WR 104 ist allerdings nicht allein im All. Er ist Teil eines Doppelsternsystems und das ändert die Lage. Dort befindet sich noch ein weiterer großer und heißer Stern, der selbst einen starken Sternwind erzeugt. Dort wo die beiden Sternwinde der beiden Sterne aufeinander treffen, entsteht eine Schockfront. Dort ist es kühl und dicht genug, damit sich Staub bilden kann. Und weil sich beide Sterne umeinander bewegen, bewegt sich auch die Staubentstehungsregion immer im Kreis. Durch diese Bewegung wird das Spiralmuster erzeugt, das man beobachtet hat. So stellt man sich die Lage schematisch vor:
Die Spirale sieht zwar toll aus – ist aber auch ein Anzeichen für den baldigen Tod des Sterns. Wolf-Rayet-Sterne haben keine große Zukunft vor sich. Sie haben schon den größten Teil ihrer Atmosphäre abgestoßen und weil sie so heiß brennen werden sie auch den Rest ihres Brennstoffs bald fusioniert haben. Dann ist Schluss und es gibt eine gewaltige Supernova-Explosion. Bei Wolf-Rayet-Sternen wie WR 104 muss es demnächst so weit sein – wobei “demnächst” in astronomischen Maßstäben “irgendwann in den nächsten hunderttausend Jahren” bedeutet. Manche Wissenschaftler spekulieren auch, ob bei solchen Wolf-Rayet-Sternen gar eine Hypernova (wie eine Supernova, nur stärker) mit Gammablitz entstehen könnte. Eine Zeit lang machte man sich Sorgen, dass uns gerade von WR 104 Gefahr drohen könnte. Wenn ein Gammablitz auf die Atmosphäre der Erde trifft, kann er dort die Ozonschicht auflösen. Dadurch gelangt mehr der für Lebewesen schädlichen UV-Strahlung der Sonne auf die Erde. Während einer Hypernova wird ein Gammablitz nur in eine bestimmte Richtung ausgestrahlt. Die Gammastrahlung breitet sich entlang der Pole des Sterns aus und wenn man nicht genau in der Schusslinie steht, dann passiert nichts. Wir blicken nun aber anscheinend von “oben” (bzw. “unten”) auf die Pole des Sterns, ansonsten würden die Rotation der Spirale nicht sehen können. Müssen wir also Angst vor WR 104 haben?
Nicht wirklich. Der Stern ist ziemlich weit weg. Immerhin ganze 8000 Lichtjahre. Es ist unwahrscheinlich, dass ein Gammablitz hier auf der Erde wirklich Schaden anrichten kann. Und dann ist die Geschichte von WR 104 ja auch nicht neu. Man hat den Stern schon 1998 entdeckt und seitdem natürlich immer wieder beobachtet. Dabei entstanden neue und bessere Bilder. Das hier zum Beispiel, bei dem viele Aufnahmen übereinander gelegt wurden und man die Spirale wunderbar sehen kann:
Die neuen Beobachtungen zeigen auch, dass wir nicht exakt auf die Pole des Sterns blicken. Sie sind ein wenig geneigt und selbst wenn ein Gammablitz stattfinden würde, würde er uns nicht treffen (was aber ja eh nicht so schlimm wäre, weil er ja weit genug weg ist).
Die Wolf-Rayet-Sterne (man kennt mittlerweile ein paar hundert, die sich über die ganze Milchstraße verteilen) sind ein wunderbares Labor, um mehr über die Entwicklung großer Sterne zu erfahren. Besonders wenn es sich um so ein außergewöhnliches System wie WR 104 und seine Staubspirale handelt. Denn der wirbelnde Staub sieht nicht einfach nur schön aus. Er zeigt uns auch, wo wir herkommen. Die Erde und wir Menschen bestehen aus genau diesem Material: Aus dem Kohlenstoff und den anderen schweren Elementen, die vor langer Zeit in großen Sternen erzeugt und dann ins All hinaus geblasen wurden. Das Ende der großen Sterne war der Anfang des Lebens. Und wer weiß, was aus dem Kohlenstoff von WR 104 irgendwann einmal werden wird…
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