Scott Tremaine und Tomer Yavetz haben in ihrer Arbeit untersucht, wie sich die Abweichung der Erde von der Kugelform auf die Satellitenbahnen auswirkt und warum die Bahnen stabil bleiben, obwohl Energie und Drehimpuls nicht erhalten bleiben. Wir wissen ja, dass die Bahnen stabil sind. Aber Tremaine und Yavetz wollten eine mathematische Beschreibung finden, die auch erklärt, warum das so ist. Dazu haben sie die Multipolentwicklung des Gravitationspotential untersucht und das ist gar nicht so kompliziert, wie es vielleicht klingt…
Eine Mulitpolentwicklung besteht aus einer Reihe immer besser werdender Näherungen. Bei der Erde geht man in erster Näherung davon aus, dass sie eine perfekte Kugel ist und modifiziert diese Näherung durch immer weitere Abweichungen. Mathematisch werden diese Abweichungen durch Koeffizienten beschrieben, die mit dem Buchstaben “J” bezeichnet werden. “J0” ist die vorhin schon erwähnte erste Näherung durch die Kugelform. “J1” beschreibt die erste Modifikation, bei der die Kugel durch eine Ellipsoid ersetzt wird. Da aber bei einem perfekten Ellipsoid Nord- und Südhälfte ebenfalls genau gleich schwer sind, ergibt sich hier keine Änderung zur ersten Näherung. Die kommt erst bei Berücksichtigung des Koeffizienten “J2”. Der beschreibt die Abweichungen die entstehen, wenn man die Erde als abgeplattetes Ellipsoid beschreibt. Misst man den Radius der Erde vom Mittelpunkt bis zum Äquator, dann ist dieser Wert um 21,38 Kilometer länger als der Radius, den man vom Mittelpunkt zu einem der beiden Pole misst. Nimmt man es genau, dann ist die Erde aber auf Nord- und Südhälfte unterschiedlich stark abgeplattet und diese Abweichung berücksichtigt der Koeffizient “J3”. Und so geht es dann immer weiter. “J4”, “J5”, “J6” und so weiter berücksichtigen immer weitere Abweichungen von der perfekten Kugelform. Um die Gravitationskraft der Erde exakt beschreiben zu können, müsste man all diese unendlich vielen Koeffizienten aufsummieren. In der Praxis ist das aber nicht möglich – und auch nicht nötig. Die Abweichungen werden immer kleiner und wirklich relevanten Einfluss haben nur die ersten paar Koeffizienten.
Tremaine und Yavetz haben in ihrer Arbeit den Einfluss der ersten drei Koeffizienten untersucht. Sie haben mathematisch berechnet, wie stark die jeweiligen Abweichungen der Erde von der perfekten Kugelform die Stabilität der Satellitenbahnen beeinflussen. Dabei hat sich gezeigt, dass die Berücksichtigung von J2 die Bahnen nicht destabilisiert. Die Abplattung der Erde hat keinen störenden Einfluss auf die Bewegung von Satelliten. Nur wenn die Bahn des Satelliten gegen über dem Äquator um 63,43 Grad geneigt ist, kann es Probleme geben. Das ist die sogenannte “critical inclination” wo andere Störungen zu stark werden und Satellitenbahnen instabil. Auch die Abweichungen der Form der Erde, die durch J3 und J4 beschrieben werden, destabilisieren die Bahnen von Himmelskörpern. Ihr Einfluss ist aber viel geringer als der Einfluss von J2 und deswegen sind die Bahnen insgesamt stabil.
Wie gesagt: Das war auch schon vorher bekannt. Wir haben gewusst, dass die Bahnen der künstlichen Himmelskörper stabil sind. Aber nun haben Tremaine und Yavetz auch mathematisch vorgerechnet, warum das so ist und genau gezeigt, wie stark die einzelnen Störungen die Bewegung der Satelliten beeinflussen. Sie haben gezeigt, dass die Störungen zwar vorhanden sind, aber zu klein um die Bahnen deutlich zu destabilisieren. Die stärkste Abweichung der Erde von der Kugelform ist die Abplattung die durch den Koeffizienten J2 beschrieben wird und genau diese Abweichung hat keinen negativen Einfluss auf die Satellitenbahnen. Die Satelliten fallen also nicht vom Himmel und jetzt wissen wir auch, warum das so ist.
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