Wenn ich irgendwo einen populärwissenschaftlichen Vortrag über Astronomie halte und dabei über die Planeten unseres Sonnensystems spreche, erwähne ich natürlich auch immer den fundamentalen Unterschied zwischen den beiden Planetenarten. Es gibt die “erdähnlichen” Himmelskörper die einen metallischen Kern und eine feste Oberfläche aus Gestein haben (Merkur, Venus, Erde, Mars) und die “Gasriesen”, die deutlich größer sind, fast komplett aus Gasen bestehen und keine feste Oberfläche haben (Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun). Eine Frage, die mir dann sehr oft gestellt wird lautet: “Ist Jupiter wirklich nur eine große Kugel aus Gas oder ist da irgendwo unter den riesigen Gasschichten vielleicht doch noch eine feste Oberfläche?”

Es ist eine gute Frage und die Antwort darauf kennen wir noch nicht. Man darf nicht den Fehler machen und sich Gasriesen wie Jupiter oder Saturn einfach nur als Planeten vorstellen, die halt eine richtig dicke Atmosphäre haben. Das funktioniert bei kleinen Planeten wie der Erde oder der Venus. Aber Jupiter hat einen Radius von knapp 70.000 Kilometer! Er besteht zu ungefähr drei Viertel aus Wasserstoff; ein Viertel ist Helium und andere Elemente sind nur in Spuren vertreten. Aber all das Gas aus dem er besteht ist nicht einfach nur “Atmosphäre”. Je tiefer man in die Gasschichten von Jupiter eindringt, desto stärker wird der Druck, der auf einem lastet. Irgendwann wird der Druck so hoch, dass der Wasserstoff vom gasförmigen in den flüssigen Zustand übergeht. Auch das darf man sich nicht so vorstellen wie ein “Ozean” aus flüssigem Wasserstoff über dem eine dichte Schicht aus Wasserstoffwolken liegt. An einem gewissen kritischen Punkt gibt es keinen Unterschied zwischen “flüssig” und “gasförmig” und im Inneren des Jupiters gibt es keine klar definierte Grenzfläche an der Gase auf Flüssigkeiten treffen.

Was wirklich im Inneren der Gasplaneten vorgeht, wissen wir noch nicht... (Bild: Lunar and Planetary Institute)

Was wirklich im Inneren der Gasplaneten vorgeht, wissen wir noch nicht… (Bild: Lunar and Planetary Institute)

Noch näher am Zentrum von Jupiter wird der Druck so hoch, dass der Wasserstoff “metallisch” wird. Das heißt aber nicht, dass der Wasserstoff sich jetzt plötzlich in ein eisenähnliches und eisenhartes Material verwandelt. Wasserstoff steht zwar im Periodensystem der Elemente in der gleichen Gruppe wie die Alkalimetall Lithium, Natrium, Kalium, Rubidium, Caesium und Francium – ist aber selbst weit davon entfernt ein Alkalimetall zu sein. 1935 hat allerdings der Chemiker Eugene Wigner vorhergesagt, dass Wasserstoffatome unter enorm großen Druck (bei ungefähr 30 Gigapascal) die Kontrolle über ihr einziges Hüllenelektron verlieren. In diesem Zustand können sich die Elektronen des Wasserstoffs dann frei bewegen und er wird elektrisch leitfähig. Das nennt man dann “metallischen Wasserstoff”. Bis jetzt ist es noch nicht gelungen, so einen Zustand im Labor zu erzeugen (eventuell gelang es im Jahr 2011; aber da streiten die Wissenschaftler noch ob es wirklich geklappt hat) – aber im Inneren des Jupiters müssten die Bedingungen eigentlich genau diesen metallischen Wasserstoff erzeugen.

Was darunter liegt ist aber noch viel spekulativer. Ein Kern aus Metall; ein Kern aus Gestein; ein Kern aus einer Mischung verschiedenster schwerer Elemente… es gibt viele Möglichkeiten und wir wissen es derzeit noch nicht genau. Aber das könnte sich ändern, wenn die Raumsonde Juno im Jahr 2016 den Jupiter erreicht (Juno hat sich ja erst kürzlich bei der Erde Schwung für die letzte Etappe der Reise geholt). Wie genau Juno dann das Innere des Jupiters erforschen wird, erklärt der wunderbare Bill Nye in diesem wunderbaren Video:

P.S. Ich bin leider nicht wirklich musikalisch – aber wenn, dann würde ich definitiv eine Band namens “Christian Doppler and the Effects” gründen!

Kommentare (31)

  1. #1 Degeneration
    13. Oktober 2013

    Die Raumsonde Galileo wurde doch mal in den Jupiter reingeschickt um. Ab einer Tiefe von 160 km brach der Kontakt ab und die Sonde wurde zerstört. Was genau ist den mit der Sonde passiert? Wurde sie in Einzelteilen zerrissen oder zerquetscht? Kam die Sonde irgendwann zum Stillstand oder schwirrt sie im Gas noch irgendwie herum? Irgendwann hat sie doch bestimmt aufgehört weiter in den Planeten einzudringen..

  2. #2 Daniel Weigelt
    13. Oktober 2013

    Ich verstehe zwar leider kein Englisch, aber das Video ist trotzdem cool!

  3. #3 Florian Freistetter
    13. Oktober 2013

    @Degeneration: “Wurde sie in Einzelteilen zerrissen oder zerquetscht? “

    Vermutlich beides. Irgendwann werden halt Druck und Temperatur zu groß und das Teil wird zerstört.

  4. #4 AmbiValent
    13. Oktober 2013

    @Florian
    Ist die Antwort auf die Titelfrage nicht ziemlich sicher “Ja”, und die eigentliche Frage, aus welchen Anteilen Gestein, Metall und “Eis” dieser Kern besteht?

  5. #5 Florian aus Wiesbaden
    wiesbaden
    13. Oktober 2013

    Hallo Florian,

    müsste es nicht tatsächlich einen Kern aus Gesteinen und ggfs Eis geben, schliesslich stürz(t)en doch jede Menge Asteroiden in den Jupiter…?

  6. #6 Florian Freistetter
    13. Oktober 2013

    @Florian: “müsste es nicht tatsächlich einen Kern aus Gesteinen und ggfs Eis geben, schliesslich stürz(t)en doch jede Menge Asteroiden in den Jupiter…?”

    Na ja, die Asteroiden die mit Jupiter kollidieren sind da nicht weiter bemerkenswert. Angesichts der riesigen Masse des Jupiters spielt so ein Asteroid keine Rolle. Der schlägt ein und löst sich in seine Bestandteile auf.

    Wenn, dann ist noch ein Gesteinskern von der Planetentstehung übrig. Denn da ist Jupiter ja ursprünglich genau so gewachsen wie die anderen Planeten auch. Er war nur schneller beim wachsen und groß genug, um auch die leicht flüchtigen Gase an sich binden zu können. Ist halt nur die Frage, was da noch so alles drin ist und was von dem ursprünglichen Kern heute übrig ist bzw. wie er sich geändert hat.

  7. #7 Stefan
    Aachen
    13. Oktober 2013

    Hallo Florian,
    der Rückschluss auf konzentrische Masseinhomogenitäten ist aber nur bei einer nicht-kreisförmigen Satellitenbahn möglich?

  8. #8 Florian Freistetter
    13. Oktober 2013

    @Stefan: Ja, und Nye bzw. die Grafik im Video spricht ja auch von elliptischen Bahnen.

  9. #9 Lercherl
    13. Oktober 2013

    ”1935 hat allerdings der Chemiker Eugene Wigner vorhergesagt …”

    Auch wenn er einmal Chemie studiert hat: Wigner ist hauptsächlich als Theoretischer Physiker bekannt.

  10. #10 Christoph
    14. Oktober 2013

    Warum nutzt man kein Gyroskop, um die Abweichung der Satellitenbewegung zu messen?

  11. #11 Swage
    14. Oktober 2013

    Nunja, vermutlich hat der Jupiter einen festen Kern, allein wegen der Dichte. Die Planetaren Gegebenheiten sind aber von denen der Erde grob verschieden. Ich denke da an Eis7, etc, also Aggregatzustände von denen wir nicht wirklich viel wissen. Ich würde mal auf kristallisierten Wasserstoff und derartige Merkwürdigkeiten tippen. Jedenfalls schwimmen Diamanten in flüssigem Wasserstoff in den oberen Schichten, so werden zu mindest die Daten im Moment interpretiert.

  12. #12 MisterKanister
    14. Oktober 2013

    lol Eis7

  13. #13 AmbiValent
    14. Oktober 2013

    @MisterKanister
    Gibt es wirklich. Eis ist ja eigentlich eine feste Form von H2O, und bei den verschiedenen Eis-Typen sind die Wasserstoff- und Sauerstoffatome in den Eiskristallen verschieden angeordnet. Unter normalen irdischen Bedingungen tritt aber nur Eis I auf, und das meiste davon in der Sechseck-Kristall-Variante. Schon um die zweite Variante von Eis I zu bekommen, müsste man unter -50 Grad Celsius gehen, und fast alle anderen Eis-Typen treten nur bei Druck von über 2000 bar auf…

  14. #14 Yadgar
    18. Oktober 2013

    @Degeneration, @Florian:
    Also, zerquetscht worden ist die Sonde nicht, sie war belüftet, hatte also denselben Innen- wie Außendruck. Nein, sie ist durch die zunehmende Hitze zerstört worden: erst brach bei rund 150°C die Funkverbindung ab, kurz darauf begannen die Lötstellen zu schmelzen und folglich die Elektronik auseinander zu fallen, eine halbe Stunde später schmolz der Fallschirm, von da an sank die Sonde immer schneller in den Jupiter hinein. Bei 660°C schmolz das Aluminiumgehäuse und löste sich in eine glühende Tröpfchenwolke auf, die die Reste der Sonde noch eine Zeitlang begleitete, bis dann bei 1680°C auch die Titankomponenten schmolzen, rund neun Stunden nach dem Atmosphäreneintritt. Nach einer weiteren Stunde hatte sich die Sonde völlig aufgelöst.

    Woher ich das weiß? Daniel Fischer, Mission Jupiter, S. 132/133! O.k., das mit den Lötstellen steht da nicht, habe ich aber einfach mal vermutet, da Lötzinn auch schon bei 180°C schmilzt…

    Aber diese ganze allmähliche Zerstörung der Sonde beim Flug durch die Jupiteratmosphäre stelle ich mir als interessantes Thema für eine raygetracete Animation vor: erst ein Blick Richtung Himmel, wo das letzte Tageslicht verblasst, der flatternde Fallschirm, wie er zusehends löchriger wird und schließlich in unterschiedlich große Plastiktropfen zerreißt, ein Schwenk zur Sonde, die immer weiter in die schwarze Tiefe sinkt, langsam zu glühen beginnt, erst dunkelrot, dann immer heller, der Fahrtwind beginnt, Schicht um Schicht das schmelzende Gehäuse abzutragen, Gluttropfen umwirbeln das Wrack, das bald schon gelb und schließlich weiß glüht (während rings umher nach wie vor völlige Dunkelheit herrscht), schließlich zerfällt auch dieser weißglühende Restkörper und löst sich auf…

  15. #15 Schimann
    Lünen
    18. Oktober 2013

    Frage : Was mich dringend interessiert ist, wenn der Jupiter fast so wie die Sonne in seiner Zusammensätzung, aus 89,9% H und zu 10,2% aus He besteht und die Sonne aus 92,1% H und 7,8% He.
    Ist es dann zu weit hergeholt, daß bei der Entstehungsgeschichte unseres Sonnensystems, der Jupiter, vorausgesetzt es wäre genug Materie in Form von Gasen und Staub in der Akkretionsscheibe vorhanden, zu einer zweiten, vileicht kleineren, Sonne hätte heranwachsen können und somit ein Doppelsternsystem, anstelle des jetzigen existieren würde?
    Ist Jupiter eine nicht fertige Sonne, mit all ihren Entstehungseigenschaften ?
    Verhält sich der Kern Jupiters, bei genügend Druck durch Wasserstoff und Hellium genauso, wie der unserer Sonne?
    Wenn eine “Wasserstoffwolke” in unserem Sonnensystem an Jupiter vorbeiziehen würde (rein hypothetisch) und sie genug Masse hätte, wäre es dann möglich, wenn der Planet diese in genügender Menge anzieht das es zu einem Fusionsprozess kommen könnte?

  16. #16 Florian Freistetter
    18. Oktober 2013

    @Schimann: “Ist es dann zu weit hergeholt, daß bei der Entstehungsgeschichte unseres Sonnensystems, der Jupiter, vorausgesetzt es wäre genug Materie in Form von Gasen und Staub in der Akkretionsscheibe vorhanden, zu einer zweiten, vileicht kleineren, Sonne hätte heranwachsen können und somit ein Doppelsternsystem, anstelle des jetzigen existieren würde?”

    Naja, im Prinzip schon. Ein Stern ist eine ausreichend große Kugel aus Gas. Aber Jupiter ist viel zu klein. Die Mindestgröße für nen Stern liegt bei circa 70 Jupitermassen. Erst dann fängt die stellare Kernfusion an. So viel Masse war nicht vorhanden.

    “Wenn eine “Wasserstoffwolke” in unserem Sonnensystem an Jupiter vorbeiziehen würde (rein hypothetisch) und sie genug Masse hätte, wäre es dann möglich, wenn der Planet diese in genügender Menge anzieht das es zu einem Fusionsprozess kommen könnte?”

    Wenn ein Teil mit 70 Jupitermassen durchs Sonnensystem zieht, dann werden durch die gravitativen Störungen alle Planeten aus dem Sonnensystem geschmissen, bevor die Wolke dann mit der Sonne kollidiert…

  17. #17 Alderamin
    18. Oktober 2013

    @Schimann

    Ein bisschen Deuterium-Fusion findet temporär schon in Braunen Zwergen statt; für die reichen schon 13 Jupitermassen (aber auch die gab es im Sonnensystem nicht, die Sonne hat sich zuviel einverleibt; vielleicht hätte es anders ausgesehen, wenn der präsolare Nebel etwas schneller rotiert hätte, dann wäre die Sonne vielleicht kleiner geworden und ein zweiter oder noch weitere Sterne entstanden, die den überschüssigen Drehimpuls aufgenommen hätten).

    Braune Zwerge sind übrigens nicht größer als Jupiter. Ab ca. Jupitergröße nimmt mit zunehmender Masse nur noch die Dichte zu bis hin zu den kleinsten M-Zwergen. Erst darüber hinaus werden die Radien der Sterne wieder größer.

  18. #18 AmbiValent
    18. Oktober 2013

    @Florian
    Wie würde eine normale “Wolke”(von der Art, die kollabieren kann) eigentlich auf den Sonnenwind reagieren, wenn sie das Sonnensystem streift oder direkt darauf zufliegt? Gibt es da Untersuchungen?

    Und wie groß sind die Unterschiede zwischen so einer Wolke und der anderen Art, die die Sonne gerade durchfliegt (Local Interstellar Cloud)?

  19. #19 Alderamin
    18. Oktober 2013

    @AmbiValent

    Wolken, die Sterne bilden, sind kalte Molekülwolken aus ungeladenen Teilchen, die nicht auf das Magnetfeld bzw. den Sonnenwind der Sonne reagieren würden.

    Die Local Interstellar Cloud ist hingegen heiß und geladen (und vergleichsweise dünn, 0,3 Atome pro cm³ gegenüber mehreren hundert/cm³ bei Molekülwolken), und kann somit vom Sonnenwind beeinflusst werden. Weil sie heiß und dünn ist, kollabiert sie nicht.

  20. #20 Andreas Morlok
    Münster
    18. Oktober 2013

    Von der Zusammensetzung her dürfte ein Gesteinskern wohl
    am ehesten chondritisch sein – halt ein guter Schnitt von primitven Material. Ist natürlich eher Spekulation, aber Ich denke daß ein großer Körper wie Jupiter halt einen guten Schnitt von typischem Sonnensystemmaterial akkretiert hat.
    Insofern könnte da drinnen schon ein vielleicht sogar differentierter ‘terrestrischer’ Planet versteckt sein. Es wäre ganz interessant, mal zu spekulieren, was bei solchen immensen Drücken petrologisch passiert.
    In der Planetologie gibt es eine (absolute) Aussenseitertheorie, nach der die terrestrischen Planeten sich alle zuerst als Gasriesen gebildet haben, und die Gashülle halt wegen der Sonne schnell verlorenging.

  21. #21 Titan
    Hamburg
    17. Februar 2014

    Hallo,
    ich lese gerade mit meinem Sohn (8 Jahre) eine Einführung in unser Sonnensystem, Jupiter soll in der Schule Referatsthema werden. In diversen Quellen finden wir Temperaturangaben des Kerns von 12.000 °C; gleichzeitig soll der Kern aus Gestein und “Eis” bestehen.
    Wie haben wir uns dieses “Eis” vorzustellen? Sauerstoff gibt es ja wohl nicht auf dem Saturn, auf welchen Aggregatzustand bzw. welches Element bezieht sich die Beschreibung “Eis” ?
    Da ich nirgendwo eine schlüssige Erklärung finden konnte, hoffe ich hier auf eine Antwort.
    Gruß aus HH

  22. #22 Theres
    17. Februar 2014

    @Titan
    Gut kenne ich mich damit nicht aus, aber ich hab Lesezeichen 🙂
    https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2013/10/13/hat-jupiter-einen-festen-kern/
    Schau mal, hier auf dem Blog gibt es dazu etwas mit Bild. Woraus der Kern jetzt besteht, ist aber spekulativ und wird es noch eine Weile bleiben. Es gibt allerdings Simulationen dazu: Hier eine aus Welt der Physik. https://www.weltderphysik.de/gebiet/astro/news/2008/jupiter-besitzt-felsigen-kern/

  23. #23 Theres
    17. Februar 2014

    Mist … der erste Link ist obsolet … natürlich … au weia … 😀
    https://stellariumblog.blog.de/2014/01/16/sonnensystem-zahlen-teil-5-jupiter-17601444/
    Das ist der Richtige …

  24. #24 Florian Freistetter
    17. Februar 2014

    @Titan: Es gibt auch “heißes Eis”. Wenn der Druck hoch genug ist, dann kriegt man Wasser auch bei sehr hohen Temperaturen kristallin. Und warum soll es am Jupiter keinen Wasserstoff/Sauerstoff geben? Das gibts dort auch…

  25. #25 Alderamin
    17. Februar 2014

    @Titan

    Es handelt sich dabei schon auch um Wassereis, aber nicht um das Eis, das uns vertraut ist.

    Es gibt eine Menge verschiedene Sorten von Eis, die englische Wikipedia zählt alleine 17. Diese unterscheiden sich in der Kristallstruktur und Dichte, und entstehen meist bei sehr hohen Drucken. Wie man dem Phasendiagramm im Artikel entnehmen kann, dürfte das Eis im Jupiterkern vom Typ X oder XI sein (Temperaturen von 12000°C liegen nicht mehr im Bild).

    Man kann sich vorstellen, dass der Druck im Kern so hoch ist, dass das Wasser zu einem Festkörper zusammengedrückt wird. Mehr noch, einige Elektronen werden von den Kernen getrennt und bewegen sich frei – das ist die Eigenschaft von Metall: Leitfähigkeit für Strom und Wärme, so wie Reflexion aller Lichtwellenlängen (metallischer Glanz).

    Wirklich anschauen könnten wir uns das jedoch nicht, denn wenn wir es an die Oberfläche holten, entfiele der Druck und es wandelte sich in flüssiges Wasser oder andere Eisformen um.

    Der Kern des Jupiter enthält aber auch und vor allem Wasserstoff (aus dem Jupiter zum größten Teil besteht) der unter hohem Druck ebenfalls metallisch wird. Dass er so gut leitet, dürfte die Hauptursache für Jupiters starkes Magnetfeld sein. Die Magnetosphäre des Jupiter ist das größte Objekt im Sonnensystem, sie reicht hinter dem Planeten fast bis zur Bahn des Saturn.

    Mehr dazu findet sich in der Wikipedia.

  26. #26 AmbiValent
    17. Februar 2014

    Da der Junge 8 Jahre alt ist, sollte man das Referat vielleicht nicht so überfrachten, sondern vor allem auf die für die Klassenkameraden erklärbarsten Eigenschaften eingehen: die Größe des Planeten, seine Monde, und die Stürme in der Jupiteratmosphäre, die man ja auch sehen kann (GRF, Bänder). Wenn man dann tiefer gehen will, kann man ja den mit der Tiefe zunehmenden Druck in der Jupiteratmosphäre auch mit hereinnehmen, und die damit verbundenen Phänomene wie die Hitze und dass es keine richtige Oberfläche gibt, auf der man landen könnte (es gibt zwar einen Kern, aber der liegt viel tiefer, als irgendeine Sonde je kommen könnte).

  27. #27 Niels
    18. Februar 2014

    @Alderamin @Titan
    Das Ganze ist offenbar noch ein bisschen komplizierter.
    Das Phasendiagramm hört nämlich schon bei 650 Kelvin auf. Bei Temperaturen von mehreren tausend Kelvin sieht es wieder ganz anders aus. Dann taucht eine ganz neue Phase auf, die sogenannte “Superionische”.

    Siehe diesen Artikel und das dort auftauchende Phasendiagramm.
    https://phys.org/news/2013-04-phase-dominate-interiors-uranus-neptune.html

    Tatsächlich kommt man trotz des hohen Drucks mit genügend hohen Temperaturen sogar in die Plasma-Phase des Wassers. Leider habe ich keine Ahnung, was die “fully fluid”-Region im Diagramm bedeutet. Ist anscheinend sowohl die Flüssige als auch die Plasma-Pase?
    Es muss nämlich irgendwann einen direkten Übergang von der Superionischen zur Plasma-Phase geben. Aber wo verläuft die Trennlinie?

    In der Wikipedia findet man

    The temperature and pressure inside Jupiter increase steadily toward the core. At the phase transition region where hydrogen—heated beyond its critical point—becomes metallic, it is believed the temperature is 10,000 K and the pressure is 200 GPa. The temperature at the core boundary is estimated to be 36,000 K and the interior pressure is roughly 3,000–4,500 GPa.

    100 GPa sind 1 Mbar.

    Wenn man diese Angaben mit dem erwähnten Diagramm vergleicht, kann dort der feste Zustand wohl keinesfalls vorkommen.
    Leider hört auch dieses Phasendiagramm zu früh auf.

    Wenn man ganz frech extrapoliert, müsste man meiner Meinung nach beim Kern in die Plasma-Phase kommen. Aber wenn man öfter liest, dass es dort (Wasser-)Eis gibt, ist es wohl doch die superionische Phase. Die kann man laut Artikel nämlich Eis nennen, wenn man beide Augen fest genug zudrückt. 😉

    One lesser known phase of water is the superionic phase, which is considered an “ice” but exists somewhere between a solid and a liquid: while the oxygen atoms occupy fixed lattice positions as in a solid, the hydrogen atoms migrate through the lattice as in a fluid.

  28. #28 Niels
    18. Februar 2014

    So, ich habe mal wegen dem “fully fluid” direkt in Paper geschaut.
    Dort findet man

    French et al. [6, 7] extensively studied the bcc superionic phase and its transition to the fully fluid or plasma regime in which both hydrogens and oxygens become mobile.

    “Fully fluid” meint wohl Plasma.

    Um sicherzugehen hab ich aber auch in French et al. reingeschaut.
    Witzigerweise liefert diese Arbeit direkt die gesuchte Antwort.
    https://prb.aps.org/abstract/PRB/v79/i5/e054107

    Aus dem Abstract:

    Water forms a fluid dense plasma at the conditions of Jupiter’s core (i.e., 20 000 K, 50 Mbar, 11 g/cm3), while it may be superionic in the core of Saturn. We expect a substantial amount of superionic water inside Neptune.

    Das Paper ist wohl nicht frei erhältlich, ich hab es nach kurzem googeln jedenfalls nicht gefunden. Die Arbeit enthält ein Phasendiagramm von 0 bis 100 Mbar und Eintausend bis 24 Tausend Kelvin sowie die folgenden Zitate:

    Planetary models predict different temperatures of about 16000–21000 K and pressures of 40–50 Mbar for the core of Jupiter;

    We find that water at present Jupiter core conditions is in a fluid dense plasma phase, regardless of the planetary model.
    Hence, the initial Jupiter core may have been larger than today due to erosion of its water com. However, the Saturn core conditions are very close to the superionic phase boundary. For instance, the result of Gudkova and Zharkov favors a superionic core, while othermodels predict a fluid core. Thus, superionic watermay exist in Saturn’s core which offers an explanation why it is larger than that of Jupiter—as predicted by interior models of their present state.

    (“fluid core” meint wieder Plasma.)

    (Wer das Phasendiagramm unbedingt sehen will und das Ding nirgends findet, meldet sich bitte. Möglicherweise kann man da etwas machen. 😉 )

    @Titan
    Das alles hat in einem Schulreferat natürlich nicht zu suchen.

    Aber falls es dich interessiert: Wasser liegt im Jupiter-Kern im vierten klassischen Aggregatzustand vor, nämlich als Plasma. (Die anderen drei sind Festkörper, Flüssigkeit und Gas.)
    Ein Plasma ist ein Gas, das so erhitzt wurde, dass die Atome oder Moleküle des Gases ihre Elektronen verlieren. Die können sich dann frei bewegen.
    In unserem anderen Gasriesen, dem Saturn, liegt Wasser unter Umständen als ein besonderer nicht-klassischer Aggregatzustand vor, den man superionische Phase nennt. Dazu braucht es die genau richtige Mischung aus bestimmter extrem hoher Temperatur und bestimmten gigantischem Druck. Das nennt man zwar manchmal Eis, hat aber eigentlich mit dem üblichen Festkörperzustand von gefrorenem Wasser (also der klassischen festen Phase) fast nichts mehr zu tun.

  29. #29 Titan
    Hamburg
    18. Februar 2014

    Vielen Dank für die zahlreichen und ausführlichen Antworten zu diesem Thema. Ich bin begeistert, so schnell Unterstützung erhalten zu haben. Je mehr ich von Euren Ausführungen lese, desto spannender finde ich diese Themen. Von einem Plasma bzw. einer superionischen Phase des Wasserstoffs habe ich bisher nichts gehört und wenn man dies auch als Eis bezeichnen kann, so habe ich nun zumindest eine Antwort auf die Frage eines 8-jährigen, der mit großer Genauigkeit die Fakten seines Weltraumbuches studiert. Sicher wird sein Referat keine physikalischen Phänomene beinhalten, auch mein Vorschlag war, die kindgerechten Themen zu nennen….nun bin ich gespannt, was er daraus macht.
    Wie Euch sicher aufgefallen ist, habe ich mich anfänglich mit dem Stichwort “Jupiter” geirrt, das Referat betrifft natürlich (sorry) den Saturn mit seinen 12.000°, aber auch über den Saturnkern habe ich ja von Niels Antworten bekommen 🙂
    Nochmals DANKE

  30. #30 Niels
    18. Februar 2014

    @Titan

    Von einem Plasma bzw. einer superionischen Phase des Wasserstoffs habe ich bisher nichts gehört und wenn man dies auch als Eis bezeichnen kann

    Wahrscheinlich hast du dich nur verschrieben, aber trotzdem zur Sicherheit:
    Um Wasserstoff geht es oben im Artikel. In meinen Beiträgen ging es um Wasser.
    Wasserstoff-Eis gibt es nicht, eine superionische Phase des Wasserstoffs ebenfalls nicht.
    Die Phasendiagramme von Wasser und Wasserstoff haben überhaupt keine Ähnlichkeit.
    Dafür gibt es dann sogenannten metallischen Wasserstoff. Das ist wieder eine neue Phase und nicht identisch mit flüssigem Wasserstoff. Allerdings hat metallischer Wasserstoff noch am Ehesten etwas mit einer Flüssigkeit zu tun, man spricht deswegen manchmal vom flüssigem metallischem Wasserstoff.

    Wie man oben an den Planetenquerschnitten ablesen kann, gibt es im Saturnkern keinen metallischen Wasserstoff.
    Wasser dagegen schon. Dieses Wasser kann entweder in der superionischen Phase vorliegen oder als Plasma. Um das zu entscheiden, müssten wir die dort vorliegenden Drücke und Temperaturen noch genauer kennen, es wir es bisher tun.

  31. #31 Titan
    19. Februar 2014

    @Niels

    Ja, habe mich in der Tat mit Wasserstoff/Wasser vertan, Deine vorigen Ausführungen waren ja schon eindeutig. Wie Du sicher gemerkt hast, beschäftige ich mich nicht so häufig mit derartigen Themen; dieser Blog hat aber durchaus mein Interesse geweckt und ich werde ihn mit Spannung verfolgen.