken gibt. Den Magellanschen Strom zum Beispiel; eine extrem langgestreckte Wolke aus Wasserstoff, die die beiden Wolken miteinander und der Milchstraße verbindet. Der Magellansche Strom entstand durch die Interaktion der Galaxien, die ja eigentlich gerade dabei sind, miteinander zu kollidieren. Das passiert nur sehr, sehr langsam. Die beiden Wolken bewegen sich mit circa 55 Kilometer pro Sekunde auf die Milchstraße zu und es wird noch ein wenig dauern, bis sie angekommen sind. Sie waren aber schon einmal da und haben einen Durchgang durch die Milchstraße hinter sich. Dabei wurde natürlich alles ein wenig durcheinander gewirbelt und der langgezogene Magellansche Strom entstand. Die Computersimulation zeigt aber, dass auch die beiden Wolken selbst interagieren und sich gegenseitig gravitativ beeinflussen. Insbesondere zeigen sie, dass die große Magellansche Wolke Sterne von der kleinen Magellanschen Wolke klauen kann, wenn sie einander nahe kommen. Zwischen den Wolken verläuft nicht nur Magellansche Strom aus Wasserstoff, sondern auch eine Art Brücke aus Sternen, wie die Simulation zeigt. Und genau diese Sterne sind perfekt geeignet, um die beobachteten Mikrolinsenereignisse zu erklären!
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