Ärgerlicherweise wird die Geschichte mit der Minimalmasse von den Medien gerne unterschlagen. Noch ärgerlicher ist es, wenn das schon in der Pressemitteilung der Uni selbst passiert. Als die Universität Göttingen das letzte Mal die Entdeckung einer Super-Erde verkündet hat, ist genau das geschehen und ich habe damals schon darüber gemeckert. Jetzt ist das gleiche wieder passiert und die Uni schreibt über den Planeten:
“‘Er ist etwa sieben Mal schwerer als die Erde und kreist um einen sehr wenig aktiven Stern. Es gibt keinen Grund, weshalb der Planet kein erdähnliches Klima entwickeln kann’, so Dr. Anglada-Escudé.”
Ja, wenn er wirklich nur 7 Erdmassen hat, dann könnte das vielleicht so sein. Aber man weiß nicht, wie schwer er ist. In der englischen Universität Santa Cruz schafft man es dagegen, es richtig zu formulieren:
“Of the new planets, the one of greatest interest is in the outermost orbit from the star and has a mass at least seven times the mass of the Earth.”
Das gute an der Sache ist, dass man hier vermutlich bald in der Lage ist, bessere Werte für die Massen der Planeten zu bestimmen. Denn das eigentlich faszinierende an diesem System ist nicht die Sache mit der “zweiten Erde”. Da stehen halt die Medien drauf und die PR-Abteilungen der Unis bedienen diese Fixierung auf diesen einen Aspekt der Exoplanetenforschung leider zu gerne. Dabei gäbe es noch so viele andere interessante Sachen.
Zum Beispiel: HD 40307 hat sechs Planeten! Bis jetzt kannten wir nur drei Systeme mit mehr als fünf Planeten: HD 10180, Kepler-11 und das Sonnensystem. HD 40307 ist das vierte in dieser kurzen Liste. Und je mehr Planeten man kennt, desto interessanter sind die dynamischen Simulationen, die man durchführen kann. Die können einem auch zeigen, welche Eigenschaften die Planeten haben können und welche nicht. Wenn die Masse eines Planeten zu groß ist, dann wird das ganze System instabil. Auf diese Weise kann man die Parameter weiter einschränken und genau das wird man nun bei HD 40307 versuchen.
Tuomi und seine Kollegen haben schon angefangen. Hier sind die Ergebnisse einiger Simulationen:
Links sieht man, was passiert, wenn man die Exzentrizität der Planetenbahnen ändert. Je exzentrischer eine Bahn, desto weniger kreisförmig ist sie und desto größer sind die Chancen einer Kollision mit dem Nachbarn. Die Farben stehen dabei für das Maß an Instabilität. Schwarz und grün zeigt stabile Bewegung an, orange und rot sind instabile Konfigurationen. Man sieht deutlich, dass sich bis auf den weiter außen liegenden Planeten g keiner eine hohe Exzentrizität leisten kann. Die anderen Planeten liegen einfach zu nahe beieinander und müssen annähernd kreisförmige Bahnen haben. Das rechte Bild zeigt, was passiert, wenn man die mittlere Anomalie ändert. Das ist im wesentlichen die Position, an der sich ein Planet auf seiner Bahn befindet. Auch hier ist g der einzige, bei dem es keine Rolle spielt und alle Möglichkeiten zu gleich stabilen Bahnen führen.
Die Simulationen sind natürlich nur ein Vorgeschmack. Wenn man wirklich wissen will, was in dem System abgeht, dann braucht es eine vollständige himmelsmechanische Analyse, man braucht viel mehr und vor allem viel längere Simulationen als die, die Tuomi und seine Kollegen gemacht haben. Aber wie ich meine ehemaligen Kollegen Himmelsmechaniker kenne, werden die schon längst den Computer angeworfen haben und fröhlich vor sich hin simulieren. Wir werden also bald mit ausführlichen Analysen rechnen dürfen.
Und diese Analysen werden viel spannender sein, als die x-te Meldung über eine Super-Erde die vielleicht, eventuell, möglicherweise irgendwie gute Bedingungen für Leben bieten könnte. Denn wir haben zwar schon sehr viele extrasolare Planeten entdeckt, aber noch kaum echte Planetensysteme. Man kann die Planeten aber nicht isoliert betrachten. Die Planeten in einem System beeinflussen sich gegenseitig und wenn man verstehen will, wie ein Sonnensystem funktioniert, muss man das alles berücksichtigen (auch bzw. gerade dann, wenn man wissen will, ob es irgendwo Leben kann – siehe zum Beispiel hier).
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