Unsere Sonne befindet sich grob 10 kpc vom Zentrum entfernt. Ihre Hillsphäre reicht 300000 Astronomische Einheiten in die x-Richtung, 200000 AE in die y-Richtung und 150000 in die z-Richtung. Das ist ungefähr die Gegend, in der sich auch die Oortsche Wolke befindet, also die Region aus der die Kometen stammen. Dort befinden sich ein paar Billionen Kleinkörper und es ist durchaus möglich, dass die galaktischen Gezeiten ihre Bahn beeinflussen und ab und zu die Bahn der Kometen so verändern, dass sie ins innere Sonnensystem gelangen können.
Ansonsten haben die galaktischen Gezeiten aber kaum Einfluss auf unser Sonnensystem. Veras und Evans geben eine simple Faustregel an, mit der sich berechnen lässt, auf welchen Zeitskalen sich der Einfluss der galaktischen Gezeiten abspielt. Die Periode P der Störungen, die durch die galaktischen Gezeiten ausgelöst werden ist ungefähr gleich dem Verhältnis von Pext² und Ppl. Pext ist die Umlaufzeit des Sterns um das Zentrum der Galaxie und Ppl die Umlaufzeit des Planeten um den Stern. Für Jupiter ergibt sich hier zum Beispiel eine Periode für die galaktischen Gezeiten von mehreren Billionen Jahren! Das ist deutlich länger als das Universum überhaupt existiert und man getrost sagen, dass der Einfluss der Gezeiten zu vernachlässigen ist.
Ist der Planet aber näher am galaktischen Zentrum oder befindet er sich weiter entfernt von seinem Stern, dann kann das anders aussehen. Beobachtungen, die in den letzten Jahren gemacht worden sind, zeigen, dass es auch näher am Zentrum Planeten gibt. Und auch wenn bisher noch kaum Planeten beobachtet worden sind, die sich sehr weit (einige 1000 AE) von ihrem Stern entfernt befinden (das liegt an den derzeit verwendeten Beobachtungsmethoden) ist es durchaus möglich, dass viele davon existieren. Während der turbulenten Phase der Planetenentstehung können Planeten aus den inneren Bereichen eines Planetensystems weit hinaus in die äußeren Regionen geschleudert werden.
Veras und Evans haben deshalb auch ausgerechnet, wie die galaktischen Gezeiten solche Planeten beeinflussen würden. So sehen die Ergebnisse aus:
Das Bild zeigt die Veränderung der Bahnexzentrizität (d.h. die Abweichung der Bahn von der Kreisform) im Lauf der Zeit. Der betrachtete Planet befindet sich immer 1000 AE von seinem Stern entfernt. Die verschiedenen Kurven beschreiben Planetensysteme, die sich verschieden weit vom galaktischen Zentrum entfernt befinden. Planetensysteme die sich in den äußeren Regionen einer Galaxie befinden, zeigen fast gar keine Störungen. Erst wenn man sich dem Zentrum nähert, sind die Effekte spürbar und die Bahnen werden immer weniger kreisförmig und damit auch immer instabiler (je ovaler eine Bahn ist, desto größer wird die Chance, dass der Planet die Bahn eines anderen Planeten kreuzt und beide kollidieren).
Natürlich hängt viel von der Ausgangssituation ab. Ich habe oben erwähnt, dass die Neigung des Planetensystems in Bezug auf die galaktische Ebene eine Rolle spielt. Es gibt keinen prinzipiellen Grund, warum sich Planetensysteme entlang einer bestimmten Ebene orientieren sollen. Die vielen extrasolaren Systeme sind daher vermutlich alle irgendwie geneigt; die Inklination ist zufällig verteilt. Unsere Sonnensystem ist immerhin 60 Grad gegenüber der galaktischen Ebene geneigt und das ist auch der Wert, den Veras und Evans bei ihrer Rechnung verwendet haben. Aber auch anderer Parameter (die exakte Orientierung der Bahn im Raum) können die Wirkung der Gezeiten beeinflussen.
Das Bild oben zeigt den Einfluss der galaktischen Gezeiten in den äußeren Bereichen der Galaxie. Im Zentrum, im Bulge also, sieht das alles nochmal ganz anders aus. Das nächste Bild zeigt die Ergebnisse von identischen Berechnungen wie oben. Aber diesmal befindet sich der Planet nur zwischen 0,05 und 2 Kiloparsec vom galaktischen Zentrum entfernt:
Je näher der Planet sich am galaktischen Zentrum befindet, desto kürzer ist die Periode der Störung. Die schwarze Kurve entspricht einem Planeten, dessen Stern sich nur 50 Parsec vom Zentrum entfernt entspricht!
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