“Die Verbreitung von Pseudowissenschaft ist nicht akzeptabel”. Das sagte der britische Physiker Brian Cox als ihm letztes Jahr die “President’s Medal” verliehen wurde. Er meinte damit die Art und Weise, wie über Wissenschaft berichtet wird; zum Beispiel die ganzen Horror-Geschichten über den Weltuntergang den der Teilchenbeschleuniger LHC verursachen sollte. Diese Katastrophen-Stories die – wenn auch nicht immer im gleichen sensationslüsternen Stil – auch bei anderen Themen (Gentechnik, Stammzelleforschung, etc) auftauchen nannte Cox “Frankenstein-Wissenschaft” und erklärte in seinem Vortrag ausführlich, warum sie gemeinsam mit der ebenfalls weit verbreiteten Werbung für Homöopathie und andere esoterische Disziplinen für eine moderne Demokratie gefährlich sind.
“We live in a society that is entirely based on science.”
wird Carl Sagan von Cox zitiert und damit hat er natürlich völlig Recht. Die Erkenntnisse der Wissenschaft und die resultierenden Technologien haben unsere Gesellschaft und unser alltägliches Leben komplett durchdrungen. Wer nicht zufällig irgendwo nackt in einer Höhle im Wald lebt, der hat jeden Tag und überall mit Wissenschaft zu tun. Man merkt nur meistens nicht davon; eben weil die Wissenschaft alles so komplett durchdrungen hat, dass es uns nicht mehr auffällt. Und viele wissen auch schlicht und einfach nicht genug über Wissenschaft Bescheid, um es zu bemerken. Wen einem Handel, Werbung oder Politiker ständig einreden, wie “böse” die Chemie ist und das alles immer “natürlich” sein muss, dann kommt man gar nicht erst auf die Idee, dass die echte Chemie faszinierend sein könnte und man kommt nicht auf die Idee sich zu überlegen, welche fundamentale Rolle die echte Chemie überall in unserem Leben spielt. Es ist leichter, vor dem Fernsehapparat zu sitzen und darüber zu schimpfen, dass Geld für die Raumfahrt “verschwendet” wird, anstatt sich zu überlegen, dass es ohne die Raumfahrt kaum noch Fernsehprogramme gäbe.
Hier könnt ihr euch die komplette Rede der Preisverleihung anschauen. Sie dauert 17 Minuten, aber es lohnt sich!
Und hier gibt es noch eine Zusammenfassung der wichtigsten Aussagen von Cox die mit hübschen Bildern zu einem kurzen Video montiert wurden:
Der weit verbreitete wissenschaftliche Analphabetismus ist in einer wissenschaftsdominierten Welt aber vor allem dann extrem problematisch, wenn es darum geht, Entscheidungen für die Zukunft zu treffen. Denn diese Entscheidungen haben zwangsläufig mit Wissenschaft zu tun. Wir müssen uns mit dem Energieproblem beschäftigen, der Umweltverschmutzung, dem Klimawandel, der Überbevölkerung, dem Hungerproblem, usw. Die Erkenntnisse der Klimaforschung, der Medizin (zum Beispiel Stammzellenforschung), der Gentechnik, der Physik (Nanotechnologie, Energietechnik, etc) und so weiter haben direkten Einfluss auf unser Leben. Wenn wir als Gesellschaft aber keine Ahnung von all diesen Themen haben, dann sind wir den Politikern, die diese Entscheidungen letztlich treffen werden, hilflos ausgeliefert. Wir müssen darauf vertrauen, dass diese Politiker die wissenschaftliche Grundlagen verstehen und informierte, langfristige Entscheidungen treffen anstatt nur kurzfristig politisch motivierte Kampagnen aufziehen um bei der nächsten Wahl Stimmen zu sammeln. Oder wir können uns selbst informieren! Und selbst am Entscheidungsprozess teilnehmen.
Das geht aber nur, wenn wir ausreichend Ahnung von Wissenschaft haben und das ist eben nicht immer der Fall. Dabei wäre es nicht nur aus politischen Gründen wünschenswert, wenn eine Gesellschaft möglichst gebildet ist. Es wird immer nur über die Kosten der Bildung gemeckert, ohne dabei den Gewinn zu sehen. Cox zitiert in seinem Vortrag eine Studie der OECD nach der jede Person die eine Hochschulausbildung absolviert am Ende nach Abzug aller Kosten für die Ausbildung noch 70.000 Dollar einbringt.
Von einer gebildeten Gesellschaft profitieren alle. Und abgesehen davon ist es auch noch enorm faszinierend, über die Welt Bescheid zu wissen!
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