Albert Einstein hat immer noch Recht. Seine allgemeine Relativitätstheorie (ART) hat bis jetzt jede experimentelle Überprüfung bestanden (und die spezielle natürlich auch). Die ART beschreibt, wie Massen Raum und Zeit verformen. Und sie erklärt, die sich Körper in der verformten Raumzeit verhalten und dadurch einer Kraft zu unterliegen scheinen, die wir Gravitation nennen. Bis jetzt haben unserer Beobachtungen immer genau das gezeigt, was Einstein vorher gesagt hat. Besonders interessant sind Fälle, bei denen es um sehr starke Gravitationskräfte geht. Vielleicht stimmt ja die ART in diesen Extremfällen nicht mehr? Um das prüfen zu können, muss man diese Ausnahmebeispiele aber erst mal finden. Das ist Wissenschaftlern kürzlich wieder mal geglückt.
John Antoniadis vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn und seine Kollegen haben einen Neutronenstern gefunden. Das ist an sich nicht unbedingt weltbewegend. In diesem Fall war es aber nicht nur der bisher schwerste Neutronenstern, den man kennt, sondern auch einer, der in engem Abstand von einem weißen Zwerg umkreist wird (“A Massive Pulsar in a Compact Relativistic Binary”).
Sowohl weiße Zwerge als auch Neutronensterne sind das, was am Ende eines Sternenlebens übrig bleibt. Leichte Sterne, so wie unsere Sonne, blähen sich am Schluss nur ein bisschen auf und stoßen die äußeren Schichten ihrer Atmosphäre ab. Zurück bleibt dann nur der dichte, innere Kern, ungefähr so groß wie die Erde. Das ist der weiße Zwerg. Bei schwereren Sternen geht es aber noch weiter. Ihr Kern ist so schwer, dass er unter seinem eigenen Gewicht weiter kollabiert. Der enorme Druck sorgt dafür, dass die Elektronen der Atome regelrecht in die Atomkerne gequetscht werden und so eine kompakte Masse aus Neutronen entsteht, die nur etwa 20 Kilometer groß ist. So ein Neutronenstern wiegt dann aber immer noch so viel wie ein ganzer Stern! Ein typischer Neutronenstern hat eine Masse von 1,4 Sonnenmassen – das ist auch die Untergrenze seiner Masse. Er kann aber auch schwerer werden; bis zu 3 Sonnenmassen schätzt man.
Antoniadis und seine Kollegen haben sich den Pulsar PSR J0348+0432 mit dem Very Large Telescope der europäischen Südsternwarte ESO ganz genau angesehen. Ein Pulsar ist übrigens auch nichts anderes als ein Neutronenstern, der rotiert und dessen Strahlung uns daher in regelmäßigen Abständen erreicht. Die Astronomen waren aber vor allem am weißen Zwerg interessiert. Sie haben untersucht, wie schnell er sich genau um den Pulsar bewegt und konnten daraus die Massen der beiden Körper ziemlich genau bestimmen. Der weiße Zwerg braucht 2,46 Stunden für einen Orbit, hat eine Oberflächentemperatur von 10100 Kelvin und wiegt 0,17 Sonnenmassen (also ungefähr 180 Mal so viel wie der Jupiter). Der Pulsar dagegen hat ganze 2 Sonnenmassen und ist damit der schwerste bisher bekannte Pulsar!
Das macht das System zu einem guten Testgelände für die Allgemeine Relativitätstheorie. Denn ein so schwerer Neutronenstern muss extreme Effekte hervor rufen. Zwei Sonnenmassen, komprimiert auf 20 Kilometer, dicht umkreist von einem ebenfalls enorm dichten weißen Zwerg! Die Verformungen der Raumzeit müssen extrem sein und vielleicht sind sie so extrem, dass die ART versagt? Das wollten Antoniadis und seine Kollegen prüfen und haben den Pulsar nochmal mit Radioteleskopen beobachtet.
Albert Einsteins Theorie sagt vorher, dass sich die Umlaufzeiten der Himmelskörper ganz langsam ändern sollten. Das liegt an den Gravitationswellen, die entstehen, wenn sich zwei so massive Objekte umkreisen (siehe dazu hier oder hier). Sie verlieren Energie, kommen einander näher und der veränderte Orbit liefert eine veränderte Umlaufzeit. Antoniadis und seine Kollegen konnten die Pulsationen und damit auch die Rotation des Pulsars so genau messen, dass sie eine Änderung in der Umlaufzeit von einem Achtmillionstel einer Sekunde pro Jahr registrieren würden. Das war genau die Größe des Effekts, den die ART vorhergesagt hatte und es war auch exakt das, was man gemessen hatte.
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