Es gibt einen Aspekt, der mich bei der Astronomie immer wieder beeindruckt. Der mich eigentlich bei der gesamten Naturwissenschaft immer wieder beeindruckt. Nämlich die Möglichkeit, Dinge zu “sehen”, die wir eigentlich nicht sehen können. Unsere Sinnesorgane sind ja genaugenommen ziemlich unzureichend, um die Welt in ihrer Gesamtheit wahrzunehmen. Aus dem gesamten elektromagnetischen Spektrum können wir nur den winzigen Bereich zwischen 380 und 780 Nanometern mit unseren Augen als “Licht” sehen. Unsere Ohren können nur einen kleinen Ausschnitt all der möglichen Töne und Frequenzen hören. Die Materie aus der wir bestehen erlaubt es uns nur, mit anderer Materie der gleichen Art zu interagieren und alles was sonst noch im Universum – und meist viel zahlreicher- vorhanden ist (zum Beispiel dunkle Materie), spüren wir nicht. In einem gewissen Sinn sind wir taub und blind und verpassen fast die gesamte Realität. Aber wir haben ein “Sinnesorgan”, dass all das aufwiegt. Wir haben unser Gehirn. Und mit unserem Gehirn können wir Dinge sehen, hören und spüren, die unsere echten Sinnesorgane nicht wahrnehmen können.
Die Astronomen haben besonders gut gelernt, sich neue “Augen” zu bauen. Zuerst waren es einfach nur bessere Augen. Teleskope, die fähig waren, viel mehr Licht aufzufangen als die Augen und damit auch viel mehr sehen konnten. Aber mittlerweile haben wir auch jede Menge andere Augen, die all das sehen können, was unsere Augen verpassen: Röntgenstrahlung, Mikrowellenstrahlung, Infrarotstrahlung oder Radiostrahlung zum Beispiel. Die Phrase “Die Welt mit anderen Augen sehen” bekommt hier eine völlig neue Bedeutung. Astronomen sehen die Welt tatsächlich mit anderen Augen. Und da sieht man beeindruckende Dinge.
Schauen wir zuerst einmal dieses Bild hier an:
Dieses Bild wurde mit dem Hubble-Weltraumteleskop aufgenommen. Hubble gehört zu den besseren Augen. Es sieht das gleiche Licht wie wir – nur enorm viel mehr davon, weswegen es auch so tolle Bilder machen kann. Hier hat es die Galaxie 3C 348 aufgenommen die auch unter dem Namen “Hercules A” bekannt ist, weil sie von der Erde aus im Sternbild Herkules zu sehen ist. Auf den ersten Blick ist das Bild nicht sonderlich spektakulär. (Was natürlich nicht stimmt. Immerhin sehen wir hier Licht, dass aus einer Entfernung von 2 Milliarden Lichtjahren kommt! Und auch die anderen Punkte im Bild – bis auf die hellen Vordergrundsterne die man an den Lichtzacken erkennt – sind alle ferne Galaxien! Das ist beeindruckend.)
Die Astronomen haben aber nicht nur ihre besseren Augen auf die Galaxie gerichtet. Sondern auch die anderen Augen. Zum Beispiel das Very Large Array (VLA) in New Mexico. Das ist eine Anlage die aus 27 Radioantennen mit jeweils einem Durchmesser von 25 Metern besteht. Das VLA kann Radiostrahlung sehen, die aus dem Weltall kommt und Hercules A schickt jede Menge davon ins All! Denn Hercules ist eine sogenannte aktive Galaxie. Das sind Galaxien, die ein großes, supermassereiches schwarzes Loch im Zentrum haben. Das allein reicht aber noch nicht, denn jede Galaxie hat so ein Ding im Zentrum. Eine aktive Galaxie hat ein aktives schwarzes Loch. Also ein Loch, auf das noch jede Menge Material fällt. Befindet sich in der Nähe eines schwarzen Lochs viel interstellares Gas und Staub, dann bildet es eine Akkretionsscheibe. Das Material wirbelt um das Loch und fällt spiralförmig in es hinein. Die Materie bewegt sich mit enormen Geschwindigkeiten durch das starke Magnetfeld des Lochs und erzeugt dabei viel Strahlung. Hauptsächlich Röntgen- und Radiostrahlung, weswegen unsere anderen Augen die schwarzen Löcher auch entdecken können. Es passiert aber noch mehr. Nicht das gesamte Material fällt ins schwarze Loch. Einiges davon wird davon geschleudert. Mit gewaltiger Geschwindigkeit schleudert das Zentrum von Hercules A Gas und Staub in die Umgebung – man nennt so etwas “Jets”. Dabei trifft das Material auf anderen Staub und anderes Gas und wird irgendwann abgebremst. Das erzeugt Radiostrahlung. Und die kann das VLA sehen. Mit Radioaugen sieht Hercules A völlig anders aus:
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