Es wäre seltsam, wenn das Magnesium nur auf Europas “Hinterseite” existieren würde. Aber das ist halt der Ort, an dem es mit dem Schwefel reagieren kann und wo man dann das Bittersalz im Spektrum sehen kann. Auf der Vorderseite muss es auch Magnesium geben – allerdings ebenfalls nicht in Reinform. Wie das Magnesium dort vorkommt, hängt davon ab, wie die Steine im Ozean aufgebaut sind. Entweder es gibt im Meer dann jede Menge Schwefel oder viel Chlor. Das Magnesium kommt dann entweder als Magnesiumsulfat oder als Magnesiumchlorid vor. Wenn es aber Schwefel wäre, dann müsste man das Magnesiumsulfat überall auf Europa finden können und eben nicht nur auf der “Hinterseite”. Es ist also wahrscheinlich, dass Magnesiumchlorid aus dem Meer an die Oberfläche kommt. Und auf der “Hinterseite” erzeugt die Reaktion mit dem Schwefel von Io dann eben das Bittersalz.
Also: Der Ozean von Europa ist salzig! Er enthält Magnesiumchlorid; ein Magnesiumsalz. Man kann es essen (als E511 ist es in der Lebensmittelherstellung als Zusatz zugelassen und taucht zum Beispiel in Tofu auf). Aber als “Salz” kennen wir normalerweise eher das Natriumchlorid; unser normales Speisesalz. Aber auch das könnte in Europas Meeren vorhanden sein. Denn bei einer früheren Arbeit hatten Brown und seine Studentin Sarah Horst Natrium und Kalium in Europas Atmosphäre gefunden. Die ist zwar enorm dünn, eigentlich kaum vorhanden und entsteht, wenn Strahlung aus dem All auf die Oberfläche trifft und dort einzelne Atome heraus schlägt. Wenn Natrium und Kalium also in der Atmosphäre sind, dann müssen sie auch auf der Oberfläche sein und dann ist es plausibel, dass sie ebenfalls von Salzen aus dem Ozean stammen. In diesem Fall dann eben Natriumchlorid (Speisesalz) oder Kaliumchlorid (E508). Würde man also an Europas Oberfläche lecken, dann würde es in etwa genau so schmecken, wie ein Schluck Meerwasser…
Der Ozean von Europa ist also ein salzhaltiges, warmes Meer. So wie das Meer, in dem das Leben auf der Erde entstanden ist. Das heißt nicht, dass es auch auf Europa Leben gibt. Aber es lässt hoffen! Vor allem weil die neuen Beobachtungen zeigen, dass Ozean und Oberfläche in Verbindung stehen. Es kann also zu chemischen Wechselwirkungen zwischen den Elementen und Molekülen auf der Oberfläche und den Stoffen im Wasser kommen und das erhöht die Chance auf die Bildung komplexer organischer Moleküle, die die Vorläufer von Leben darstellen.
Und fast noch wichtiger ist: Wenn wir Europas Ozean untersuchen wollen, dann müssen wir keine komplizierten Bohrungen anstellen und U-Boote durch den Weltraum schicken. Eine normale Sonde tut es auch, denn wenn wir die zu den richtigen Stellen schicken, können wir die Chemie von Europas Meer direkt an der Oberfläche untersuchen!
Bleibt noch eine Frage: WIE kommt das Wasser denn nun an die Oberfläche? Tja, das weiß man noch nicht. Es könnte Spalten im Eis geben, durch die Wasser aufsteigen kann oder regelrechte Geysire, also Eisvulkanismus, so wie man ihn zum Beispiel auch auf dem Saturnmond Enceladus beobachtet hat. Aber ich bin sicher, dass wir das in nicht allzu ferner Zukunft herausfinden werden. Je mehr wir über Europa erfahren, desto interessanter wird dieser Himmelskörper. Wir werden es uns nicht leisten können, ihn nicht weiter zu erforschen!
P.S. Mike Brown hat selbst auch sehr ausführlich über die Arbeit gebloggt. Hier gehts los.
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