Wenn es draußen dunkel und der Himmel klar ist, schaut mal zum Himmel. Im Sternbild Leier könnt ihr Wega sehen. Der Stern ist leicht zu finden, er ist eines der hellsten Objekte am Nachthimmel; der fünfthellste Stern am Nachthimmel (der zweithellste der nördlichen Hemisphäre). Wega ist doppelt so groß wie die Sonne, leuchtet knapp 40 Mal stärker und ist uns mit einer Entfernung von 25 Lichtjahren ziemlich nahe. Schaut genau hin. Seht ihr auch die vielen Asteroiden, die den Stern umkreisen?
Natürlich nicht. Asteroiden kann man nicht mit freiem Auge sehen. Das klappt nicht mal in unserem Sonnensystem bzw. nur wenn die Asteroiden sehr, sehr nahe kommen und selbst dann sehen wir sie nicht selbst sondern nur die Lichterscheinung die sie verursachen, wenn sie in der Atmosphäre der Erde verglühen. Aber spezielle Teleskope können Asteroiden bei anderen Sternen sehen. Obwohl… eigentlich sehen auch die winzigen Felsbrocken nicht direkt. Sie sehen Staub. Der ist zwar noch kleiner, aber wenn es sehr viele Staubkörner gibt, haben die insgesamt eine viel größere Oberfläche als Asteroiden. Und weil der Staub so eine große Oberfläche hat, kann er besonders gut Wärme abstrahlen. Wird ein Stern von Staub umkreist, dann heizt der sich durch die Strahlung auf. Die Wärme wird wieder abgegeben und zwar bei ganz charakteristischen Temperaturen die von der Zusammensetzung des Staubs abhängen. Und diese Wärmestrahlung kann von Infrarotteleskopen gesehen werden. Und auch wenn ein Staubkorn kein Asteroid ist, kriegt man das eine normalerweise nicht ohne das andere. Denn nur Staub alleine würde nicht lange überleben. Der Strahlungsdruck der Sterne würde die kleinen Körnchen im Laufe der Zeit aus dem System pusten. Wenn also noch Staub da ist, dann muss der immer wieder neu nachgeliefert werden. Und die Staubproduzenten sind die Asteroiden! Die stoßen ab und zu zusammen und erzeugen so Trümmer und Staub. Findet man also große Menge an Staub, die einen Stern umkreisen, dann ist das immer auch ein Hinweis auf große Mengen an Asteroiden.
Die erste Staub- und Trümmerscheibe, die entdeckt wurde, fand man 1983 beim Stern Wega. Es war eine kleine Revolution, denn das war das erste Mal, dass man Objekte entdeckte, die einen Stern umkreisten (und kein anderer Stern waren). Und ein Hinweis darauf, dass es extrasolare Planeten geben muss. Denn wo Asteroiden entstanden sind, entstehen auch Planeten. Asteroiden sind ja nur eine Zwischenstufe bei der Planetentstehung. Außerdem zeigten sich Besonderheiten in der Verteilung des Staubs. Es gab “Klumpen”, Bereiche mit mehr Staub als anderswo. Das bedeutet, dass die Asteroiden nicht gleichmäßig verteilt sind und das bedeutet wieder, dass irgendwas die Verteilung der Asteroiden beeinflusst: Planeten!
Tatsächlich kennt man schon einige Systeme, bei denen Planeten die Staubverteilung beeinflussen – zum Beispiel Beta Pictoris. Bei Wega hat man bis jetzt noch keinen Planeten entdeckt. Aber es kann nicht mehr lange dauern. Denn es gibt immer mehr Anzeichen für ihre Existenz. Mit Hilfe des Herschel-Weltraumteleskops haben Kate Su vom Steward Observatory in Arizona und ihre Kollegen sich Wega (und noch ein paar andere Sterne) genau angesehen. Sie haben den sogenannten Infrarotexzess gemessen. Damit ist folgendes gemeint: Ein Stern gibt jede Menge Strahlung ab. Sichtbares Licht, Radiostrahlung, UV-Licht, Röntgenstrahlung – das ganze elektromagnetische Spektrum eben. Er gibt auch Infrarotlicht ab. Wir wissen ziemlich genau, wie viel von welcher Strahlung ein Stern abgibt. Das hängt im wesentlichen nur von seiner Temperatur ab (man nennt das Schwarzkörperstrahlung). Wird ein Stern aber von Staub umkreist, dann gibt ja auch der aufgeheizte Staub Infrarotstrahlung ab. Man misst dann also mehr Infrarotlicht, als eigentlich da sein sollte: Das ist der Infrarotexzess.
Su und ihre Kollegen haben nun nachgesehen, wie man diese Messungen am besten modellieren kann. Es zeigte sich, dass die überschüssige Infrarotstrahlung aus zwei Bereichen zu kommen scheint. Es gibt kalten Staub, weit weg vom Stern und warmen Staub in der Nähe des Sterns. Das sieht man in diesen Bildern aus der Arbeit von Su recht gut:
Die bunten Punkte sind die Beobachtungsdaten und zeigen an, wie viel Infrarotstrahlung einer bestimmten Wellenlänge man gemessen hat. Die Linien sind Modelle, die zeigen, wie viel Strahlung man von einer kalten bzw. warmen Ansammlung an Staub man erwarten würde. Wega (und auch die anderen Sterne die gemessen wurden) hat also zwei große Asteroidengürtel. Einen, ziemlich nahe am Stern und einen weiter draußen. Das klingt irgendwie bekannt, oder? Wenn wir uns anschauen, wo die Asteroiden bei uns im Sonnensystem sind, dann sehen wir das gleiche Bild: Es gibt einen “warmen” Gürtel in Sonnennähe; zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter. Und es gibt einen kalten Gürtel, hinter der Bahn von Neptun: den Kuipergürtel. Sogar die Größenverhältnisse stimmen gut überein:
Natürlich ist das Wega-System insgesamt größer als das Sonnensystem. Wega ist ja auch ein größere Stern. Auch die Menge an Staub und Asteroiden ist größer. Aber das ist ebenfalls nicht verwunderlich, denn Wega ist noch jung; erst 600 Millionen Jahre alt. Da war noch nicht genug Zeit, um “aufzuräumen”. Bei uns sind die meisten Asteroiden schon lange durch Kollisionen verschwunden.
Ob sich zwischen den Gürteln noch Planeten befinden, wird sich zeigen. Es ist ziemlich wahrscheinlich. Irgendwo muss die große Lücke zwischen den Gürteln ja her kommen und abgesehen von Planeten gibt es nicht viele Erklärungen dafür. Aber mit den Teleskopen der nächsten Generation werden wir auch hier fündig werden. Ich bin gespannt.
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