Die Quantenmechanik gehört wahrscheinlich zu den wissenschaftlichen Disziplinen, die am häufigsten von Esoterikern und Pseudowissenschaftler mißbraucht wird. Sie ist einerseits voll mit faszinierenden Konzepten und Phänomenen die unserem Alltagsverständnis widersprechen. Andererseits ist sie aber auch eine sehr komplexe und von der Mathematik dominierte Wissenschaft, die man nicht eben mal so im Vorbeigehen lernen kann. Das fordert Missverständnisse und Mißbrauch regelrecht heraus und es ist kein Wunder, wenn die Welt voll mit “Quantenunsinn” ist. Da wird behauptet, “Alles ist Schwingung” und “Alles hängt mit allem zusammen” und die Quantenmechanik muss als Beleg und wissenschaftliches Feigenblatt herhalten mit dem man sein quantenesoterisches Geschäftsprinzip rechtfertigen kann. Es gibt “Quantenheilung”, es gibt Quantenzeugs zum Spritsparen, homöopathische Quantenmechanik und jede Menge anderen Unsinn.
Das Problem ist die unzulässige Vermischung von Mikrowelt und Makrowelt. Die Quantenmechanik beschreibt das, was Elementarteilchen, Atome und Moleküle treiben. Und dort passieren all die seltsamen und faszinierenden Quantenphänomene. Die Makrowelt der großen Dinge, also unsere Alltagswelt ist eine ganz andere und man kann nicht einfach die Phänomene der einen Welt auf die andere Welt umlegen. Nur weil ein Elektron oder Photon sich sowohl wie eine Welle als auch ein Teilchen verhalten kann, gilt das für Objekte aus der Makrowelt noch lange nicht! Ein Elektron mag beim Durchgang durch einen Spalt zwar wie eine Welle abgelenkt werden; aber wenn ich mich durch eine Tür bewege, dann passiert so etwas nicht. Man kann zwei Elementarteilchen auf quantenmechanischen Weg verschränken so dass sie trotz großer Entfernung miteinander in Verbindung stehen. Aber daraus abzuleiten, dass man einen menschlichen Körper mit der “Heilinformation” eines Medikaments verschränken kann und deswegen die Homöopathie funktioniert (wie es manche Leute ja ernsthaft tun) zeigt nur, dass man die Quantenmechanik nicht verstanden hat.
Es ist also verständlich, wenn sich die echten Physiker darüber ärgern, wenn eine der wichtigsten und experimentell am besten bestätigten Theorien die die Wissenschaft zu bieten hat, für so einen Unsinn mißbraucht wird. Kürzlich besonders geärgert hat sich Professor Phil Moriarty von der Universität Nottingham. Anlaß war ein Artikel in einer britischen Zeitung in der behauptet wird, die Quantenmechanik beweise die Existenz eines Lebens nach dem Tod (was sie natürlich NICHT tut). In der Videoserie “Sixty Symbols” spricht Moriarty über diesen speziellen Fall des Quantenunsinns aber auch allgemein über das Problem und die Frage, wie sehr die Physiker selbst schuld daran sind, wenn in der Öffentlichkeit so viele Mißverständnisse existiere und welche negativen Auswirkungen das haben kann. Es ist ein sehr sehenswertes Video:
“Nur weil die Wissenschaft manche Dinge noch nicht versteht, heisst das nicht, dass man sich einfach irgendeinen Unsinn ausdenken kann.”
Ich glaube, diesen Satz von Moriarty sollte man auf T-Shirts drucken…
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