Aber selbst wenn man seine Arbeiten aus welchen Gründen auch immer nicht bei arXiv freigeben will: Wenn man eine Pressemitteilung verfasst und veröffentlicht; wenn man also aktiv die Öffentlichkeit und den Kontakt zu den Medien sucht, dann hat die Originalpublikation auf der die Pressemitteilung beruht, gefälligst ein Teil dieser Pressemitteilung zu sein!
Wenn man will, dass Journalisten über die eigene Forschungsarbeit berichten, dann muss man den Journalisten auch die Möglichkeit geben, die ganze Geschichte zu verstehen und ihnen nicht nur eine fertig formulierte Pressemitteilung vorsetzen. Und zur ganzen Geschichte gehört eben auch die Originalpublikation. Und wenn man die Publikation nicht öffentlich machen will oder darf, weil das Journal so etwas verbietet, dann muss man eben auf eine Pressemitteilung verzichten oder sich ein anderes Journal suchen!
Ich habe jetzt lange genug gemeckert und meiner Meinung nach durchaus zu Recht. Aber es gibt natürlich auch positive Beispiele. Wie gesagt, sehr, sehr viele Wissenschaftler geben ihre Artikel schon seit langem bei arXiv frei. Und es gibt auch viele wissenschaftliche Einrichtungen, die bei ihren Pressemitteilungen immer darauf achten, möglichst viele zusätzliche Informationen, inklusive der Originalpublikation, zur Verfügung zu stellen.
Das bis jetzt beste, was mir in der Hinsicht begegnet ist, ist das Informationsportal des Chandra-Weltraumteleskops. Chandra wird von der NASA betrieben und die Homepage des Teleskops ist äußerst professionell. Wenn dort eine neue Pressemitteilung veröffentlicht wird, dann ist das nicht einfach nur ein Text mit ein paar Bildern. Man bekommt eine sehr übersichtliche Seite präsentiert, die einem wirklich genau das sagt, was man wissen will (und oft auch das, von dem man noch gar nicht wusste, dass man es wissen will).
Gerade wenn es um Astronomie geht, gibt es ja immer ein paar grundlegende Fakten, die vor allem die Öffentlichkeit interessant findet, die Wissenschaftler selbst aber nicht so sehr, weswegen sie in der Öffentlichkeitsarbeit fehlen. Wie weit weg ist der Stern/die Galaxie? Wie groß ist das Objekt? Wo am Himmel ist das? Schaut das wirklich so aus wie auf dem Foto? Genau diese Fragen bekommt man bei Chandra gleich zu beginn beantwortet. Besonders schön ist auch die Menüleiste unter dem Bild. Die meisten astronomischen Bilder sind Kombinationen in verschiedenen Wellenlängenbereichen; viele davon nicht für das Auge sichtbar (das gilt besonders bei Chandra, ein Röntgenteleskop). Das, was man auf den Bilder sieht, kann man “in echt” so nicht sehen. Bei Chandra kann man sich genau ansehen, wie das Bild zusammengesetzt ist und sich mit einem simplen Klick zum Beispiel nur das sichtbare Licht anzeigen lassen oder nur die Röntgenstrahlung.
Die eigentliche Meldung bei Chandra ist ebenfalls schön übersichtlich gehalten; zusammen mit Infos über Bilder oder andere Informationsquellen am Rand.
Und am Ende gibt es nochmal all die detaillierten Informationen, die man vielleicht haben möchte. Die genaue Größe des Bildes. Die Belichtungszeit. Die Koordinaten, das Aufnahmedatum und das Instrument. Es wird nochmal grafisch zusammengefasst, wie weit entfernt sich das fragliche Objekt befindet und in welchen Wellenlängen es beobachtet wurde. Und natürlich eine Referenz zur originalen Forschungsarbeit mit Link zur Quelle!
Die Homepage von Chandra entspricht meiner Meinung nach fast dem Idealbild einer Pressemittteilung bzw. einer Kommunikation mit der Öffentlichkeit. Was das angeht ist aber die NASA generell ziemlich gut. Auch das Hubble-Teleskop hat eine eigene Seite. Auch hier gibt es die Infos sehr übersichtlich; wenn auch vielleicht nicht ganz so schön aufgemacht wie bei Chandra:
Aber auch hier gibt es alle Detailinformationen die man haben möchte und auch hier gibt es natürlich einen Link zur originalen Forschungsarbeit!
Was Öffentlichkeitsarbeit angeht, kann Europa noch viel von Amerika lernen. Aber auch in Europa gibt es Organisationen, die sehr gute und gut aufbereitete Pressemitteilungen verbreiten. Besonders gut macht das die Europäische Südsternwarte (ESO). Bei der ESO gibt es etwas, dass es bei der NASA nicht gibt: Hier gibt es Übersetzungen in andere Sprachen!
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