Erinnert sich noch jemand an den Meteor, der im Februar über Russland explodiert ist. Der war ja zumindest aus der Sicht der Medien schon am nächste Tag wieder vergessen. Dabei hat sich natürlich an den grundlegenden Fakten nichts geändert. Im All gibt es immer noch jede Menge Asteroiden. Und es ist immer noch sehr unwahrscheinlich, dass uns ein riesiger Asteroid alle umbringt. Aber am Potential der Asteroiden, kleine und große Katastrophen auf der Erde anzurichten, hat sich nichts geändert. Das war vor dem russischen Meteor genauso wie danach. Ich hatte gehofft, dass die recht eindrückliche Demonstration von Tscheljabinsk die öffentliche Wahrnehmung ein wenig geändert hätte, aber das scheint nicht der Fall zu sein. Aus den Augen, aus dem Sinn…
Aber zumindest die Wissenschaftler interessieren sich weiter für die Asteroiden und übermorgen ergibt sich wieder eine gute Möglichkeit, mehr zu lernen. Wir kennen zwar jede Menge dieser Kleinkörper und haben schon ein paar hunderttausend von ihnen entdeckt. Aber alles was wir von ihnen kennen, ist die Bahn auf der sie sich bewegen und alles was wir von ihnen gesehen haben, ist ein winziger Lichtpunkt auf dem Computerbildschirm. Asteroiden sind viel zu klein und zu weit weg, um Details auf ihrer Oberfläche zu erkennen oder auch nur ihre Form. Gerade mal eine Handvoll Asteroiden wurden von Raumsonden aus der Nähe betrachtet. Das liegt daran, dass es teuer ist, eine Sonde ins All zu schicken und man die Asteroiden einzeln besuchen muss (auch wenn man das in Science-Fiction-Filmen oft sieht, sausen die nicht in dichten Schwärmen durchs All…).
Aber man kann auch warten, bis ein Asteroid zu uns kommt. Im Idealfall nicht direkt zu uns; das wäre eher unerfreulich. Aber wenn er auch nur halbwegs nahe an der Erde vorbeifliegt, kann man ihn vernünftig beobachten. Nicht mit optischen Teleskopen – wenn es sich nicht zufällig um einen wirklich riesigen Asteroiden handelt, sieht man auch hier meistens nicht mehr als nur einen Lichtpunkt. Aber man kann Radioteleskope benutzen. Der Asteroid sendet zwar keine Radiostrahlung aus, aber er kann sie reflektieren. Man schickt also Radiowellen von der Erde in Richtung des Asteroiden aus und detektiert dann die reflektierten Strahlen. Die kommen aber nicht gleichzeitig an, denn dort wo sie früher auf den Asteroiden treffen, weil sich dort zum Beispiel gerade eine Erhebung befindet, werden sie auch früher reflektiert. Mit dieser Technik kann man also ein “Radarbild” des Asteroiden erstellen, das uns einiges über seine Zusammensetzung verraten kann.
Eine großartige Gelegenheit für seine Beobachtung gibt es übermorgen. Da kommt der Asteroid 1988 QE2 zu Besuch. Keine Angst, er fliegt in 5,8 Millionen Kilometer Entfernung an der Erde vorbei fliegen – das ist die 15fache Entfernung zwischen Erde und Mond! Der Asteroid ist ungefähr 2,7 Kilometer groß. Das ist schon ein ordentlicher Brocken, knapp neun Mal so lang wie das große Schiff Queen Elizabeth 2 (QE2), wie in der Pressemitteilung der NASA vermeldet wird. Der Name des Asteroiden hat aber nichts mit dem Schiff zu tun (auch wenn auf manchen Seiten im Internet zu lesen ist, man hätte ihn so genannt, weil er dem Schiff so ähnlich sieht). Das “QE2” bezieht sich auf den Entdeckungszeitpunkt. Der volle Name lautet ja 1998 QE2 und das bedeutet, dass der Asteroid im Jahr 1998 entdeckt wurde. Das “Q” besagt, dass er in der zweiten Augusthälfte dieses Jahres gefunden wurde (“A” ist die erste Januarhälfte, “B” die zweite Januarhälfte, und so weiter – das “I” lässt man aus). Danach wird einfach durch”nummeriert”, allerdings vorerst mit Buchstaben. Der erste Asteroid der in der zweiten Augusthälfte des Jahres 1998 entdeck wurde, heißt 1998 QA, der zweite 1998 QB, und so weiter (wieder lässt man das “I” aus). Nach 1998 QZ folgt 1998 QA1, dann kommt 1998 QB1, und so weiter. 1998 QE2 ist also der 55. Asteroid, der in der zweiten Augusthälfte des Jahres 1998 entdeckt wurde.
In den nächsten Tagen wird der Asteroid von der Goldstone-Antennenanlage in Kalifornien beobachtet werden. Es sollten sich dabei Oberflächendetails von bis zu 3,75 Meter auflösen lassen! Wer zufällig keine 70-Meter-Radarantenne zu Hause hat, kann es aber auch mit einem optischen Teleskop versuchen (man sollte sich allerdings nicht zu weit im Norden befinden, je weiter im Süden man ist, desto höher steht der Asteroid am Himmel). Der Asteroid wird mit freiem Auge nicht zu sehen sein, er hat nur eine Helligkeit von 12 Magnituden; ist also selbst mit einem guten Teleskop eine Herausforderung. Wenn ihr wissen wollt, wo er am Himmel vorbei fliegt, schaut euch dieses Video hier an (am Ende gibt es Karten vom Himmel mit Positionsangaben):
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