Es gibt ein paar große Fragen, die die Menschen schon seit Jahrtausenden beschäftigen. Gibt es außerirdisches Leben? Wie ist das Universum entstanden? Warum gibt es etwas und nicht nichts? Und wer braut das beste Bier? Auf die ersten drei Fragen habe ich keine Antwort. Aber die Sache mit dem Bier kann eigentlich nicht so schwer zu klären sein. Deswegen habe ich kürzlich ein kleines Experiment veranstaltet.
In Deutschland werden einige tausend verschiedene Biere gebraut. Viel Auswahl also; als Thüringer gehe ich aber davon aus, dass das beste Bier aus Thüringen kommen muss, was die Anzahl der Kandidaten schon ein wenig einschränkt. Ich habe mich daher im nächstgelegenen Supermarkt umgesehen und 9 Flaschen lokales Bier besorgt. Und zwar:
- Köstritzer Edelpils aus Bad Köstritz
- Apoldaer Glockenhell aus Apolda
- Watzdorfer Burg-Pils aus Bad Blankenburg
- Angerbräu aus Erfurt
- Rosen-Pils aus Pößneck
- Ur-Saalfelder aus Saalfeld
- Braugold-Spezial aus Erfurt (teilweise zumindest)
- Riebeck Premium Pilsner aus Erfurt
- Apoldaer Tafelbier aus Apolda
Damit bin ich nach Österreich gefahren, um mir dort ein paar neutrale und unvoreingenommene Tester zu suchen. Dann wurde das Bier verkostet und bewertet. Ohne großen Schnick-Schnack; einfach nur mit Schulnoten zwischen 1 und 5. Am Ende gab es einen klaren Sieger: Das Apoldaer Glockenhell aus der Kleinstadt Apolda (gleich neben meiner Heimatstadt Jena) ist das beste Bier Deutschlands!
So einfach lässt sich eine der großen Fragen der Menschheit lösen… oder vielleicht doch nicht?
Die Apoldaer werden mit diesem Ergebnis vermutlich zufrieden sein, aber bevor jetzt der Rest von Deutschland über mich herfällt, sollten wir die Sache nochmal genauer betrachten. So eine Bierverkostung macht nämlich nicht nur Spaß, sondern ist auch ein gutes Beispiel um zu erklären, wie ein vernüntiges Experiment aussehen sollte und wie nicht. Wo also liegt der Unterschied zwischen einem echten Experiment und einem Besäufnis? Oder, etwas seriöser formuliert: Wo liegt der Unterschied zwischen echter Wissenschaft mit verlässlichen Ergebnissen und Pseudowissenschaft?
- 1) Die Fragestellung: Jedes gute Experiment braucht eine klar definierte Fragestellung. Man muss vorher genau festlegen, was man wissen will. In diesem Fall lautet die Frage “Wer braut das beste Bier?” und die ist leider nicht sonderlich für Experimente geeignet. Denn “das beste” ist ein ziemlich vager Ausdruck und kann alles oder nichts bedeuten. “Wo gibt es das billigste Bier Deutschlands?” wäre da besser oder meinetwegen auch “Welches ist das dunkelste Bier von Deutschland?”. Das sind Fragen, auf die eine klare Antwort gefunden werden kann. Wenn man schon so ein subjektives Thema wie “das beste” Bier untersucht, dann sollte man zumindest fragen: “Welches Bier schmeckt den Menschen am besten?” Denn auf die Frage: “Schmeckt dir das Bier?” gibt es wenigstens eine – wenn auch subjektive – klare Antwort. Befragt man ausreichend Menschen, dann sollte man am Ende ein Bier finden, dass von der Mehrheit der Leute am wohlschmeckensten eingeschätzt wird. Ob das dann aber auch “das beste” ist, ist eine andere Frage. Geschmack ist eben eine ziemlich individuelle Sache. Die Plörre, die der eine angewiedert ausspuckt, ist das Lieblingsbier der anderen. Physik und Astronomie haben es da leicht, denn sie beschäftigen sich im Allgemeinen mit der unbelebten Natur und da sind die Fragestellungen eigentlich immer objektiv. “Welcher Stern ist am Nachthimmel der hellste?”. “Welcher Planet im Sonnensystem ist am größten?”. Und so weiter. Mit Fragen wie “Welches Sternbild gefällt dir am besten?” müssen wir uns selten herumärgern. Aber es gibt Wissenschaften, die sich über solche subjektiven Effekte ausführlich Gedanken machen. Die Medizin zum Beispiel, wenn neue Medikamente getestet werden. Was dem einen Menschen hilft, kann beim anderen wirkungslos sein. Genau so wie bei der Frage “Welches Bier schmeckt dir am besten?” hängt auch die Antwort auf die Frage “Welches Medikament hilft gegen deine Krankheit?” von vielen individuellen Faktoren ab. Will man wissen, ob ein Medikament überhaupt irgendeine Wirkung hat, muss man also möglichst viele Menschen befragen.
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