Der Jahreswechsel ist immer die Zeit, in der traditionell in die Zukunft geblickt wird. Astrologen, Hellseher und andere dubiose Propheten veröffentlichen ihre Vorhersagen für das nächste Jahr und werden damit genau so falsch liegen wie in den Jahren zuvor. Wissenschaftler, Journalisten und Politiker erzählen uns, was das nächste Jahr bringen wird und der Rest der Bevölkerung schmeisst am Silvesterabend flüssiges Blei in Wasser um seine ganz persönliche Zukunft zu erfahren. Aber wenn man von diesem Aberglauben mal absieht: Kann man denn wirklich vernünftige Aussagen über das machen, was das Leben bringen wird? Und wenn man schon nichts Verlässliches über die Zukunft sagen kann: Kann man dann zumindest halbwegs vernünftig erklären, warum die Gegenwart so ist wie sie ist? Oder sind wir hilflos dem Zufall ausgeliefert, der unser Leben bestimmt und haben selbst keine Kontrolle?
Das sind fundamentale Fragen und es ist erstaunlich schwer, sie zu beantworten. Wir sind es gewohnt, in klaren Ursache-Wirkung-Beziehungen zu denken. Die Dinge sind heute so, weil sie früher so waren. Und wir meinen zu wissen, warum das so ist. Wir meinen zu wissen, warum bestimmte Menschen erfolgreich im Beruf sind und andere nicht. Warum bestimmte Politiker Wahlen verlieren und andere immer gewinnen. Warum ein Sportler eine Glücksträhne hat; eine Sängerin einen Nummer-1-Hit nach dem anderen liefert oder ein Kinofilm erfolgreich ist. Aber die Realität ist ein wenig komplexer als unsere Vorstellung. Unser Gehirn ist nicht dafür ausgelegt, mit Zufall und Wahrscheinlichkeiten umzugehen. Es hat sehr lange gedauert, bevor wir in der Lage waren, Wahrscheinlichkeiten und Chaos wissenschaftlich zu betrachten. Und als die Mathematiker herausfanden, wie der Zufall funktioniert, widersprach das all dem, was unsere Intuition und unser “Hausverstand” zu sagen scheinen.
Es kann daher nicht schaden, sich einmal ausführlich mit diesem Thema zu beschäftigen. Deswegen habe ich mich entschlossen, das Buch “The Drunkard’s Walk: How Randomness Rules Our Lives” (auf deutsch: “Wenn Gott würfelt: oder Wie der Zufall unser Leben bestimmt”) von Leonard Mlodinow noch einmal zu lesen und hier im Blog ausführlich zu besprechen. Das Buch ist schon ein wenig älter und im Jahr 2009 erschienen – aber immer noch enorm lesenswert. Mlodinow beschäftigt sich darin mit Zufall und Wahrscheinlichkeiten, erklärt die historische Entwicklung von Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung und demonstriert, wo und wie der Zufall unser Leben bestimmt. Als ich es 2009 das erste Mal gelesen habe, war ich sehr begeistert davon und habe nun endlich die Zeit gefunden, es noch einmal zu lesen und darüber zu bloggen. In den nächsten 10 Tagen werde ich die 10 Kapitel des Buchs der Reihe nach vorstellen, zusammenfassen und am Ende hoffentlich einen halbwegs klaren und lesenswerten Überblick über den Einfluss des Zufalls auf unser aller Leben gegeben haben. Das soll euch aber bitte nicht davon abhalten, das Buch selbst zu lesen! Ich kann bei weitem nicht alles erklären und beschreiben, was Mlodinow in seinem Buch erklärt und beschreibt und musste notgedrungen viele sehr interessante Stellen auslassen.
Morgen geht es los mit dem Zufall. Und ich kann euch ein paar interessante und überraschende Aha-Erlebnisse versprechen…
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