Wenn die Leute erfahren, dass man Astronom ist, fragen sie meistens als erstes: “Dann kannst du mir ja sicher die Sternbilder erklären!” (Ok, eigentlich sagen die meisten zuerst “Hey – dann kannst du mir ja ein Horoskop erstellen. HaHaHa!” Und man muss froh sein, wenn sie noch “HaHaHa” dazu sagen und das ganze nicht ernst meinen). Die meisten Astronomen können aber tatsächlich recht gut die Sternbilder erklären. Aber nicht, weil sie das während des Studiums gelernt haben. Aus wissenschaftlicher Sicht spielen die Sternbilder schon lange keine Rolle mehr.
Sternbilder gab es schon lange, bevor es Astronomie oder Wissenschaft gab. Es gibt Höhlenzeichnungen, die zeigen, dass die Menschen damals schon Sterne zu Bildern und Figuren gruppiert haben. Die hellen Lichter am Himmel regten die Fantasie an und jede Kultur hat sich ihre eigenen Mythen, Geschichten und Bilder ausgedacht, um ein wenig Ordnung und Sinn in die vielen Sterne am Himmel zu bringen.
Die meisten der Sternbilder die wir am Himmel der nördlichen Hemissphäre sehen können, stammen noch aus der griechisch-römischen Antike. Deswegen tummeln sich dort auch die klassischen Sagengestalten und (Halb)Götter wie Andromeda, Kepheus, Castor, Pollux und Herkules. Aber auch später verspürten die Menschen den Wunsch, die Sterne zu Bildern zu organisieren. Als im 18. und 19. Jahrhundert immer mehr Sterne der südlichen Hemisphäre katalogisiert wurden, dachte man sich auch hier Sternbilder aus. Diesmal lies man sich von der neuen Technik inspirieren und nannte sie “Teleskop”, “Schiffskompass”, “Luftpumpe” oder “Winkelmaß”. Es gab verschiedene Systeme und alle möglichen Sternbilder. Anfang des 20. Jahrhunderts hat die Internationale Astronomische Union dann Ordnung in den Himmel gebracht und 88 offizielle Sternbilder festgelegt – ich hab die ganze Geschichte hier genauer erklärt.
Einen richtigen wissenschaftlichen Wert hatten die Sternbilder aber eigentlich nie. Früher dienten sie noch zur Orientierung und Klassifizierung der Sterne und wurden zur Namensgebung benutzt. Aber mittlerweile sind sie nur noch für Wissenschaftshistoriker von Interesse – zumindest dann, wenn es nur um die wissenschaftliche Arbeit geht! Denn wenn man sich mit dem Himmel vertraut machen will, geht immer noch nichts über eine gute Kenntnis der Sternbilder!
Der Himmel ist voller Sterne. Bei guten Bedingungen und kompletter Dunkelheit kann man zwischen 2000 und 3000 sehen. Sich da zurecht zu finden, kann schon etwas verwirrend sein. Als professioneller Astronom hat man da kein Problem. Die großen Teleskope werden vom Computer aus bedient und man muss nur die richtigen Koordinaten eingeben, damit es auf die richtige Stelle am Himmel zeigt. Und die modernen Koordinatensysteme haben nichts mit den Sternbildern zu tun. Wenn man aber “privat” in der Dunkelheit steht und den Himmel betrachtet und vielleicht mit einem Fernglas oder kleinem Teleskop auf der Suche nach einem bestimmten Objekt ist, dann lohnt es sich, wenn man sich bei all den Sternen ein wenig orientieren kann. Und da sind Sternbilder immer noch die beste Wahl. Die meisten klassischen Sternbilder sind aus den hellsten Sternen am Himmel gebildet sie lassen sich leicht finden. Allerdings darf man sich nicht wundern, wenn die Sternbilder am Himmel nicht so aussehen, wie man es sich vorstellt…
Nehmen wir zum Beispiel da Sternbild Walfisch. Ein großes Sternbild, in dem man unter anderem den bekannten veränderlichen Stern Mira findet. So sieht es aus:
Hier noch einmal eine klassische Darstellung, die man so auch in vielen Büchern und Himmelskarten findet:
Alles schön und gut. Aber nach einem Wal sieht das nicht wirklich aus. So ist es auch mit den meisten anderen Sternbildern. Man braucht schon viel Fantasie, um darin das zu erkennen, was sie ihrem Namen nach eigentlich zeigen sollten. Das hat sich auch der Autor und Zeichner H.A. Rey gedacht. Er wird den meisten vielleicht als Schöpfer der “Curious George”-Kinderbücher (auf deutsch: “Coco, der neugiere Affe”) bekannt. Rey beschäftigte sich aber auch mit den Sternen und schrieb in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zwei sehr schöne Bücher. Ich möchte euch dringend sein Buch “Zwilling, Stier und Großer Bär: Sternbilder erkennen auf den ersten Blick” (im Original: “The Stars: A New Way to See Them”) ans Herz legen.
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