Wenn ihr heute Nachmittag um 16:30 genau Richtung Süden schaut, dann seht ihr dort den hellen Stern Fomalhaut. Beziehungsweise ihr würdet ihn sehen, wenn nicht die noch hellere Sonne das Licht aller anderen Sterne ausblenden würde. Fomalhaut, das “Maul des Wales” ist ein Stern des Südhimmels und von Deutschland derzeit nachts kaum am Himmel sichtbar. Das ist schade, denn Fomalhaut ist ein ziemlich faszinierendes Objekt. Vor allem für mich als Himmelsmechaniker: Das astronomische Spezialgebiet der Himmelsmechanik beschäftigt sich mit der Bewegung von Himmelskörpern und damit das halbwegs interessant ist, braucht es immer mehrere Himmelskörper. Wenn irgendwo zum Beispiel ein Planet entdeckt wird der einen Stern umkreist, dann ist das für die Planetologen natürlich potentiell höchst interessant. Für die Himmelsmechaniker ist das aber eher langweilig, denn ein Planet der einen Stern umkreist ist ein Zweikörperproblem und dessen exakte Lösung ist seit dem 17. Jahrhundert bekannt. So richtig spannend wird es erst, wenn man zwei Planeten hat, denn dann gibt es jede Menge Dynamik und Chaos und potentiell unerwartete Ergebnisse! Je mehr Himmelskörper die sich gegenseitig beeinflussen, um so besser! Und Fomalhaut bietet uns da eine große Auswahl…
Da ist erstmal der Stern selbst. Fomalhaut besteht eigentlich aus drei locker aneinander gebundenen Sternen. Fomalhaut A ist ein großer, heißer und heller Stern; eines der hellsten Objekte am südlichen Himmel. Fomalhaut B ist ein bisschen kleiner und sonnenähnlicher und Fomalhaut C ist ein noch kleinerer roter Zwergstern. Die drei Komponenten des Fomalhaut-Systems liegen weit auseinander: Von A nach B sind es 0,9 Lichtjahre und von A nach C sogar 2,5 Lichtjahre. Dass Fomalhaut C überhaupt noch gravitativ an Fomalhaut A und B gebunden ist, konnte man erst vor kurzem nachweisen.
Ein Dreifachssternsystem ist aus dynamischen und himmelsmechanischen Gründen schon sehr interessant; Fomalhaut hat aber noch mehr zu bieten. Bei Fomalhaut A hat man schon vor einigen Jahren eine sogenannte “Trümmerscheibe” entdeckt, die darauf hindeutet, dass es dort noch mehr zu finden gibt. Normalerweise findet man Staub bei Sternen, die noch sehr jung sind. Der Staub ist der Überrest der Sternentstehung und bildet das Ausgangsmaterial für die Entstehung von Planeten. Die Staubkörner in so einer “protoplanetaren Scheibe” sind sehr klein; im Gegensatz zu den Staubkörner, die man in einer Trümmerscheibe findet. Hier muss der Staub also schon gewachsen sein; es muss also genau der Prozess abgelaufen sein, der abläuft wenn aus kleinen Staubkörner immer größere Objekte und am Ende Planeten entstehen. Die starke Strahlung des Sterns würde die Staubkörner im Laufe der Zeit auch aus dem System hinaus pusten und wenn sie heute immer noch beobachtbar sind (Fomalhaut A ist ungefähr 450 Millionen Jahre alt; noch jung für einen Stern aber alt genug um den Staub schon längst aus dem System transportiert zu haben). Wenn der Staub in der Trümmerscheibe heute immer noch da ist, dann deswegen, weil er immer wieder neu produziert wird. Der Staub besteht aus den Trümmern von Asteroiden, die miteinander kollidieren. Und wo es Asteroiden gibt, da muss es eigentlich auch Planeten geben.
Vor allem dann, wenn es sich nicht um eine homogene Staubscheibe handelt, sondern eine mit Strukturen und Lücken, wie es bei Fomalhaut A der Fall ist. In bestimmten Regionen um den Stern findet man viele Asteroiden und viel Staub und in anderen Regionen wenig Asteroiden und wenig Staub. Irgendwas muss die Verteilung der Asteroiden beeinflussen und dieses Etwas kann eigentlich nur ein Planet sein. Und tatsächlich hat man im Jahr 2008 einen ungefähr jupitergroßen Planeten entdeckt, der zwischen der inneren und äußeren Trümmerscheibe von Fomalhaut A seine Runden zieht.
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