Erst nach knapp einer Stunde taucht die Vermisste wieder auf: In der Kühltruhe des Kutschers, mit Eis überzogen und schön tiefgefroren. Da half auch der Treibhauseffekt nichts mehr. Wie kalt es in der Truhe tatsächlich war, ist unbekannt. Aber es hatte auf jeden Fall weniger als Null Grad. Zumindest wenn es nach der Celsius-Temperaturskala geht. Die hat sich in den meisten Ländern mittlerweile durchgesetzt – aber früher war das anders. Wenn es nach Herrn Celsius persönlich gegangen wäre, dann müsste die Temperatur in unseren Tiefkühltruhen weit über 100 Grad betragen! Denn als Anders Celsius 1742 seine Temperaturskala definierte, benutzte er dazu zwar ebenfalls den Gefrier- bzw. Siedepunkt von Wasser als Fixpunkte. Er schlug aber eine Skala vor, bei der das Wasser bei 100 Grad gefriert und bei null Grad kocht. Je heißer es wird, desto geringer ist also auf seiner Skala die Temperatur. Warum er sich so eine komische Skala ausgedacht hatte, weiß ich nicht – aber nach seinem Tod kam der schwedische Naturforscher Carl von Linné und hat das ganze umgedreht. Es gibt und gab natürlich auch noch jede Menge andere Skalen. Der erste, der sich bemühte die Temperatur auf einer vernünftigen Skala zu messen, war Isaac Newton im Jahr 1700. Die Grad Newton haben sich aber nie wirklich durchgesetzt; die Grad Réamur dagegen schon, zumindest in Europa. Aber auch dort wurden sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts von der leichter berechenbaren Celsius-Skala abgelöst. Nur die USA bestehen weiterhin auf einer anderen Skala – hier verwendet man 1714 entwickelte Skala von Daniel Fahrenheit. Er wollte negative Temperaturwerte vermeiden und setzte daher den Nullpunkt seiner Skala auf die tiefste damals in seiner Heimatstadt Danzig gemessenen Temperatur fest. Der Gefrierpunkt des Wassers wurde auf 32 Grad Fahrenheit gelegt und der obere Fixpunkt seiner Skala war die Körpertemperatur eines Menschen bei 96 Grad Fahrenheit. Das klingt zwar immer noch ein wenig unpraktisch, aber die Amerikaner bestehen weiterhin auf ihrer Extrawurst…
Extrawürste (Hammer-Überleitung!!) gibt es auch in Weimar und zwar in der Wurstfabrik von Frau Hoppe. Dort können die Kommissare auf einem Überwachungsvideo einen Streit zwischen Frau Hoppe und ihrem Sohn beobachten. Es scheint alles darauf hin zu deuten, dass er der Täter ist. Dann allerdings taucht plötzlich die gefrorene Leiche von Frau Hoppe im Garten ihres Sohnes auf und verschwindet gleich darauf wieder. Denn der Kutscher hatte zwar die tote Frau zwar in seinem Schuppen zwischengelagert, sie aber nicht umgebracht. Angeblich hat er die schon tote Hoppe nur besoffen mit seiner Kutsche überfahren und sie kurzerhand mitgenommen und eine Erpressung inszeniert um sich schnell noch ein bisschen Geld zu besorgen um Schulden abbezahlen zu können. Da das nicht geklappt hat, wollte er die Leiche beim eh schon verdächtigen Sohn abladen um ihn noch verdächtiger zu machen.
Ich sollte langsam mal ein wenig zu meckern anfangen; immerhin ist die Folge schon fast um und ich hab mich noch nicht einmal über die künstlich überfrachtete Tatorthandlung beschwert. Auch nicht über die pseudo-gesellschaftskritischen Drehbücher der Tatort-Autoren oder die nervige Ausbreitung des Privatlebens der Kommissare. Aber das liegt daran, dass dieser Tatort erfreulich frei von all dem Unsinn ist, der mich sonst am Tatort so stört. Die Handlung ist ausreichend komplex, aber nicht zu komplex und man hat auf den üblichen Geschichten-Wirrwarr verzichtet. Christian Ulmen und Nora Tschirner spielen ihre Rollen äußerst sympathisch und wenn dann ihr Privatleben doch mal thematisiert wird, dann stört das den Fluss der Geschichte nicht und drängt sich nicht wie sonst in den Vordergrund. Bis jetzt ist das die beste Tatortfolge, die ich gesehen habe.
Die Auflösung kommt dann in Folge von Splittern. Zuerst ein Lacksplitter, der am Auto von Frau Hoppe gefunden wurde und darauf hindeutet, dass sie bei der Frau aus der Stadtverwaltung zu Besuch war. Und dann ein Glassplitter aus der Leiche, der aus dem Tisch von eben dieser Frau stammt.
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