Vor 20 Jahren kannten wir noch keine einzigen Planeten, der nicht unsere Sonne umkreiste. Heute wissen wir, dass extrasolare Planeten vollkommen normal sind. Es gibt sie überall und die Raumsonde und Teleskope der Zukunft werden sicherlich noch ein paar hunderttausend von ihnen finden. Wir haben mittlerweile das Stadium der Suche erreicht, wo wir die Planeten nicht einfach nur finden wollen, sondern wo wir diese Planeten auch im Detail charakterisieren möchten. Ok, wie die Planeten im Detail aussehen, wollte man früher natürlich auch schon wissen. Aber da konnte man schon froh sein, wenn man die Himmelskörper überhaupt fand; irgendwelche Details waren nicht zu bekommen. Mittlerweile sind unsere Instrumente aber gut genug, um ein wenig mehr über die Planeten herauszufinden und bald werden sie so gut sein, dass wir auch die Atmosphären der meisten Planeten untersuchen können. Und dann können wir uns auch auf die Suche nach Leben machen…
Natürlich werden wir etwaiges Leben auf anderen Planeten nicht sehen können. Wer auf Bilder von Alien-Planeten mit hell-erleuchteten Städten und Raumhäfen wartet, wird enttäuscht werden. Aber wir können in der Atmosphäre von Planeten nach sogenannten “Biomarkern” suchen. Das sind Gase, deren Existenz auf die Anwesenheit von Leben zurückzuführen sind. Zum Beispiel Sauerstoff bzw. Ozon. Den haben auf der Erde erst die Lebewesen geschaffen und wenn das Leben auf unserem Planeten aussterben würde, würde auch der Sauerstoff nach ein paar Millionen Jahren verschwinden. Wenn wir Sauerstoff in der Atmosphäre eines Exoplaneten finden, dann ist das ein guter Hinweis auf die mögliche Existenz von Leben (ja ich weiß, es kann auch Leben geben, das ganz anders ist – aber nach dem können wir nicht suchen).
Aber wie beobachtet man die Atmosphäre von Exoplaneten? Nicht direkt, dafür sind die Planeten zu klein, zu weit weg und die Teleskope zu schwach. Aber es gibt Möglichkeiten! Bei einem Transit zum Beispiel: Wenn der Planet von uns aus gesehen vor seinem Stern vorüber zieht, dann scheint das Sternenlicht für einen kurzen Zeitraum durch die Planetenatmosphäre. Dieses “gefilterte” Sternenlicht kann uns viel über die Zusammensetzung der Atmosphäre verraten – ich habe das hier am Beispiel der Venus genauer erklärt.
Das Problem an der Sache ist, dass man auch mit geplanten neuen Weltraum-Teleskopen wie dem riesigen James-Webb-Space-Telescope (JWST) eine sehr lange Beobachtung nötig ist, um eine Chance zu haben, etwas zu finden. Aber vielleicht lässt sich die Sache abkürzen, wenn man am richtigen Ort sucht. Zum Beispiel bei weißen Zwergen! Da die weißen Zwerge viel kleiner sind als normale Sterne, würde auch ein größerer Prozentsatz ihres Lichts durch die Atmosphäre eines etwaigen Planeten scheinen. Die gesuchten Signale der Biomarker sind deswegen hier deutlicher zu sehen. Aber: Weiße Zwerge? Das sind doch tote Sterne… warum soll man da nach Planeten suchen? Noch dazu nach Planeten mit Leben?
Es stimmt schon: ein weißer Zwerg ist das, was nach dem Tod eines sonnenähnlichen Sterns übrig bleibt. Wenn unsere Sonne am Ende ihres Lebens keinen Wasserstoff mehr für die Kernfusion übrig hat, wird sie zuerst unter ihrem eigenen Gewicht zusammenfallen und heißer werden. Dadurch werden andere Kernfusionsprozesse gestartet, die dazu führen, dass die Sonne heißer brennt als vorher und sich ausdehnt. Sie wird ein roter Riese werden, bei der Ausdehnung Merkur, Venus und vielleicht auch die Erde verschlucken. Sie wird sich so stark und schnell ausdehnen, dass die Sonne die äußeren Schichten ihrer Atmosphäre komplett ins All schleudert und nur der heiße, dichte Kern übrig bleibt. Dieser Kern ist nur noch so groß wie die Erde, aber enorm dicht und schwer. In ihm findet keine Kernfusion mehr statt; der Kern kühlt einfach nur noch ab. Das ist ein weißer Zwerg und auch wenn es seltsam klingt, kann es dort trotzdem Planeten und sogar Leben geben.
Zum Beispiel können Planeten, die sich früher weiter entfernt vom Stern befunden haben durch planetare Migration näher an den neu entstandenen weißen Zwerg rücken. Planeten, auf denen es früher zu kalt war, könnten nun in den Genuss ausreichender Wärme kommen, um Leben zu entwickeln. Es können aber auch komplett neue Planeten entstehen! Nach dem Tod eines Sterns bleiben oft “Trümmer” zurück, die den weißen Zwerg umgeben, genauso wie damals vor 4,5 Milliarden Jahren eine Scheibe aus Staub und Gas die junge Sonne umgeben hat. Und genauso wie daraus damals die Planeten entstanden, könnten auch nach dem Tod des Sterns neue Planeten entstehen. Wir kennen zwei solcher Fälle: Zwei Pulsare, ebenfalls Endstadien der Sternentwicklung, werden von Planeten umkreist. Pulsare sind das, was von Sternen übrig bleibt, die schwerer sind als die Sonne. Hier entsteht kein weißer Zwerg, sondern ein noch kleinerer und dichterer Neutronenstern bzw. Pulsar. Und wenn die Planeten haben können, dann auch weißer Zwerge. Bisherige Beobachtungen zeigen, dass bis zu 30 Prozent aller weißen Zwerge von solchen Trümmerscheiben umgeben sein könnten. Und wo es Trümmerscheiben gibt, gibt es vielleicht auch Planeten. Und da die weißen Zwerge sehr, sehr lange brauchen, um komplett abzukühlen, haben die Planeten auch genug Zeit, um Leben zu entwickeln.
Das klingt alles sehr spannend und cool. Planeten, die sich erst nach dem Tod eines Sterns entwickeln! Planeten, die einen toten Stern umkreisen, der nur so groß wie die Erde ist, und auf denen trotzdem Leben existiert. Die Sache hat nur einen Haken: Bis jetzt haben wir keinen einzigen Planeten entdeckt, der auch tatsächlich einen weißen Zwerg umkreist. Aber wenn es so einen Planeten gäbe, dann könnte man dort ziemlich gut nach Biomarkern suchen. Das haben Abraham Loeb und Dan Maoz in ihrem Artikel “Detecting bio-markers in habitable-zone earths transiting white dwarfs” untersucht. Das JWST könnte nach nur fünf Stunden Beobachtung die Signale von Sauerstoff in der Atmosphäre eines Planeten finden, der einen weißen Zwerg umkreist. Das zeigt dieses Bild aus ihrer Arbeit:
Die schwarze Kurve ganz oben zeigt, wie das Licht eines weißen Zwergs aussehen würde, dass durch die Atmosphäre eines Planeten mit Sauerstoff in der Atmosphäre gefiltert wurde. Der Sauerstoff blockiert bestimmte Wellenlängenbereiche des Lichts: das sind die tiefen “Täler” die man besonders ganz rechts und ganz links sehen kann. So sähe es im Idealfall aus, wenn man ein Teleskop mit perfekter Auflösung hätte, das keine Messfehler macht. In der Realität wird man eher etwas messen, dass der zweiten schwarzen Kurve darunter entspricht (eigentlich müssten die Kurven ja übereinander liegen; der Übersicht wegen wurden sie im Bild aber getrennt). Und wenn das JWST das Licht dieses simulierten Sterns messen würde, würde man die rote Kurve erhalten. Die ist nicht mehr so schön wie die ursprüngliche Kurve. Aber man erkennt trotzdem noch deutliche die tiefen Täler, die auf den Sauerstoff hinweisen. Und das alles nach nur 5 Stunden Belichtungszeit – enorm wenig verglichen mit den dutzenden bzw. hunderten Stunden Belichtungszeit, die bei anderen Sternen notwendig wären.
Weiße Zwerge wären also gute Kandidaten, um dort nach Leben zu suchen. Allerdings muss man zuerst mal ein Planeten finden. Bis jetzt kennen wir noch keinen. Aber es sind demnächst ein paar Weltraummissionen geplant – zum Beispiel Gaia – die die Zahl der bekannten weißen Zwerge deutlich erhöhen werden. Und dann erhöht sich auch die Chance, dort Planeten zu finden. Und wer weiß: Vielleicht ist da draußen tatsächlich irgendwo ein Planet, der quasi erst im zweiten Anlauf Leben entwickelt hat und einen toten Stern umkreist. Eine faszinierende Vorstellung…
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