Astrologie “funktioniert”, weil sie nur Dinge sagt, die auf uns alle zutreffen oder so vage bleibt, dass man nicht beurteilen kann ob sie zutrifft oder nicht. Und den Rest erledigt die selektive Wahrnehmung. Wenn wir etwas finden, dass auf uns zutrifft, erinnern wir uns später daran. Wir vergessen aber all die Dinge, die nicht zugetroffen sind. Und dann gibt es ja auch noch das persönliche Gespräch mit dem Astrologen. Wenn der Astrologe ein guter Menschenkennen ist und ein geschickter Gesprächspartner, dann lässt sich schnell der Eindruck erwecken, er wüsste mehr über einen, als er eigentlich wissen dürfte (diese Technik nennt man auch Cold Reading). Ich sage übrigens nicht, dass die Astrologen bei ihren Analysen absichtlich täuschen (obwohl das sicher auch vorkommen wird). Wie ich oben schon gesagt habe: Die Täuschung funktioniert in beide Richtungen und unbewusst. Durch das positive Feedback des Klienten – das wegen des Barnum-Effekts zwangsläufig kommen muss – füllt sich der Astrologe bestätigt und ist von seinen eigenen Fähigkeiten überzeugt. Auch Astrologen fallen auf den Barnum-Effekt herein.
Ein wunderbares Beispiel für den Barnum-Effekt sind die Horoskope in den Tageszeitungen. Sie sind enorm weit verbreitet und vermutlich die Form, in der die meisten Menschen mit Astrologie in Kontakt kommen. Auch die, die eigentlich nicht dran glauben, lesen gerne mal das Horoskop in der Zeitung. Und hier findet man den Barnum-Effekt in seiner reinsten Form…
Ich habe mir gestern drei Zeitungen gekauft. Die Ostthüringer Zeitung (OTZ), die BILD-Zeitung und den Berliner Kurier (das waren die einzigen Tageszeitungen die es am Kiosk gab, die auch Horoskope hatten). Im Berliner Kurier stammen die Horoskope von Astrologin Anastacia Kaminsky. In der BILD ist es Jasmin Rachlitz und bei der OTZ bin ich mir nicht ganz sicher. Da steht nur “Isabell Schmidt, Moderatorin, schaut bei LandesWelle Thüringen (…) in die Sterne”. Was prognostizieren also die drei Astrologinnnen? Schauen wir mal die Fische an. Der Berliner Kurier sagt:
“Dank ihres gesunden Lebensstils fühlen Sie sich super und sind für alle Herausforderungen gerüstet. Weiter so.”
Das ist natürlich praktisch. Wer will nicht gerne gelobt werden. Und besonders jetzt, wo viele Neujahrsvorsätze noch aktiv sind, können sich viele damit identifizieren. Selbst wer das ganze Jahr lang gesoffen, gefressen und geraucht hat, in der letzten Woche aber ab und zu mal Salat gegessen hat, kann sich über das Lob seines “gesunden Lebensstils” freuen. Und der Rest vergisst die unpassende Prognose dank selektiver Wahrnehmung schnell. Oder liest die BILD. Denn dort findet man offensichtlich das Horoskop für die Fische, die sich noch nicht zu einem gesunden Lebensstil durchringen konnten.
“Nicht zu viel herumsitzen, auf mehr Bewegung achten.”
Ein schöner Barnum-Text findet sich auch beim Schützen-Horoskop im Berliner Kurier:
“Ihr Bedürfnis aus dem Alltag auszubrechen, ist sehr groß. Wie wäre es mit einem Spontanurlaub?”
Wer hat NICHT manchmal das Bedürfnis, aus dem Alltag auszubrechen und wer würde NICHT gerne mal einen Spontanurlaub machen. Allerdings scheint die OTZ-Astrologin etwas dagegen zu haben. Dort werden die Schützen nämlich gewarnt:
“Achtung! Die Erledigung einer Aufgabe könnte heute mehr Zeit in Anspruch nehmen, als Sie im Vorfeld eingeplant haben.”
Tja, nix mit Spontanurlaub, stattdessen Überstunden. Oder auch nicht. Denn da steht ja “könnte” und die Astrologen lieben den Konjunktiv und vage Formulierungen. Nur nicht festnageln lassen!
Ihr Einfallsreichtum scheint heute wirklich unerschöpflich zu sein. (Widder, OTZ)
Neuigkeiten könnten Sie dazu verleiten, sich nach einem neuen Wirkungsfeld umzusehen (Waage, OTZ)
Heute neigen sie dazu, in Ihrem Eifer über das Ziel hinauszuschießen. (Widder, BILD)
Vorsicht, sie neigen zu unnötigen bzw. unüberlegten Käufen. (Zwillinge, BILD)
Ein Dinner mit Familie und Freunden wäre genau die richtige Abendgestaltung. (Löwe, BILD)
Die Farbe Türkis kann heute positiv auf sie wirken. (Zwillinge, BILD)
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