Neben den Supernovae kommen auch noch Gammablitze als Quelle der kosmischen Strahlung in Frage. Und hier glauben Hambaryan und Neuhäuser, die Ursache des C-14-Anstiegs gefunden zu haben. Über Gammablitze habe ich früher schon geschrieben. Es gibt zwei verschiedene Arten: lange Blitze, die mehr als 2 Sekunden dauern und kurze Blitze. Die langen Gammablitze entstehen, wenn enorm große Sterne explodieren. Sie kommen als Ursache nicht in Frage, denn sie würden anderen Mengen an C-14, Be-10 bzw. anderen Elementen erzeugen als man beobachtet hat. Aber ein kurzer Gammablitz würde passen.
Findet ein Gammablitz in der Nähe der Erde statt, dann kann dabei die Atmosphäre stark geschädigt werden. Daraus kann ein Massensterben der Lebewesen auf der Oberfläche resultieren. Da aber im Jahr 774/775 nichts dergleichen passiert ist, muss der Gammablitz ausreichend weit entfernt passiert sein. Ungefähr 3000 bis 12000 Lichtjahre weit weg, sind damals vermutlich zwei Neutronensterne kollidiert. Denn genau das ist die Ursache der kurzen Gammablitze.
Unsere Sonne wird sich am Ende ihres Lebens zu einem weißen Zwerg wandeln. Schwerere Sterne werden zu Neutronensterne (noch schwererer zu schwarzen Löchern). So ein Neutronenstern ist nur ein paar Kilometer groß, wiegt aber mehr als unsere Sonne! Wenn nun aber zwei Sterne ein Doppelsternsystem bilden und beide am Ende ihres Lebens zu Neutronensternen werden, dann kriegt man ein Doppel-Neutronensternsystem. Und wenn die beiden Neutronensterne sich nah genug kommen, dann können sie kollidieren. Und wenn das passiert, dann geht es wirklich rund! Neutronensterne sind unvorstellbar dicht. Ein Kubikzentimeter seiner Materie, nicht mehr als ein Zuckerwürfel, wiegt so viel wie 100 Millionen Autos. Man kann sich vorstellen, was passiert, wenn zwei dieser Objekte zusammenstoßen. Oder besser gesagt: Man kann es sich nicht vorstellen. Aber man kann es berechnen. Die beiden Neutronensterne bilden entweder einen neuen, großen Neutronenstern oder ein schwarzes Loch! Und die Energie die bei der Kollision frei wird, erzeugt einen kurzen Gammablitz.
Genau das soll vor 1200 Jahren passiert sein. Gemerkt hat man auf der Erde davon nicht viel. Das Ereignis war kürzer als 2 Sekunden und wer nicht am richtigen Ort zur richtigen Zeit auf die richtige Stelle am Himmel geblickt hat, der hat nichts gesehen. Es ist also durchaus wahrscheinlich, dass es keine Aufzeichnungen des Ereignis gibt. Auch ein Supernovaüberrest kann nicht gefunden werden. Zwar entstehen auch Neutronensterne bei Supernova-Explosionen. Die Kollision und der Gammablitz haben aber alles, was noch übrig war, zerstört. Es ist natürlich nicht einfach, so eine These zu bestätigen. Aber man kann es probieren. Man kann sich auf die Suche nach massereichen Neutronensternen machen, die im richtigen Abstand zur Erde liegen und das richtige Alter haben um ds Resultat eines Gammablitzes zu sein. Fünf Stück davon haben Hambaryan und Neuhäuser identifiziert. Ob aber einer davon wirklich der Schuldige ist, ist eine andere Frage. Dazu müsste man sie ganz genau beobachten und nachsehen, ob da tatsächlich kein Supernovaüberrest mehr ist.
Bis es so weit ist, bleibt es eine faszinierende Möglichkeit: Als Karl der Große gegen die Langobarden und Sachsen gekämpft hat, als der Dom in Salzburg eingeweiht wurde, als England erstmals einen König hatte – da traf von allen unbemerkt ein Strahlungsschauer auf die Erde, der das Resultat einer unvorstellbaren Katastrophe tief im All war, deren Spur wir im Inneren der Bäume gefunden haben. Wissenschaft ist cool!
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