Alle 11 Jahre (oder 10 oder 13, so exakt läuft das auch nicht ab) gibt es also mehr Sonnenstürme als sonst. Muss man sich deswegen Sorgen machen? Sind da tatsächlich “Mächtige Sonnenstürme”, die die Erde “bedrohen”, wie es ein aktuelle Artikel im Focus (WebCite) dramatisch behauptet? Kommt ein “gefährliches astronomisches Feuerwerk” und beginnt “das große Sterben”, wie es bei Focus recht reißerisch formuliert wird?
Nun ja. Lassen wir die Presse-Dramatik erstmal beiseite und schauen nach, was so ein Sonnensturm überhaupt anrichten kann. Wenn ein koronaler Massenauswurf auf die Erde trifft, dann ist man natürlich dort gefährdet, wo die Schutzschilde nicht mehr so gut wirken. Im All zum Beispiel, wo das Magnetfeld viel schwächer ist. Dort kann die Elektronik von Satelliten geschädigt werden. Auch weiter unten, dort wo die Flugzeuge fliegen, kann es Probleme geben. Damit die Menschen in den Flugzeugen nicht der stärkeren Teilchenstrahlung ausgesetzt sind, fliegt man in solchen Situationen ein wenig tiefer und meidet die Routen im hohen Norden und im tiefen Süden. Das bringt natürlich die Flugpläne durcheinander und kann zu Verspätungen führen. Und schließlich kann ein Sonnensturm auch zu einem Stromausfall führen. Wenn Plasma von der Sonne auf das Magnetfeld der Erde trifft, dann wird es quasi ein wenig eingedellt. Es schwingt für kurze Zeit ein wenig hin und her und dadurch ändert sich die Magnetfeldstärke die wir am Erdboden spüren. Das ist erstmal nicht besonders bedrohlich; jeder Kühlschrankmagnet erzeugt stärkere Änderungen im lokalen Magnetfeld als ein Sonnensturm. Aber wenn man lange elektrische Leiter betrachtet, wie zum Beispiel die Hochspannungsleitungen, die durchs ganze Land führen, dann kann das sich ändernde Magnetfeld dort einen Strom induzieren. Es fließt dann also mehr Strom durch die Leitung, als fließen sollte und das kann dazu führen, dass einer der Transformatoren durchbrennt. Dann fällt der Strom aus.
Ein Stromausfall ist an sich nicht sonderlich außergewöhnlich. Es fällt ständig irgendwo der Strom aus und in manchen Gegenden muss man froh sein, wenn er überhaupt irgendwann mal fließt. Aber es stimmt: Stromausfälle können schlimme Folgen haben. Unsere Welt ist mittlerweile komplett vom Strom abhängig. Ohne Strom gibt es keine Kommunikation, wir können nicht telefonieren; uns nicht im Fernsehen informieren und der Computer bleibt auch aus. Es gibt keinen Transport: Züge und Straßenbahnen fahren nicht mehr und wir kriegen auch kein Benzin mehr an der Tankstelle, weil das mit elektrischen Pumpen in die Zapfsäulen gepumpt wird. Die Kasse im Supermarkt funktioniert nicht mehr; die Geldautomaten rühren sich nicht mehr, in den Häusern ist es dunkel und wenn man Pech hat, auch noch kalt. Und so weiter. Stromausfälle können schwerwiegende Folgen haben.
Aber es gibt viele verschiedene Gründe für Stromausfälle. Die Sonnenstürme sind nur einer davon – und nicht unbedingt ein sonderlich häufiger Grund. 1989 fiel in der Gegend um Montreal in Kanada der Strom für 9 Stunden aus. 2003 gab es einen Stromausfall in Malmö. Die Zahl der Stromausfälle, die nicht von Sonnenstürmen verursacht werden, ist wesentlich häufiger! Trotzdem ist es natürlich wichtig, sich Gedanken über die Folgen zu machen und das haben die Wissenschaftler auch getan – über eine solche Studie habe ich ja hier schon mal kurz gesprochen. Aber man darf nicht vergessen, dass das Worst-Case-Szenario eines großen Stromausfalls auch das unwahrscheinlichste Szenario ist. Wenn Sonnenstürme uns tatsächlich so oft das Licht ausknipsen würden, dann hätten wir das ja bei den vergangen Maxima erlebt. Sonnenstürme passieren ständig und normalerweise kriegen wir davon auf der Erde nichts mit. Und es gibt noch einen wichtigen Punkt: Sonnenstürme kommen nicht unerwartet. Das Licht von der Sonne braucht 8 Minuten, das Plasma ein bis zwei Tage. Wenn wir einen koronalen Massenauswurf sehen, dann bleibt immer noch genug Zeit, bevor das Zeug auch wirklich da ist. Man kann dann zum Beispiel Satelliten in einen Ruhemodus versetzen, damit ihnen nichts passiert. Und die Energieversorger könnten sich auf Ausfälle vorbereiten. Dazu muss die entsprechende Infrastruktur vorhanden sein. Bei vielen Energiebetrieben scheint hier noch ein wenig das Problembewusstsein zu fehlen. In den nordischen Ländern, wo man statistisch stärker unter Sonnenstürmen zu leiden hat, hat man sich schon mehr Gedanken um sichere Leitungen gemacht. Aber das sollten auch andere Länder tun. Denn die Sonne ist nur einer von vielen möglichen Auslösern eines Stromausfall. Generell können alle starken Fluktuationen ein Stromnetz zusammenbrechen lassen. Wenn zum Beispiel in Deutschland in Zukunft der ganze Strom aus regenerativen Quellen wie Wind, Sonne oder Wasserkraft erzeugt werden soll, dann hat das auch Auswirkungen auf die Stabilität der Netze. Hier fluktuiert die Menge an erzeugtem Strom viel mehr als bei Kohle- oder Kernkraftwerken, die immer die gleiche Menge Strom ins Netz einspeisen. Mit diesen Fluktuationen muss man umgehen und Hard- und Software entsprechend aufrüsten.
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