Das Weltraumteleskop Kepler hat zwei neue extrasolare Planeten entdeckt, die angeblich “lebensfreundlich” sein sollen. Ein spannende Entdeckung und viele Leute fragen mich, was ich dazu sage und wann ich dazu einen Artikel schreibe. Weil es wirklich sehr viele sind, gibt es meine Antwort als kurze Notiz hier im Blog: Ich werde gar keinen Artikel dazu schreiben (habe aber für die, die meine Meinung wissen will, am Ende des Artikels zumindest kurz gesagt, was ich von der Entdeckung halte).
Es tut mir wirklich sehr leid. Ich weiß, dass das Thema enorm spannend ist. Extrasolare Planeten waren ja auch mein Forschungsgebiet als ich selbst noch aktiver Astronom war und ich schreibe im Blog viel und gerne über dieses Thema (zum Beispiel hier). Aber gerade weil ich mich auf dem Gebiet gut auskenne, möchte ich nicht einfach nur die Pressemitteilung abtippen, so wie es viele andere Zeitungen tun. Ich würde gerne die wissenschaftliche Facharbeit zur Entdeckung lesen um zu wissen, was da wirklich passiert ist. Der Artikel über die Entdeckung ist aber leider in der Zeitschrift Science publiziert worden und dort kann man die Artikel nur kostenpflichtig lesen.
Ich weiß. Es wäre nicht schwer, an den Artikel zu kommen. Ich könnte irgendjemanden an einer Uni fragen, die sich ein Science-Abo leistet. Ich könnte ein paar der beteiligten Wissenschaftler fragen, die ich auch persönlich kenne, und sie bitten, mir den Artikel zu schicken. Aber darum gehts nicht. Es geht darum, dass solche Artikel für alle frei verfügbar sein sollten. Nicht nur für Universitätsmitarbeiter oder ausgewählte Journalisten. Ich habe das sehr ausführlich in meinem Artikel “Wie man als Blogger an Informationen über wissenschaftliche Forschung kommt und wie man daran gehindert wird” ausführlich beschrieben (und bevor ihr darüber schimpft, dass ich nichts über die neuen Exoplaneten schreibe, lest bitte diesen Artikel). Ich habe mich damals entschieden, nicht mehr über wissenschaftliche Arbeiten zu bloggen, wenn diese Arbeiten nicht für alle frei zugänglich sind.
Und daran halte ich mich, auch wenn es schwer fällt, weil das Thema wirklich interessant ist. Aber gerade weil es interessant ist, wäre es wichtig gewesen, die Journalisten bzw. alle anderen Leserinnen und Leser der Pressemitteilung mit den notwendigen Informationen auszustatten. Es wurde schon so oft die Entdeckung der “zweiten Erde” verkündet (zum Beispiel hier, hier, hier, hier hier oder hier), dass man da durchaus ein wenig skeptisch sein sollte und nicht einfach nur das wiederholt, was die verständlichweise etwas subjektive und aufgeregte Pressemitteilung verkündet. Kepler hat zwei Planeten entdeckt, die vermutlich die richtige Größe und den richtigen Abstand vom Stern haben, damit dort angenehme Temperaturen existieren können. Vielleicht. Wenn die Dichte der Planeten stimmt – die Kepler aber nicht messen kann, weil das Teleskop nur die Größe der Planeten bestimmen kann aber nicht die Masse. Wenn die Atmosphäre richtig ist, die Kepler aber nicht messen kann, weil man kein direktes Licht der Planeten enthält. Und so weiter. Da sind noch so viele offene Fragen und ich hätte gern gewusst, wie und ob sie von den Entdeckern der Planeten beantworten werden. Es soll sich ja um “Wasserplaneten” handeln, also Planeten die komplett von einem Ozean bedeckt sind. Aber auch dafür gibt es nur Modellrechnungen, die aber immerhin öffentlich sind. Die Atmosphärenmodelle von Lisa Kaltenegger und ihren Kollegen sind zwar interessant aber mit Sicherheit nicht verbindlich! Das steht so auch in ihrem Artikel; dort wird auch extra darauf hingewiesen und erklärt wie man mit zukünftigen Teleskopen vielleicht die Prognosen der Modelle bestätigen oder falsifizieren kann.
Ich würde mir wünschen, dass Wissenschaftler aufhören, ihre Entdeckungen in kostenpflichtigen Journalen veröffentlichen, die nicht für alle zugänglich sind (und ich weiß, dass diese Entscheidung nicht immer bei den Wissenschaftlern selbst liegt). Die meisten Astronomen werden von der Öffentlichkeit bezahlt, ebenso die meisten Instrumente wie zum Beispiel das Kepler-Teleskop. Der Staat, der diese Gelder vergibt, sollte darauf achten, dass die damit gewonnenen Ergebnisse so publiziert werden, dass die Öffentlichkeit auch Zugriff darauf hat. Stattdessen muss man nochmal Geld ausgeben, um die Forschungsergebnisse zurück kaufen und die Artikel lesen zu können. Das ist absurd; genau so wie die Praxis, Pressemitteilungen über angeblich dramatischen Ergebnissen zu veröffentlichen, ohne die zu Grunde liegenden wissenschaftlichen Arbeiten ebenfalls öffentlich zugänglich zu machen.
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