Heute ist ja nicht nur kein Weltuntergang, heute ist auch Freitag. Und so wie jeden Freitag gibt es auch diesmal wieder ein neue Folge des Sternengeschichten-Podcasts.
Bald ist Weihnachten – und da ist natürlich der Stern von Bethlehem der prominenteste Stern. Aber war das wirklich ein Stern? Und wenn nicht, was war es dann? Die Antwort gibts in Folge 4, die ihr wie immer direkt im Player unten auf der Seite hören; gleich hier im eingebundenen Video oder den Podcast unter
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Transkription
Sternengeschichten 4: Der Stern von Bethlehem
Bald ist Weihnachten. Und dann ist die Welt voll mit Sternen. Allerdings sind es künstliche Sterne, die entweder als Weihnachtsdeko zuhause herum liegen oder hängen oder in den Einkaufsstraßen der Städte in Form von Weihnachtsbeleuchtung das Licht der echten Sterne überstrahlen. Der bekannteste Weihnachtsstern ist natürlich der Stern von Bethlehem. Der kommt immerhin schon in der Bibel vor. Im Matthäus-Evangelium kann man lesen:
“Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem in Judäa geboren worden war, kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen. Und der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort blieb er stehen.”
Und das ist auch schon alles an Information – mehr bietet die Bibel uns leider nicht an. Es ist schwierig, nur anhand dieser drei Sätze herauszufinden, welches astronomische Phänomen hier genau beschrieben wird.
Wenn der Stern von Bethlehem auf alten Gemälden oder Weihnachtskrippen zu sehen ist, dann wird er meistens als Komet mit Schweif dargestellt. Viele haben wahrscheinlich schon das Gemälde “Die Anbetung der heiligen drei Könige” gesehen; es ist das klassische Bild der Krippe: mit Josef, Maria und Jesus, den drei Königen und den Stern am Himmel über dem Stall. Der Maler, Giotto di Bodone hatte im Jahr 1301 wahrscheinlich den Halleyschen Kometen am Himmel gesehen und sich dadurch inspirieren lassen. Und tatsächlich war der Komet auch im Jahr 12 bzw. 11. vor Christus in der Nähe der Erde und wahrscheinlich gut zu sehen. Aber das passt nicht zum eigentlichen Geburtsdatum, dass von den Forschern heute für die Geburt von Jesus angenommen wird. Jesus soll irgendwann zwischen den Jahren 7 und 4 vor Christus geboren sein (und wenn das ein wenig komisch klingt, dann liegt das daran, dass unser Kalender erst lange Zeit nach Geburt und Tod von Jesus erstellt wurde und man damals mangels ausreichender Informationen ein wenig gepfuscht und den Nullpunkt des Kalenders falsch gesetzt hatte). Kometen sind aber auch aus anderen Gründen keine gute Wahl für den Stern von Bethlehem. Früher galten sie als Unheilsboten und es erscheint seltsam, dass ein Komet auf einmal die Geburt eines Königs symbolisieren soll.
Der große Astronom Johannes Kepler war der Meinung, der Stern von Bethlehem wäre eine Supernova gewesen. So bezeichnet man die gewaltige Explosion die entsteht, wenn ein großer Stern am Ende seines Lebens keinen Brennstoff mehr hat und kollabiert. Vorausgesetzt die Supernova findet in der näheren kosmischen Umgebung statt, sieht das von der Erde dann so aus, als würde plötzlich ein neuer, sehr heller Stern am Himmel erscheinen. Kepler wusste wovon er sprach. Denn er selbst hatte im Jahr 1604 genau so eine Supernova beobachtet. Damals wusste natürlich noch keiner, was eine Supernova wirklich ist. Ein Jahr zuvor hatte Kepler beobachtet, wie sich die Planeten Jupiter und Saturn am Himmel sehr nahe kamen. In Wahrheit waren sie natürlich immer noch weit voneinander entfernt, aber von der Erde aus gesehen standen sie beide in der gleichen Richtung und waren deshalb knapp nebeneinander am Himmel zu sehen. So etwas nennt man “Konjunktion” und Kepler war der Meinung, dass diese spezielle Konjunktion irgendwie für das Auftauchen des neuen Sterns verantwortlich war. Und als er dann herausfand, dass es auch im Jahr 7 vor Christus so eine Konjunktion gab, folgerte er, dass auch damals eine Supernova am Himmel erschien: Der Stern von Bethlehem.
Das war natürlich Unsinn. Heute wissen wir, wie eine Supernova funktioniert und das sie absolut nichts mit der Konjunktion von Jupiter und Saturn zu hat. Zur Zeit von Kepler wusste man ja auch noch nicht, wie weit die Sterne wirklich entfernt waren und das auch eine Supernova früher einmal Stern war. Die Sterne sind viel zu weit weg, als das die Bewegung der Planeten des Sonnensystems irgendeinen Einfluss auf sie haben könnte. Das gilt besonders für Keplers Supernova, die in der gewaltigen Entfernung von 20000 Lichtjahren stattfand.
Natürlich könnte es trotzdem sein, dass die Bibel von einer Supernova spricht. Vielleicht hat zufällig eine stattgefunden? Aber dann hätte man von diesem Ereignis auch anderswo gelesen und nicht nur in der Bibel.
Definitiv stattgefunden hat aber die Konjunktion zwischen Jupiter und Saturn im Jahr 7 vor Christus. Der Wiener Astronom Konradin Ferrari d’Occhieppo stellte im Jahr 1964 eine Theorie auf, bei der genau dieses Ereignis die Rolle des Sterns von Bethlehem spielen soll. Die Planeten Jupiter und Saturn trafen sich damals im Sternbild der Fische und interpretiert man dieses Ereignis anhand der damals herrschenden astrologischen Vorstellungen, dann hätten die babylonischen Astronomen das tatsächlich im Sinne der Bibel verstehen können. Der Planet Jupiter symbolisierte den Herrscher und der Saturn stand unter anderem als Symbol für das jüdische Volk. Das Sternbild der Fische stand für Palästina und wenn alles drei zusammenkommt, dann hat man einen König der Juden, der in Palästina geboren wird.
Die heiligen drei Könige der Bibel wären demnach babylonische Astrologen gewesen, die diese Konjunktion beobachtet hatten, entsprechende Schlüsse zogen und dann nach Bethlehem wanderten. Natürlich kann man daraus nicht schließen, dass die Bewegung der Himmelskörper tatsächlich die Geburt von Jesus vorhergesagt haben. Die Bibel wurde erst lange nach dem Tod von Jesus geschrieben und man wird die Himmelsereignisse erst nachträglich entsprechend interpretiert haben.
Natürlich ist auch diese Theorie etwas zweifelhaft. Abgesehen davon, dass Astrologie an sich ziemlicher Unsinn ist, kannten die Menschen damals schon den Unterschied zwischen Sternen und Planeten. Und im Originaltext des Evangeliums wird eindeutig von einem Stern gesprochen und nicht von einem Planeten. Und auch wenn Jupiter und Saturn am Himmel nahe beieinander standen, dann waren sie doch immer noch eindeutig als zwei einzelne Himmelskörper zu erkennen und nicht als einzelnern Stern. Außerdem ist unklar, ob die Babylonier die Himmelskörper wirklich so interpretierten wie d’Ochieppo das dachte – oder ob ihnen die Konjunktion nicht vielleicht sogar komplett egal war. Denn man kennt Keilschrifttafeln der Babylonier die Berechnungen zu dieser Konjunktion zeigen und keinen Hinweis darauf, dass sie für die Leute von damals irgendeine tiefere Bedeutung hatte.
Es ist immer noch völlig unklar, was genau der Stern von Bethlehem gewesen ist. Aus meiner Sicht ist es am wahrscheinlichsten, dass es nie einen Stern von Bethlehem gab. Die Bibel ist keine wissenschaftliche Arbeit. Sie ist kein Tatsachenbericht und es gibt keinen Grund, warum die Beschreibung des Sterns etwas mit der Realität zu tun hatte. Die Bibel ist ein religiöses Buch, dass lange nach dem Tod von Jesu geschrieben wurde. Das Matthäus-Evangelium wurde circa im Jahr Einhundert aufgeschrieben und sein Verfasser erst nach dem Tod von Jesus geboren. Die Bibel ist voller Anspielungen und Symbolen und es ist absolut nicht unwahrscheinlich, dass Matthäus sein Werk ein wenig aufputzen wollte und einfach die Geschichte vom Stern von Bethlehem eingefügt hat, um zu zeigen, wie bedeutend Jesus gewesen war. Das war damals nicht unüblich. Im Jahr 44. vor Christus war ein großer Komet am Himmel über Italien zu sehen. Und weil der große Julius Cäsar erst kurz vorher gestorben war, behaupteten die Römer, dass der Komet Cäsars göttliche Seele sei, die man nun am Himmel sehen konnte. Im Tempel, in dem Julius Cäsar als Gott verehrt wurde (es gab wirklich so eine “julianische Religion!”), brachte man an Cäsars Statue sogar das Bild eines Kometen an.
Der Gelehrte Plinius der Ältere beschreibt die Geschichte in seinem Buch “Naturalis Historia”, dass um das Jahr 77 erschienen ist:
“Nur an einem einzigen Ort der Erde, nämlich in Rom, wird ein Komet in einem Tempel verehrt, weil ihn der Divus Augustus als sehr günstiges Zeichen für sich erklärte. Er trat nämlich zu Beginn seiner Regierung in Erscheinung während der Spiele, die er zu Ehren der Venus Genetrix kurz nach dem Tode seines Vaters Caesar in dem noch von diesem eingesetzten Kollegium abhielt. Mit folgenden Worten äußerte er darüber seine Freude: Gerade an den Tagen meiner Spiele wurde ein Haarstern sieben Tage lang am nördlichen Teil des Himmels erblickt; er ging um die elfte Tagesstunde auf, war sehr leuchtend und in allen Ländern sichtbar. Das Volk glaubte, durch diesen Stern werde die Aufnahme der Seele Caesars unter die unsterblichen Götter angezeigt; um dessentwillen wurde dieses Sternzeichen am Abbild seines Kopfes angebracht, das später auf dem Forum geweiht wurde. So sprach er sich öffentlich aus; in seinem Innern aber war er mit Freude überzeugt, daß der Stern für ihn aufgegangen sei, und daß er mit ihm aufgehe – und zwar, wenn wir die Wahrheit sagen wollen, zum Heile der Welt. ”
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass auch Matthäus diese Geschichte kannte und sich dachte, das Jesus auch unbedingt einen eigenen Kometen braucht, wo doch selbst Julius Cäsar einen hatte…
Ob es den Stern von Bethlehem gegeben hat oder nicht, wissen wir nicht und es ist unwahrscheinlich, dass wir es irgendwann herausfinden werden. Aber es gibt jede Menge reale Sterne am Himmel und über die gibt es jede Menge herauszufinden. Und daher auch noch genug neue Sternengeschichten. Bis bald und frohe Weihnachten.
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