Kepler (das Weltraumteleskop, nicht der Astronom aus dem 17. Jahrhundert) ist ja hauptsächlich dafür da, um neue Planeten zu entdecken. Und das macht das Teleskop auch mit großem Erfolg. Aber es gibt auch noch andere Sachen, die das Teleskop entdecken kann. Denn eigentlich beobachtet es ja “nur” die Veränderung in den Helligkeiten der Sterne. Man kann daraus natürlich die Existenz von Planeten ableiten. Man kann aber auch jede Menge andere Sachen machen und neben seinem Hauptjob hat Kepler deswegen auch noch einige “Hobbies”: Ins Innere der Sterne schauen, zum Beispiel. Oder die Suche nach Dreifachsternsystemen…
Wir wissen, dass die meisten Sterne nicht allein sind. Unsere Sonne ist eine Ausnahme von der Regel (auch wenn prinzipiell die Chance besteht, dass auch sie einen Begleiter hat). Da Sterne aus sehr großen Gaswolken entstehen, haben sie immer auch viele Geschwister. Die Wolken sind groß genug, um dutzende und hunderte Sterne auf einmal entstehen zu lassen und dabei werden häufig Systeme aus zwei oder mehreren Sternen gebildet. Wenn wir die Sterne verstehen wollen, dann dürfen wir uns nicht nur an unserer einsamen Sonne orientieren, sondern müssen auch die vielen Doppel- und Mehrfachsterne berücksichtigen. Denn dort passieren interessante Dinge. Bestimmte Arten von Supernova-Explosionen gibt es nur in Doppelsternsysteme: Wenn ein Stern vor dem anderen stirbt und zu einem weißen Zwerg wird, kann Material das vom noch aktiven Stern zum toten Stern fließt, ihn noch einmal zum Leben erwecken und zu einer gewaltigen Explosion führen. Die Interaktion mehrerer Sterne kann die Bahnen von Planeten in solchen Systemen beeinflussen. Doppelsterne sind für die Existenz hyperschneller Sterne verantwortlich. Und so weiter. Es ist wichtig, Mehrfachsterne zu verstehen – aber dazu muss man sie zuerst einmal finden. Noch kennt man nicht allzu viele. Acrux im Kreuz des Südens ist zum Beispiel ein Dreifachstern und auch der prominente Polarstern besteht eigentlich aus drei Komponenten:
Mehrfachsterne zu finden ist nicht so einfach wie es klingt. Nur weil zwei Sterne am Himmel knapp nebeneinander stehen, muss es sich nicht um einen Doppelstern handeln. Die Sterne können auch tausende Lichtjahre voneinander entfernt sein und nur die Perspektive lässt sie uns als Nachbarn erscheinen. Man muss aufwendige Messungen anstellen, um sicher sein zu können, das es wirklich ein Paar ist. Viele Sterne sind sich außerdem auch viel zu nahe, um sie als die Doppel- oder Mehrfachsterne zu sehen, die sie sind. Man sieht nur einen hellen Punkt, nicht mehr. Und viele helle Sterne haben kleinere, dunklere Begleiter, die kaum zu sehen sind. Und hier kommt Kepler ins Spiel! Denn auch Planeten sind kleine, dunkle Begleiter und die zu finden ist schließlich der Job des Weltraumteleskops.
Kepler beobachtet die Helligkeit der Sterne und wenn die sich periodisch ändert, dann stehen die Chancen gut, dass die Änderungen von einem Planeten verursacht werden. Einem Planeten, der von uns aus gesehen immer wieder vor dem Stern vorbei zieht und dabei ein wenig seines Lichts abblockt. Aber was ein kleiner Planet kann, kann ein großer Stern natürlich viel besser. Wenn zwei Sterne eines Doppelsternsystems sich gegenseitig umkreisen, dann verursachen sie dabei natürlich auch Helligkeitsänderungen. Diese Änderungen sind normalerweise viel deutlicher zu sehen als die winzigen Variationen, die von den Planeten verursacht werden. Kepler kann sie gut beobachten und genau das machen die Wissenschaftler auch.
Sie haben einen Katalog von 2000 dieser “Bedeckungsveränderlicher”, wie der offizielle Name dieser Art von Doppelsternen lautet, zusammengestellt. Diese Sterne wurden mit Kepler beobachtet – denn man wollte noch mehr Sterne finden. Denn bei vielen Doppelsternen hat man ein Problem. Die Doppelsterne sind so nahe beieinander, dass sie unmöglich so entstanden sein können. Denn die Gaswolken, aus denen sie sich gebildet haben, waren viel größer als die Sterne es sind und daher zwangsläufig weiter auseinander. Die Sterne müssen sich erst später nahe gekommen sein. Aber wie? Eine These lautet, dass ein dritter Stern verantwortlich ist. Die gravitativen Störungen dieses dritten Sterns sorgen dann dafür, dass die beiden Sterne immer enger aneinander rücken und so schließlich einen “ultrakompakten Doppelstern” bilden.
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