Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als ich an der Universitätssternwarte Wien meine Diplomarbeit geschrieben habe (so extrem lang ist das ja auch noch nicht her…). Das war zwischen 1998 und 2000 und auch wenn ich an einem ganz anderen Thema gearbeitet habe, hat sich meine Arbeitsgruppe damals intensiv mit extrasolaren Planeten beschäftigt. Es war damals gerade erst ein paar Jahre her seit der erste Planet entdeckt wurde, der einen anderen Stern umkreist und das Arbeitsgebiet war noch komplett neu. Wir kannten alle Exoplaneten beim Namen, was nicht weiter schwer war weil erst ein knappes Dutzend entdeckt war. Jeder weitere Planet der entdeckt wurde war eine große Neuigkeit über die wir lange diskutiert haben. Ein Kollege war an der Entdeckung eines extrasolaren Planeten beteiligt und nutzte die Daten sogar um daraus seine Doktorarbeit zu schreiben.
Die Entdeckung eines Planeten der einen anderen Stern umkreist ist heute immer noch eine interessante Sache. Aber für eine Doktorarbeit würde es wohl mittlerweile nicht mehr reichen und es gibt auch niemanden mehr, der den kompletten Überblick über alle bekannten Exoplaneten hat. Denn seit gestern kennen mehr als Tausend von ihnen!
In der Extrasolar Planet Encyclopaedia werden seit gestern genau 1010 Planeten geführt:
Die Grenze von 1000 Planeten wurde gestern überschritten, als 11 neue Entdeckungen des SuperWASP-Projekts bekannt gegeben wurden. WASP gehört zu den erfolgreichsten Planetensuchprogrammen und kann auf mittlerweile 101 gefundene Planeten zurück blicken. WASP arbeitet mit zwei automatisierten Teleskopen: WASP-North am Roque de los Muchachos Observatorium auf den Kanarischen Inseln und WASP-South am South African Astronomical Observatory (dem man live bei der Arbeit zusehen kann). Die Teleskope sehen beeindruckend aus:
Was aussieht wie eine seltsame Strahlenkanone sind acht Teleobjektive die einmal pro Minute ein Bild des Himmels aufnehmen und pro Nacht 100 Gigabyte an Daten produzieren können. Die WASP-Teleskope messen die Helligkeit der Sterne und suchen nach kleinen periodischen Verdunkelungen die auf die Existenz von Planeten hinweisen. Im September 2006 fand WASP seinen ersten Planeten und ist mittlerweile bei Planet 101 angekommen.
Solche Jubiläen sind natürlich immer willkürlich. Der tausendste bekannte extrasolare Planet ist aus rein wissenschaftlicher Sicht nicht mehr oder weniger interessant als der erste, der 47te oder der 739te. Aber wir Menschen mögen diese runden Zahlen eben besonders gern. Und ich finde es ziemlich großartig, dass nicht einmal zwei Jahrzehnte nach der Entdeckung des ersten extasolaren Planeten schon mehr als tausend von ihnen entdeckt worden sind.
Für mich war es besonders deswegen interessant, weil ich die ganze Geschichte der Exoplaneten bewusst und als Astronom mitverfolgen konnte. Als 1995 der erste echte Exoplanet entdeckt wurde habe ich gerade mein Studium begonnen. Und danach habe ich immer in Arbeitsgruppen gearbeitet, die sich intensiv mit der Erforschung der Exoplaneten beschäftigt haben. Nach meinem Doktorat habe ich selbst auch auf diesem Gebiet geforscht und einige Fachartikel über extrasolare Planeten publiziert.
Anfangs waren die Exoplaneten noch eine Kuriosität und niemand wusste so richtig, was man von den komischen Riesenplaneten die sich in unmittelbarer Nähe ihres Sterns befinden halten soll. Später fand man dann auch Planeten die sich etwas “normaler” verhielten. Wir waren aufgeregt, als die ersten Systeme entdeckt wurden, die aus mehr als nur einem Planeten bestanden. Wir simulierten die Bewegung dieser Planeten und versuchten vorherzusagen, wo sich in diesem System eventuell noch erdähnliche Planeten befinden könnten. Kaum wurde irgendwo ein neuer Planet entdeckt stürzten sich überall auf der Welt die Himmelsmechaniker auf die Daten, ließen ihre Computer heiß laufen und probierten die ersten zu sein, die einen Artikel über die Stabilität dieses Planetensystems veröffentlichen. Heute werden solche Simulationen routinemäßig schon direkt von den Entdeckern selbst durchgeführt und die Wettrennen der Theoretiker finden nicht mehr statt.
Es war extrem toll mitansehen zu können, wie die Exoplaneten langsam aber sicher immer mehr den Planeten unseres Sonnensystems zu ähneln begannen. Wir entdeckten immer kleinere Himmelskörper und es war nur noch eine Frage der Zeit bis der erste Planet gefunden wurde, der nur noch so groß wie die Erde war.
In den letzten 20 Jahren haben wir so enorm viel über die Exoplaneten herausgefunden (siehe dazu auch meine Serie Die wunderbare Welt der Exoplaneten). Aber wir stehen immer noch am Anfang. Es gibt noch so viel, was wir nicht wissen und ich bin froh, dass ich weiterhin mit dabei sein kann um die zukünftige Entwicklung zu erleben. Neue Raumsonden wie GAIA oder CHEOPS werden in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weitere Daten liefern und uns die Planeten nicht nur finden sondern auch verstehen lassen. Es wird nicht mehr lange dauern, bis wir den ersten potentiell habitablen Planeten finden auf dem Leben möglich sein kann und es ist durchaus möglich, dass wir in naher Zukunft auch konkrete Spuren von Leben entdecken.
Ich weiß nicht, ob ich in zwei Jahrzehnten immer noch mein Blog schreiben werde. Vielleicht könnt ihr dann ja schon direkt meine Gedanken per Implantat-Feed abonnieren oder so… Aber ich bin auf jeden Fall enorm gespannt, was es in 20 Jahren über Exoplaneten zu erzählen gibt!
P.S. Es ist durchaus möglich das andere Kataloge mehr oder weniger als 1010 Exoplaneten auflisten. Es gibt viele Fälle wo nicht ganz klar ist, ob es sich um einen Planeten handelt oder nicht oder wo nicht klar ist, ob man wirklich was entdeckt hat oder nicht. Diese Fälle werden in unterschiedlichen Katalogen unterschiedlich behandelt und führen zu unterschiedlichen Zahlen. Die Extrasolar Planet Encyclopaedia gehört zu den ältesten und anerkanntesten Katalogen und ich halte ich mich daher einfach an sie.
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