Eine äußerst interessante Meldung macht gerade die Runde in den Medien: Jeder fünfte sonnenähnliche Stern besitzt einen erdähnlichen Planeten in seiner habitablen Zone. Das ist tatsächlich ein faszinierendes Ergebnis und ich habe mich sehr darüber gefreut, als ich die Pressemitteilung der Keck-Sternwarte gelesen haben. Weniger erfreut war ich über die Tatsache, dass ich NUR die Pressemitteilung lesen konnte. Ich hatte eigentlich vor, heute einen Artikel über dieses Thema in meinem Blog zu schreiben. Aber das will ich nicht machen, wenn mir dafür nur die Pressemitteilung zur Verfügung steht. Ich will dafür alle Daten zur Verfügung haben und die Originalpublikation lesen. Die ist allerdings nur kostenpflichtig zugänglich. Und das ist absurd.
Ich habe die freie Verfügbarkeit von Forschungsergebnissen schon öfter eingefordert und hier im Blog erklärt, warum Open Access so enorm wichtig ist. Und mich dann Anfang des Jahres dazu entschieden, nur noch über wissenschaftliche Ergebnisse zu bloggen, die frei verfügbar sind (und mich seither auch daran gehalten).
Natürlich hätte ich die Möglichkeit, an den Volltext des entsprechenden Artikels zu kommen. Ich kenne genug Leute in der Wissenschaft die Zugriff darauf haben und mir den Text schicken können. Aber darum geht es nicht. Es geht um das Prinzip. Die Astronomen und die jeweiligen Pressestellen der Universitäten und Forschungseinrichtungen an denen sie arbeiten haben sich dafür entschieden die Informationen über die Entdeckung an die Öffentlichkeit weiterzugeben. Wenn ich aber objektiv über diese Daten berichten will, dann muss ich die Daten auch tatsächlich betrachten können. Dann reicht mir das, was die Pressestelle als berichtenswert ansieht nicht aus. Klar, ich weiß das viele Medien zufrieden damit sind (oder aus Zeit- und Personalmangel keine andere Möglichkeit haben) einfach nur die Pressemitteilung zu kopieren. Aber wenn das die normalen Medien sowieso schon machen, muss ich das nicht wiederholen. Mein Blog ist keine Online-Zeitung…
Es geht mir dabei auch um Nachvollziehbarkeit. Wer meinen Artikel zu einem wissenschaftlichen Thema liest, muss mir nicht einfach alles glauben. Es gibt immer die Möglichkeit, auf die Originalquellen zuzugreifen und das zu überprüfen, was ich geschrieben habe. Wenn diese Quellen aber hinter einer PayWall versteckt sind, dann geht das nicht mehr.
Die Sache ist vor allem absurd, wenn man bedenkt, wo die Daten her kommen. Die Arbeit über die Anzahl der erdähnlichen Exoplaneten wurde von NASA und der National Science Foundation, also aus Steuergeldern, gefördert. Das Weltraumteleskop Kepler von dem die Daten stammen ist kein Privateigentum sondern wurde aus Steuergelder finanziert. Der (in diesem Fall amerikanische) Steuerzahler hat die Forschung also bezahlt – und muss jetzt ein zweites Mal bezahlen, wenn er die Ergebnisse dieser Forschung sehen will. Diese absurde Situation kritisiert auch das NASA-Watch-Blog und weist darauf hin, dass Geoffrey Marcy, einer der Ko-Autoren der Arbeit, sich bei anderen Dingen immer sehr für Offenheit und Freiheit in der Forschung einsetzt – hier aber scheinbar nichts dagegen tun, dass die Forschungsergebnisse hinter einer PayWall versteckt werden. Einer PayWall übrigens, die vor den Inhalten der Proceedings of the National Academy of Sciences steht; einer Organisation die selbst aus öffentlichen Geldern finanziert wird.
Es wäre kein großes Problem für die Forscher, ihren Artikel nach der Publikation in einem normalen Journal ihrer Wahl zusätzlich in der ArXiv-Datenbank einzustellen um ihn so für alle zugänglich zu machen. Jeden Tag machen das hunderte Wissenschaftler mit ihren Arbeiten ganz genau so (und auch Erik Petigura, der Hauptautor der aktuellen Studie hat das schon öfter gemacht). Ich weiß nicht, aus welchen obskuren forschungspolitischen Gründen man hier darauf verzichtet hat. Aber ich hoffe sehr, dass sich das ändert. Nicht nur in diesem Fall, sondern ganz allgemein. Forschung muss frei sein! Das gilt besonders für die Forschungsergebnisse, die aus der Arbeit mit öffentlichen Geldern stammen. Und das gilt auf jeden Fall, wenn es sich um Ergebnisse handelt, die eine Forschungseinrichtung aktiv der Öffentlichkeit präsentiert! Die Originalpublikation hat immer Teil einer wissenschaftlichen Pressemitteilung zu sein!
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