Es mag zwar etwas unheimlich klingen, wenn die Sonne Teile ihres Plasmas auf die Erde wirft – ist es aber nicht. Denn das passiert ständig. Denn auch ganz ohne koronale Massenauswürfe gelangt nicht nur Licht und Wärme von der Sonne bis zu uns, sondern auch ein stetiger Strom geladener Teilchen des Sonnenplasmas. Das nennt man “Sonnenwind” und er ist nicht weiter gefährlich. Denn die Erde ist gleich doppelt geschützt. Einmal haben wir unser eigenes Magnetfeld, an dem der Sonnenwind abprallt. Und dann haben wir auch noch eine Atmosphäre, die uns ebenfalls schützt. Das kann man schön im hohen Norden oder tiefen Süden sehen. In der Nähe der Pole verlaufen die Feldlinien des Magnetfeldes fast senkrecht und anstatt von ihnen abzuprallen kann der Sonnenwind hier entlang der Linien in die Nähe der Erdatmosphäre gelangen. Ungefähr 100 bis 200 Kilometer über der Oberfläche treffen die Teilchen nun auf die ersten Moleküle unserer Lufthülle. Der Sonnenwind ist schnell; bis zu drei Millionen Kilometer pro Stunde. Der Aufprall ist dementsprechend heftig und regt die Luft zum Leuchten an. Vom Boden aus können wir nun wunderbare Polarlichter sehen. (In der Realität ist die Wechselwirkung zwischen Sonnenwind, Erdmagnetfeld und Atmosphäre ein wenig komplizierter. Das Plasma von der Sonne wird in bestimmten Bereichen des Erdmagnetfelds festgehalten (dem Van-Allen-Gürtel) und kann je nach Stärke der Sonnenaktivität von dort zu den oberen Atmosphärenschichten gelangen)
Wer Lust hat, sich selbst einmal die Nordlichter anzusehen, der sollte sich möglichst bald nach Skandinavien aufmachen. Denn die Chance, sie zu beobachten, sind dieses Jahr so gut wie schon lange nicht mehr. Die Sonnenaktivität ist nicht immer gleich stark, sondern ändert sich periodisch. Alle ungefähr 11 Jahre erreicht sie ein Maximum und 2013 ist es wieder mal so weit. Diesen 11-Jahres-Zyklus hatte man schon im 19. Jahrhundert entdeckt. Die Astronomen beobachteten die Sonnenflecken auf der Sonne und stellten fest, dass es 11 Jahre besonders viele von ihnen gibt. Sonnenflecken sind aber nun ja genau die Regionen, wo Magnetfeldlinien die Oberfläche durchbrechen und sich Protuberanzen bzw. koronale Massenauswürfe bilden können. Je mehr Flecken, desto mehr Sonnenstürme.
Warum sich die Aktivität zyklisch ändert, ist noch nicht abschließend geklärt. Das hat mit dem zu tun, was sich tief im Inneren der Sonne abspielt und das ist schwer zu beobachten (eigentlich gar nicht, sondern nur mit indirekten Methoden). Auf jeden Fall spielt aber die Rotation der Sonne eine Rolle. Denn die Sonne ist kein Festkörper, sondern eine große Kugel aus Gas. Sie rotiert differentiell, das bedeutet, dass sich verschiedenen Teile verschieden schnell um ihre Achse drehen. Am Äquator dauert eine Umdrehung etwa 25 Tage, in der Nähe der Pole sind es 31 Tage. Das hat Folgen für das Magnetfeld, denn wir erinnern uns: Das Feld ist im Plasma eingefroren. Stellen wir uns ein “normales” Magnetfeld vor, ein sogenanntes poloidales Feld, mit Linien, die von Pol zu Pol verlaufen, so wie auch bei der Erde. Jetzt dreht sich die Sonne aber und zwar unterschiedlich schnell. Die Feldlinien folgen dem Plasma und weil die Sonne sich unterschiedlich schnell dreht, hängen die Linien in der Nähe der Pole immer ein bisschen hinterher. Die Feldlinien werden im Laufe der Zeit um die Sonne herum gewickelt und es entsteht ein starkes toroidales Magnetfeld mit Linien, die parallel zum Äquator verlaufen. Je stärker das Magnetfeld wird, desto mehr Linien steigen auf und verursachen Flecken, Protuberanzen und Sonnenstürme. Da sich das Plasma beim Aufstieg auch ausdehnt, bekommen die Regionen auch eine horizontale Bewegungskomponente. Dank des Coriolis-Effekt werden diese Regionen in Drehung versetzt, die Feldlinien werden spiralförmig verdreht und es gibt nun wieder eine neue poloidale Komponente. Das toroidale Feld bricht zusammen und ein neues poloidales Feld baut sich auf. Der Zyklus beginnt wieder von vorne.
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