Die besten Belege für die Existenz der dunklen Materie stammen aus der Beobachtung der kosmischen Hintergrundstrahlung – das war das Thema von Folge 6 meiner Serie über dunkle Materie. Was die komische Hintergrundstrahlung ist und wie der Satellit Planck sie gemessen hat, zeigt die Videoreihe “SixytSymbols” hier noch einmal sehr schön:

Kommentare (20)

  1. #1 anmasijo
    24. Juni 2013

    Was ich nicht ganz nachvollziehen kann: wenn diese leichten Ungleichmäßigkeiten des Inflatonfelds die Ursache sind für die hier dargestellten Dichte-/Temperaturschwankungen in der Hintergrundstrahlung, wie können diese sich von t = Bruchteile von Sekunden bis t = 380.000 Jahre nach dem Urknall in diesem als doch als äußerst gleichmäßig beschriebenen Plasma erhalten haben?

  2. #2 2xhinschauen
    24. Juni 2013

    @anmasijo
    Statistik! Der Zustand exakt gleichmäßiger Verteilung der Partikel im Raum ist nur einer von unendlich vielen Möglichkeiten der Verteilung. Und bei sich individuell bewegenden Partikeln auch absolut instabil. Sehr unwahrscheinlich also.

  3. #3 Strudel
    24. Juni 2013

    Ich denke die Ausdehnung ging zu schnell, so dass es zu keinem Ausgleich zwischen den unterschiedlich dichten Gebieten kommen konnte.

  4. #4 Steffmann
    24. Juni 2013

    @2xhinschauen:

    @anmasijo
    Statistik! Der Zustand exakt gleichmäßiger Verteilung der Partikel im Raum ist nur einer von unendlich vielen Möglichkeiten der Verteilung. Und bei sich individuell bewegenden Partikeln auch absolut instabil. Sehr unwahrscheinlich also

    Absolut richtig. Der Grundzustand jedes Universums ist eben nicht Ordnung, sondern das Gegenteil. Chaos. Dass wir dennoch in einem Universum leben, in dem grösstenteils “Ordnung” herrscht, ist ein riesiger Zufall. Dass die Erde so ist, wie sie ist, ein noch grösserer.

    Aber dass heisst nicht, das in anderen Universen dieselbe Ordnung gilt. Und da die Inflation ein Ereignis ist, dass nie aufhört, haben sich unendliche viele Universen gebildet (Blasenuniversen).

  5. #5 Alderamin
    24. Juni 2013

    @Strudel

    Genau richtig. Ein Ausgleich war nur über einen Winkelabstand von 1° am Himmel möglich – so groß erscheinen 380000 Lichtjahre in der Hintergrundstrahlung. Daher die hohe Spitze bei 1° im Leistungsspektrum der Hintergrundstrahlung. Alles darüber hinaus muss sich vor der Inflationsphase in der Temperatur angeglichen haben.

  6. #6 2xhinschauen
    25. Juni 2013

    @Steffmann
    Danke. Aber… also ich will ja keine Glaubensdebatte auslösen, aber ist die Idee vom Multiversum, so intelligent und reizvoll ich sie finde, wirklich mehr als eine … nun ja, im umgangssprachlichen Sinne: Theorie? Oder im naturwissenschaftlichen Sinne: Ist sie testbar?

    @Alderamin: Ich habe seit WMAP versucht, die Sache mit dem Winkelleistungsspektrum des CMB und damit *die* Ergebniskurve von WMAP und Planck zu verstehen. Hast Du einen Link, der genau das erklärt, was Du da gerade in vier Zeilen hingeworfen hast? So auf dem Niveau “Oberstufenphysik, ein paar Bücher und ein paar Jahre Sterne und Weltraum“? Ewiger Dank.

  7. #7 Alderamin
    26. Juni 2013

    @2xhinschauen

    Einen Link habe ich nicht (kannst ja selbst mal suchen…) außer Florians Artikel.

    Die Idee des Graphen ist die folgende: Man betrachtet die mittlere Korrelation der Temperaturen der Hintergrundstrahlung über alle Punkte mit einem gewissen Winkelabstand und trägt diese über dem Winkelabstand auf (oder dem Multipol-Moment: man kann den Himmel in zwei Hälften zerlegen, dann hat man 2 Pole mit 180°-Abstand, oder in 4 Pole (Ecken eines Tetraeders) mit 109° oder 8 Pole (Ecken eines Würfels) mit 70° Abstand etc. etc., was also gleichbedeutend mit gewissen Winkelabständen ist; weiß nicht, warum diese Darstellung so populär ist).

    Dort, wo die Korrelation groß ist, findet man Peaks. Man kann nun z.B. ausrechnen, dass sich bei einem Alter von 380000 Jahren eine mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitende Wirkung seit dem Urknall nur 1° weit am Himmel hat fortpflanzen können, weil dies 380000 Lichtjahren Entfernung entspricht. Und bei 1° findet man einen Peak, d.h. Bereiche mit 1° Abstand haben sich über Strahlung austauschen können. Bereiche, die weiter getrennt sind, sind unkorreliert – hier sind keine Abhängigkeiten in der Temperatur feststellbar, sondern die Schwankungen sind völlig zufällig.

    Daraus folgt dann z.B. dass das Universum flach sein muss, weil sich ein Winkelabstand von 1° für 380000 Lichtjahre quer zur Sichtlinie genau dann ergibt, wenn der Raum insgesamt keine Netto-Krümmung aufweist. Außerdem, dass der Temperaturausgleich auf 2,7 K schon vor der heutigen, langsamen Expansion stattgefunden haben muss, denn die Temperatur ist über weit mehr als 1° in erster Näherung konstant. Weiterhin kann man auf die Teilchendichte schließen (wenn ich das richtig verstanden habe; jedenfalls kennt man die Temperatur der Rekombination und hat ein absolutes Maß für die Größenskala).

    Die kleineren Peaks sagen wohl auch gewisse Dinge aus, aber da kenne ich mich nicht mit aus. Insgesamt bestätigt die Kurve aber weitgehend das Lambda-CDM-Modell der einfachsten Form mit 6 Parametern.

  8. #8 Spritkopf
    26. Juni 2013

    Einen Link könnte man vielleicht nennen: Mein Lieblingsvideo, welches die Sache nicht nur gut erklärt (finde ich), sondern weil Lawrence Krauss auch amüsant vorträgt. Dauert zwar eine Stunde, aber die lohnt sich.

  9. #9 2xhinschauen
    26. Juni 2013

    @Spritkopf @Aldemarin
    Danke. Wird Wochenende dass ich das studiere. Zwischenfrage zu “die mittlere Korrelation der Temperaturen” Was das beige-gefleckte Oval der Planckmission zum Ausdruck bringt, habe ich m.E. verstanden, jedenfalls habe ich es sogar bei mir an die Wand gehängt (wo voher das grüne WMAP-Bild hing). Total faszinierend, was man daraus schlussfolgern kann. Was aber ist mit “Korrelation” der Temperaturen gemeint? Gleichheit? Also ist kein Fleck gleicher “Farbe” (Temperatur) kleiner als 1 Grad?

  10. #10 Alderamin
    29. Juni 2013

    @2hinschauen

    Korrelation bedeutet, dass zwei Prozesse statistisch miteinander verknüpft sind (bzw.erscheinen, das kann die Statistik nicht entscheiden). Wenn z.B. immer dann die Blätter von den Bäumen fallen, sobald die Temperatur im Herbst abnimmt, dann sind beide Prozesse anscheinend korreliert (die Ursache kann aber auch an der Tageslänge liegen; bzw. ist die Tageslänge wiederum mit der mittleren Temperatur korreliert).

    Im Falle der Hintergrundstrahlung betrachtet man keinen Prozess über die Zeit, sondern über den Winkelabstand. Man kann betrachten, ob eine Temperaturerhöhung gegenüber dem Mittelwert in einem bestimmten Winkelabstand eher mit einer Temperaturerhöhung an diesen Orten einhergeht, oder ob es keinen Zusammenhang gibt. Wenn man das Ergebnis für alle Orte mittelt, erhält man den von mir in #5 verlinkten Graphen. Bis zu einem Grad Winkelabstand findet man noch eine große Korrelation in den Temperaturabhängigikeiten – es hat also offenbar die Möglichkeit eines Temperaturaustauschs stattgefunden. Darüber hinaus nicht – diese Orte haben sich in der Zeit seit dem Urknall (nach der kurzen Inflationsphase bis zum Zeitpunkt, aus dem die Hintergrundstrahlung stammt, 380000 Jahre später) so schnell voneinander entfernt, dass das Licht die Strecke noch nicht überwinden konnte. Dass die Temperatur dennoch über den gesamten Himmel im Großen und Ganzen gleich ist zeigt, dass ein Ausgleich vorher stattgefunden haben muss. Vor einer vermuteten Inflationsphase oder (auch solche Hypothesen gibt es) in einem Vorgängeruniversum.

  11. #11 Alderamin
    29. Juni 2013

    @2xhinschauen

    Also ist kein Fleck gleicher “Farbe” (Temperatur) kleiner als 1 Grad?

    Im Gegenteil, keiner ist größer als 1° (im Rahmen der Statistik, die immer mal Ausreißer erlaubt). Wobei eine Korrelation nicht “Gleichheit” bedeutet, sondern nur eine gemeinsame Tendenz (mehr bzw. weniger als die Durchschnittstemperatur an korrelierten Orten), also bedeutet “gleiche Farbe” nur tendenziell den gleichen Farbton. Die genaue Abstufung der Farbskala ist ja dem Designer der Karte überlassen.

  12. #12 2xhinschauen
    30. Juni 2013

    @Alderamin
    Danke für die Mühe und die Zeit! Deinen Text versteh ich komplett – auf meinem Niveau und mit dem angelesenen Vorwissen – jedenfalls gut genug, um es Leuten mit eigenen Worten plausibel erklären zu können, die sich nicht so mit Wissenschaft befassen und in der Tages- oder Publikumspresse über diese Meldungen stoßen. Macht Spaß, weil man sich dabei ja auch selbst sortieren und auf Fragen reagieren können muss.

    Meine Grenzen finde ich dann gelegentlich bei Sätzen wie diesen (das liegt aber an mir):

    Man kann betrachten, ob eine Temperaturerhöhung gegenüber dem Mittelwert in einem bestimmten Winkelabstand eher mit einer Temperaturerhöhung an diesen Orten einhergeht, oder ob es keinen Zusammenhang gibt.

    Bauz. Die Schlussfolgerung ist mir klar, die Methode der Datenauswertung nicht. Mach Dir nix draus 😀

  13. #13 Alderamin
    1. Juli 2013

    @2xhinschauen

    Die Schlussfolgerung ist mir klar, die Methode der Datenauswertung nicht.

    Na ja, das geht dann halt über den empirischen Korelationskoeffizienten. Das ist eine Zahl zwischen -1 und +1, die angibt, wie stark zwei Prozesse korreliert sind. Ist der Wert +1, dann tut der eine Prozess zu einer bestimmten Zeit (oder an einem bestimmten Ort, wenn das der Iterationswert ist) genau das, was der andere tut (bis auf einen konstanten Faktor). Beim Wert -1 sind die beiden negativ korreliert, der eine tut jeweils genau das Gegenteil des anderen, immer im Gegentakt. Bei 0 kann man aus dem Verhalten des einen Prozesses nichts über den anderen aussagen, sie tun völlig unabhängige Dinge.

    Der empirische Korrelationskoeffizient ist definiert als der Mittelwert des Produkts der Abweichungen beider Prozesse von ihren jeweiligen Mittelwerten zu gleichen Zeiten, dividiert durch das Produkt der einzelnen Standardabweichungen (wodurch das Ergebnis auf einen Betrag kleiner oder gleich 1 normiert wird).

    Wenn man die Formel in der Wikipedia anschaut, sieht man, dass +1 herauskommen muss, wenn man zwei identische Prozesse einsetzt (y(i) durch x(i) ersetzen). Es kommt aber auch +1 heraus, wenn y(i) – y(quer) immer die Hälfte von x(i) – x(quer) ist, denn dann wird der Zähler halb so groß, die Standardabweichung von y(i) aber auch, was sich herauskürzt. Die Prozesse hängen dann linear zusammen.

    Hängen die Prozesse überhaupt nicht zusammen, dann mitteln sich die Produkte der Abweichungen hingegen zu 0 weg: für jede gleichzeitige Abweichung beider Prozesse vom Mittelwert nach oben gibt es irgendwann auch einmal einen Zeitpunkt, wo die Prozesse mit dem gleichen Produkbetrag, aber umgekehrtem Vorzeichen vom Mittelwert abweichen, was sich dann zu 0 wegaddiert. Der Korrelationskoeffizient ist dann 0. Gibt es hingegen eine gewisse Tendenz, dass der eine Prozess öfters dem anderen folgt, als das Gegenteil zu tun (oder bei negativer Korrelation: öfters das Gegenteil zu tun, als dem Prozess zu folgen), dann mittelt sich die Summe nicht weg und die Prozesse sind korreliert.

    Nun kann man sich noch fragen, welche zwei Prozesse man denn bei der Hintergrundstrahlung betrachtet, es ist doch eigentlich nur ein Prozess. Richtig, wenn man einen Prozess mit sich selbst zu verschiedenen Zeiten (bzw. bei der Hintergrundstrahlung an verschiedenen Orten) vergleicht, dann spricht man von der Autokorrelation. Dann ist der Prozess y(i) halt einfach definiert als x(i-k) mit einem festen Abstand k. x(i) ist mit sich selbst stets voll korreliert, aber mit x(i-1) schon nicht mehr so stark, mit x(i-2) noch weniger etc. (es sei denn, der folgende Wert der Folge ist bereits komplett unabhängig, z.B. aufeinander folgende Münzwürfe, da sind x(i) und x(i-1) schon komplett unkorreliert: der vorherige Münzwurf sagt nichts über den folgenden aus; nicht komplett unkorreliert ist hingegen die beispielsweise mittlere Tagestemperatur: die Chance ist ganz gut, dass es am nächsten Tag ebenfalls heiß ist, wenn es heute heiß war; erst über längeree Zeiträume nimmt die Autokorrelation immer mehr ab).

    In der Hintergrundstrahlung betrachtet man die Autokorrelation der Temperaturen für verschiedene Winkelabstände (das ist der Wert ‘k’ – die x-Achse im Diagramm). Die Werte x(i) des Prozesses sind die Temperaturen an verschiedenen Stellen des Himmels und der Mittelwert x(quer) ist die mittlere Temperatur der Hintergrundstrahlung, gemittelt über den gesamten Himmel (die berühmten 2,7… K).

    Wenn die y-Achse (wie im von mir verlinkten Diagramm) nicht zwischen -1 und +1 liegt, dann hat man sich die Normierung mit der Standardabweichung gespart und betrachtet statt dessen die Autokovarianz, die dann K² (oder µK²) als physikalische Einheit hat.

    Das ist das ganze Geheimnis dieses Graphen.

  14. #14 2xhinschauen
    3. Juli 2013

    @Alderamin, an der Pause kannst Du ablesen, wie lange meine Statistikausbildung her sein muss. Oder wie gut sie war. Oder…

    Nochmal danke für deine Geduld und deine Zeit. Ich glaube, diesmal war es verständlich für mich. Die brachiale und möglicherweise zu kurze Zusammenfassung in meinem Verständnis: Ich schaue mir jeden Punkt im Bild an und die Wahrscheinlichkeit, wie seine Temperaturabweichung vom globa–, hm, universellen Mittelwert mit jedem anderen Punkt im Bild korreliert. Bei 1 Grad Winkelabstand hat diese Korrelation einen dermaßen spitzen Peak, dass ich (zusammen mit anderen Kurveneigenschaften) unter Zuhilfenahme des weiteren, natürlich zusammenpassenden Theoriegebäudes – eines von vielen Modellen für ein bestimmtes urknallinduziertes Universum – einige Parameter ebenjenes Modells quantifizieren kann, die ich vorher nicht kannte: Datum der Rekombination, Weltalter, Hubblekonstante und mehr. Und die Inflation wird auch bestätigt.

    So in etwa? Sei gnädig 🙂

  15. #15 Alderamin
    4. Juli 2013

    @2xhinschauen

    So verstehe ich das im wesentlichen auch (wobei mir die feinen Details, was man wie aus den 1° und mehr noch aus den anderen Peaks folgern kann, auch nicht komplett präsent sind). Die 1° liefern jedenfalls einen Standardabstand am Himmel, an dem man z.B. die geometrische Krümmung des Raums bestimmen kann. Siehe z.B. hier, mit Grafiken.

  16. #16 Niels
    4. Juli 2013

    @Alderamin
    Sehr schöne, kurze aber trotzdem verständliche Zusammenfassung.
    Hätte ich nicht so gut hingekriegt.

  17. #17 Alderamin
    23. Juli 2013

    @alle

    Ganz tolles Tool, mit dem man an der Zusammensetzung des Alls aus normaler Materie, dunkler Materie und dunkler Energie herumschrauben kann und dabei sehen kann, wie sich das Muster der Hintergrundstrahlung und das Power-Spektrum verändern. Hilft vielleicht, etwas mehr Intuition für die Diagramme zu entwickeln.

  18. #18 Jochen Schulze
    4. Februar 2015

    “Die besten Belege für die Existenz der dunklen Materie stammen aus der Beobachtung der kosmischen Hintergrundstrahlung.”
    Puff
    War nicht gut genug. Probiert es noch einmal.
    Aber bitte nicht anfangen, über den Ereignishorizont hinauszuschauen, ist gerade so gemütlich.

  19. #19 Florian Freistetter
    4. Februar 2015

    @JochenSchulze: “War nicht gut genug. Probiert es noch einmal.”

    Von was sprichst du? Von den BICEP-Messungen zur Inflation? Die haben nichts mit dunkler Materie zu tun…

  20. #20 krypto
    4. Februar 2015

    @Jochen#18:
    Puff: Natürlich werden wir es extra für Dich noch einmal probieren 😉
    Alle Wissenschaftler werden zukünftig nicht mehr peer-Reviews benutzen, sondern stattdessen bei Dir nachfragen, ob es gut genug ist.