In knapp 6 Milliarden Jahren wird die Sonne das Ende ihres Lebens erreicht haben. Sie wird in ihrem Inneren keinen Wasserstoff mehr für die Kernfusion finden, sondern kann nur noch Helium und andere schwere Elemente verbrennen. Dabei wird sie heißer als je zuvor und die starke Strahlung bläht sie zu einem roten Riesenstern auf. Sie wird bis zur Bahn der Erde reichen und was mit unserem Planeten passieren wird, ist noch unklar. Entweder die Erde wird verschluckt oder rückt rechtzeitig ein Stückchen zur Seite. Der weit über 3000 Lichtjahre entfernte Planet Kepler-91b dagegen wird schon bald von seinem Stern geschluckt werden. Knapp 55 Millionen Jahre hat er noch…
Beobachtet hat man Kepler-91b schon vor einiger Zeit, aber erst jetzt haben Jorge Lillo-Box vom Center of Astrobiology in Madrid und seine Kollegen aus aller Welt die Parameter des Planeten und seines Sterns genau bestimmt (“Kepler-91b: a planet at the end of its life. Planet and giant host star properties via light-curve variations”). Das war eine ziemlich knifflige Angelegenheit, denn die Lichtkurve ließ sich nicht so einfach interpretieren.
Planeten wie Kepler-91b sieht man ja nicht direkt. Man beobachtet einen Stern und hofft, dass er in perdiodischen Abständen schwächer wird. Dieses regelmäßige “Blinken” wird durch den Planet verursacht, der von uns aus gesehen direkt vor dem Stern vorüber zieht und einen Teil seines Lichts blockiert. Aber bis man aus den Daten dann tatsächlich die Eigenschaften des Planeten ableiten kann, muss man sich ein wenig anstrengend. So sieht die Lichtkurve des Sterns aus (Sie zeigt nicht nur einen einzigen Abfall des Lichts – es wurden viele gemessen und dann in einem Diagramm übereinandergelegt):
Die roten Punkten sind die eigentlichen Daten, also die Helligkeit des Sterns. Und da muss man jetzt irgendeine vernünftige Kurve durchlegen. Meistens wird angenommen, dass der Planet sich auf einer kreisförmigen Bahn um den Stern bewegt. Zumindest in unserem Sonnensystem wäre das eine recht gute Näherung, aber anderswo kann es natürlich anders sein. Und ein Planet auf einer elliptischen Bahn hat einen anderen Effekt auf das Licht des Sterns als einer auf einer kreisförmigen Bahn. Man muss aber auch noch andere Dinge berücksichtigen: Der Planet kann auf dem Stern Gezeiten verursachen, wenn er ihm sehr nahe ist, ihn ein wenig verformen und außerdem zum Wackeln bringen. Auch das ändert periodisch die Menge des Lichts, die in unseren Teleskopen ankommt. Und schließlich kann der Planet nicht nur Licht blockieren, sondern auch ein wenig Licht vom Stern zu uns reflektieren. Diese drei Effekte muss man bei der Datenanalyse berücksichtigen und zwar um so mehr, je näher kleiner der Abstand zwischen Stern und Planet ist. Und wie sich zeigen sollte, ist der bei Kepler-91b ganz besonders gering…
Die blaue Kurve im Diagramm oben zeigt die Kurve die man erhält wenn man von einer kreisförmigen Bahn ausgeht. Passt nicht sehr gut; deswegen zeigt die schwarze Kurve, wie es mit einer passenden elliptischen Bahn aussieht. Das kleine Bild im Bild zeigt die jeweiligen Einflüsse von Verformung/Wackeln (grün), Reflektion (blau) und elliptischer Bahn (rot). Das schmale Diagramm ganz unten zeigt wie die Helligkeit aussieht, wenn man den Einfluss des Planeten subtrahiert (dann sollten sich die Messpunkte kaum noch ändern).
Im Diagramm sind auch noch drei Bereich markiert: A, B und C. Das sind Intervalle, in denen die Helligkeit des Sterns noch einmal geringer wurde, als erwartet. A und B könnten durch eine “sekundäre Verdunkelung” erzeugt werden. Wenn Stern und Planet einander nahe sind, dann heizt sich auch der Planet auf und leuchtet ein wenig selbst. Wenn der Planet dann hinter dem Stern steht, dann fehlt dieses Planetenlicht und es wird ein klein wenig dunkler. Dieser sekundäre Transit sollte zwischen den grauen Linien im Bild stattfinden, also dort wo “A” und “B” gemessen wurden. Interessant ist “C”. Das könnte natürlich einfach Zufall sein oder irgendein technischer Effekt von der Datenauswertung. Es könnte aber auch ein weiterer Planet sein der den Stern ebenfalls umkreist und ihn auch ab und zu verdunkelt. Der müsste dann aber weit vom Stern entfernt sein und sich auf einer zu Kepler-91b geneigten Bahn befinden, damit es zu den Daten passt. Es könnte auch ein Trojanerplanet sein; also ein Planet, der sich auf der gleichen Bahn befindet wie Kepler-91b. Oder aber es ist ein großer Mond von Kepler-91b. Was es genau ist, weiß man nicht und wird erst weitere Beobachtungen machen müssen, bevor man es herausfindet.
Aber der Planet Kepler-91b ist selbst schon interessant genug. Nach Auswertung der Daten zeigte sich, dass seine Masse ein klein wenig geringer ist als die von Jupiter. Es handelt sich also um einen Gasplaneten. Der Abstand zu seinem Stern ist enorm gering und beträgt nur 0,072 Astronomische Einheiten bzw. knapp 10 Millionen Kilometer (die Erde ist 150 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt). Er braucht nur 6 Tage für eine Runde um den Stern. Und es ist ein großer Stern! Denn natürlich muss man auch den Stern ganz genau untersuchen, wenn man die Eigenschaften des Planeten bestimmen will. Wenn man nicht weiß, wie groß und schwer der Stern ist, kann man auch nicht herausfinden wie groß und schwer der Planet ist. Auch die anderen Eigenschaften des Sterns sind wichtig, wenn man den Stern verstehen will. Um möglichst viel über den Stern herauszufinden, haben sich Lillo-Box und seine Kollegen der Asteroseismologie bedient. Sie haben nachgesehen, wie die Oberfläche des Sterns hin und her schwingt und daraus viel gelernt. Der Stern hat die 1,3fache Masse der Sonne – aber den 6,3fachen Radius! Es handelt sich um einen roten Riesenstern, genau die Art von Stern, zu der sich auch die Sonne entwickeln wird.
Der Planet befindet sich in unmittelbarer Nähe dieses Riesen. Am sternnächsten Punkt seiner Bahn kommt er ihm bis auf den 3fachen Sternradius nahe. Und wenn dort jemand leben würde (was kaum der Fall sein wird, da es sich um einen heißen Gasplanet handelt), dann wäre das ein spektakulärer Anblick: Der Stern würde 36 Prozent des Himmels bedecken! Und er wird immer größer werden. Die Modelle der Astronomen zur Sternentwicklung zeigen, dass der rote Riese in den nächsten 55 Millionen Jahren sich so weit ausdehnen wird, bis er den Planet verschluckt hat. Für den Planeten mag das unangenehm sein. Aber für die Wissenschaftler auf der Erde ist das eine tolle Gelegenheit. Sie können bei Kepler-91 studieren, was die Zukunft für uns bereit halten wird…
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