Ich habe heute morgen schon kurz darüber geschrieben: Entgegen aller Meldungen hat die Raumsonde Voyager 1 das Sonnensystem nicht verlassen. Warum die Reise von Voyager aber trotzdem einen historischen Punkt erreicht hat und wieso so viel Verwirrung darüber herrscht, wo sich die Sonde befindet möchte hier mit ein paar Bildern noch einmal genauer erklären.
Es ist nicht so einfach zu sagen, wo das Sonnensystem sein Ende hat. Eine klare Grenze gibt es nicht und es schwirrt da draußen kein Ortschild mit einem durchgestrichenen “Sonnensystem” herum. Sicher ist nur, dass die Sonne das dominante Objekt unseres Systems ist und man kann die Grenzen ihres Einflussbereiches verschieden definieren, je nachdem welche Art man betrachtet. Die Wissenschaftler, die mit den Daten der Voyager-Sonde arbeiten interessieren sich für die Teilchenstrahlung der Sonne. Denn unser Stern gibt nicht nur Licht ins Weltall ab, sondern auch einen Strom von geladenen Teilchen, den Sonnenwind. Der bewegt sich von der Sonne weg nach außen und verliert dabei immer mehr Schwung. Irgendwann lässt sich der Sonnenwind nicht mehr von den ganzen Teilchen unterscheiden, die sich im Raum zwischen den Sternen befinden und dort endet dieser spezielle Einflussbereich der Sonne. Man nennt diese Grenze die Heliopause und die Region die sie umschließt ist die Heliosphäre.
Die Heliopause ist keine fixe und eindeutige Grenze; sie verändert sich, je nachdem wie stark der variable Sonnenwind gerade ist. Aber egal wo die Grenze gerade liegt: Das Sonnensystem selbst geht danach noch weiter. Denn die Sonne übt nicht nur über ihre Strahlung einen Einfluss auf die Umgebung aus, sondern auch durch ihre Gravitationskraft. Die reicht im Prinzip unendlich weit ins All hinaus, aber irgendwann wird auch sie so schwach, dass sie von der Gravitationskraft anderer Sterne “überstrahlt” wird. Auch hier kann man also keine endgültige und fixe Grenze ziehen – aber es ist nur logisch, zumindest noch all die Objekte zum Sonnensystem dazu zu zählen, die noch so stark von der Gravitationskraft der Sonne beeinflusst werden, dass sie unseren Stern umkreisen. Dazu gehören selbstverständlich die Planeten, aber auch die ganzen Asteroiden und Kometen die sich in den äußeren Bereichen des Sonnensystems befinden.
Und genau diese beiden unterschiedlichen Auffassungen des Einflussbereiches der Sonne sind es, die die ganze Verwirrung erzeugen. Die Region der Planeten ist relativ klein: Neptun, der äußerste bekannte Planet hat nur einen Abstand von knapp 30 Astronomischen Einheiten (AE) von der Sonne; ist also 30 Mal weiter von ihr entfernt als die Erde. Dahinter folgen aber noch jede Menge Asteroiden im sogenannten Kuipergürtel. Voyager 1 befindet sich momentan knapp 125 AE von der Sonne entfernt und genau dort hat man nun nach jahrelangen Messungen auch die Grenze der Heliosphäre ausgemacht. Diese Grenze hat Voyager nun also tatsächlich überschritten! Das ist eine großartige Leistung – sowohl wissenschaftlich, als auch technisch und sogar kulturell!
Die Raumsonde wurde am 5. September 1977 gestartet (und ist damit fast exakt so alt wie ich). Sie ist seit mehr als 36 Jahren im All unterwegs und funktioniert immer noch – allein das ist schon eine fantastische Leistung. Sie ist weiter in den Weltraum vorgedrungen als jedes andere menschengemachte Objekt und nun hat sie als erstes Raumfahrzeug den Einflussbereich des Sonnenwinds verlassen! Berücksichtigt man nur allein die Strahlung, dann ist die Sonne aus Sicht der Raumsonde nun nicht mehr von den anderen Sternen zu unterscheiden. Deswegen nennen die Wissenschaftler, die sich mit diesem Arbeitsgebiet befassen, die Region hinter der Heliopause auch den interstellaren Raum. Das ist leider ein wenig verwirrend, denn der andere Einfluss – die Gravitation – reicht noch weiter hinaus. Wir kennen eine Handvoll Asteroiden, die sich dort bewegen und immer noch gravitativ an die Sonne gebunden sind; sich also um sie herum bewegen. Und wir wissen, dass es dort draußen noch viel mehr von ihnen gibt, nämlich in der sogenannten “Oortsche Wolke”, in der sich Billionen Kometen und Asteroiden aufhalten. Auch wenn der Sonnenwind in diesen fernen Regionen keine Rolle mehr spielt: Die Gravitation tut es noch! Ihr Einfluss reicht deutlich weiter hinaus und das Ende der Oortschen Wolke liegt erst irgendwo bei 100.000 AE.
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