Mit dem Eurovision-Songcontest habe ich normalerweise nicht viel zu tun. Nur im Jahr 2010 habe ich mich ein wenig intensiver damit auseinandergesetzt. Denn da ist Deutschland mit einem Lied angetreten, das sich mit astronomischen Problemen beschäftigt. Und wenn “Satellite” von Lena auch ein paar Schwächen in der Himmelsmechanik hatte und die Details des Satelliten-Kühlsystems eher ungenügend ausgearbeitet waren, gewann das Lied den Wettbewerb doch mit großen Vorsprung! In Europa scheint also ein Bedarf an Liedern über Astronomie zu bestehen. Unverständlicherweise hat man diesen Bedarf in den folgenden Jahren ignoriert und die Lieder des Songcontest handeln weiterhin nur von Liebe und ähnlich unwissenschaftlichen Kram! Niemand traut sich mehr, über Astronomie zu singen. Ich habe mir die Texte der diesjährigen Teilnehmer angesehen – in der Hoffnung, dass diesmal ein paar vernünftige astronomische Lieder dabei sind…
Österreich und der Songcontest sind keine großen Freunde. Der einzige Sieg stammt aus dem Jahr 1966 (dank Udo Jürgens). Dafür hat man es gleich fünfmal geschafft letzter zu werden, dreimal davon mit Null Punkten. Der letzte halbwegs erfolgreiche Auftritt fand im Jahr 2003 statt, als der Kabarettist Alf Poier Platz 6 belegte. Seitdem landete Österreich auf den Platz 21 (von 24), Platz 20 (von 25), Platz 27 (von 28), Platz 18 (von 25) und letztes Jahr nochmal Platz 18 (von 18). Aber hat man daraus irgendwas gelernt? Hat man irgendwann in den vergangenen 10 Jahren in Betracht gezogen, ein paar Astronomen zu konsultieren? Nein, hat man nicht! Man hat Natália Kelly mit dem Lied “Shine” nach Schweden geschickt. Das klingt zwar zuerst vielversprechend: Vielleicht singt sie ja über die Sterne, die Nachts am Himmel scheinen. Aber ein Blick auf den Text zeigt schnell, dass man sich hier über vernünftige astronomische Beobachtungsbedingungen absolut keine Gedanken gemacht hat:
“Look up to the starlit sky, reignite the fire”
Liebe Frau Kelly, wenn sie ein Feuer anzünden, können sie auf den Sternenhimmel schauen, so lange sie wollen: Sie werden nichts sehen! Für astronomische Beobachtungen muss es dunkel sein. Kein Wunder, dass so ein absurdes Lied schon im Halbfinale ausgeschieden ist!
Leider enttäuscht auch Deutschland. Nach dem Erfolg von “Satellite” bestand ja durchaus Hoffnung, dass man das astronomische Potential in den Texten der nächsten Jahre voll ausschöpft – aber diese Hoffnung wurde enttäuscht. Dieses Jahr tritt Cascada mit dem Lied “Glorious” an. Ich gebe dem Titel keine große Chance. Man hätte vorher doch noch lieber mal in ein Physikbuch schauen sollen, um grobe textliche Fehler wie das hier zu vermeiden:
“Now’s the time, we’re running at the speed of light
I’ll meet you on the other side
Every time I close my eyes”
Mit der Geschwindigkeit des Lichts laufen… Meine Güte. Hat da niemand Ahnung von Einsteins spezieller Relativitätstheorie? Relativistischer Massenzuwachs und so? Um massereiche Objekte auf Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen ist unendlich viel Energie nötig. Und bei Cascada und ihrem Laufpartner wird es sich sicherlich nicht um masselose Elementarteilchen handeln. Und dann macht sie auch noch die Augen zu! Wie soll man da vernünftige astronomische Beobachtungen machen können? Nein, dieses Lied ist völlig unzureichend. Deutschland kann froh sein, dass es immer fix für das Finale qualifiziert ist. Aber weit wird man mit “Glorious” nicht kommen.
Leider machen es auch die anderen Länder nicht viel besser. Die meisten ignorieren die Astronomie sowieso völlig komplett. Und die paar Länder, die sich mit Astronomie beschäftigen, machen dabei jede Menge Fehler. Zum Beispiel Irland. Da singt Ryan Dolan das Lied “Only Love Survives”:
“But in our darkness hour, right before the dawn
The old world dies, the new day is born”
Das ist natürlich Unsinn. Der neue Tag beginnt laut Definition immer um Mitternacht. Also immer mitten in der Nacht, nicht kurz vor der Morgendämmerung! Und es geht noch viel schlimmer weiter:
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