Die Entdeckung von neuen extrasolaren Planeten ist mittlerweile kaum noch eine Nachricht wert. Immerhin haben wir schon über tausend von den Dingern entdeckt. Wenn es nicht gerade wieder ein Kandidat für eine “zweite Erde” ist oder ein anderer Rekordhalter, dann ist der Fund eines weiteren Planeten mittlerweile nicht mehr groß erwähnenswert (zumindest in den Medien, die Wissenschaftler interessieren sich für alle Entdeckungen). Das gilt ganz besonders für die Entdeckung von großen Gasplaneten, die so gar nicht erdähnlich sind und kein Leben beherbergen können. Die drei lebensunfreundlichen Gasriesen, die kürzlich von Anna Brucalassi und ihren Kollegen entdeckt worden sind, sind aber trotzdem äußerst bemerkenswert. Und zwar nicht nur, weil zwei von ihnen einen “Sonnenzwilling” umkreisen. Sondern weil sich die Planeten mitten in einem Sternhaufen befinden.
Sternhaufen gibt es überall. Es gibt zwei grundlegende Arten: die offenen Sternhaufen und die Kugelsternhaufen. Kugelsternhaufen findet man in den Randbezirken einer Galaxie und auch unsere Milchstraße wird von hunderten Kugelsternhaufen umkreist. Innerhalb der Milchstraße findet man die offenen Sternhaufen, wie zum Beispiel die Plejaden. Von denen gibt es bei uns ein paar tausend und das ist auch kein Wunder. Offene Sternhaufen sind die Regionen, in denen Sterne entstehen.
Alles beginnt mit einer sogenannten “Riesenmolekülwolke”, also einer meist über 100 Lichtjahren großen und mehrere Millionen Sonnenmassen schweren Wolke aus Gas (hauptsächlich Wasserstoff). In dieser Wolke beginnen durch äußere Störungen bestimmte Bereiche zu kollabieren und verdichten sich. So entstehen Sterne und die starke Strahlung der jungen Sterne pustet das restliche Gas der Wolke weg. Am Ende ist aus der Riesenmolekülwolke ein Sternhaufen entstanden, der sich dann aber nach ein paar hundert Millionen Jahren auch wieder auflöst. Die Sterne sind nur lose aneinander gebunden und Gezeitenkräfte und andere gravitative Störungen verteilen die Sterne im Laufe der Zeit über die ganze Milchstraße.
So weit, so gut. Bis jetzt habe ich immer nur von Sternen gesprochen. Aber wo Sterne sind, sollten eigentlich auch Planeten sein. Wir wissen ja mittlerweile, dass Planeten genau so häufig sind wie Sterne und zumindest im Durchschnitt jeder Stern der Milchstraße von mindestens einem Planeten umkreist wird. Aber bei Sternen die sich in Sternhaufen befinden, hat man bisher so gut wie keine Planeten gefunden.
Es gäbe einige Gründe, warum das so sein kann. Vielleicht stören sich die nahe beieinander stehenden Sterne gegenseitig und in den protoplanetaren Staub- und Gasscheiben die die jungen Sterne umgeben können sich schlecht Planeten bilden. Vielleicht ist auch nicht genug Material da, aus dem sich Planeten bilden können, wenn zum Beispiel in der Nachbarschaft gerade ein großer, heißer Stern mit seinem Sternwind allen Staub und alles Gas aus dem Haufen pustet.
Aber trotzdem wäre es irgendwie komisch, wenn Sterne in offenen Sternhaufen keine Planeten hätten. Denn immerhin entstehen ja so gut wie alle Sterne in offenen Sternhaufen. Diese Haufen lösen sich dann halt im Laufe der Zeit wieder auf – aber wenn in den Haufen keine Planeten entstehen können, dann dürften eigentlich so gut wie gar keine Sterne Planeten haben. Aber Sternhaufen ist ja auch nicht gleich Sternhaufen und vielleicht sind die Bedingungen zur Planetenentstehung in manchen Haufen besser als in anderen.
Diese ganzen Spekulationen sind aber nun größtenteils hinfällig geworden. Denn nun Brucalassi und ihre Kollegen haben neue Planeten in einem Sternhaufen entdeckt (“Three planetary companions around M67 stars” (pdf)). Gleich drei davon; und zwei davon umkreisen Sterne, die der Sonne extrem ähnlich ist. Aber nur weil der Stern ein Zwilling der Sonne ist, müssen die Planeten noch lange kein Zwillinge der Erde sein und das sind sie auch nicht. Sie haben ungefähr ein Drittel der Jupitermasse (und damit sind sie immer noch mehr als 100 Mal schwerer als die Erde!) und sehr enge Umlaufbahnen. Sie sind ihrem Stern enorm nahe und die Temperaturen sind dort entsprechend heiß. Der dritte entdeckte Planet ist ein bisschen weiter von seinem Stern entfernt und schwerer als der Jupiter. Alle befinden sich im Sternhaufen Messier 67 der insofern besonders ist, als dass er sehr lange durchgehalten hat. Er ist schon 4 Milliarden Jahre alt und hat sich immer noch nicht aufgelöst.
Sternhaufen sind ja für die Astronomie auch deswegen interessant, weil die Sterne dort alle gleichzeitig entstanden sind. Sie wurden alle zum gleichen Zeitpunkt geboren, aber mit jeweils unterschiedlicher Masse. An den Sternen so eines Haufens kann man nun wunderbar untersuchen, wie sich Sterne unterschiedlicher Masse entwickeln (ich hab das früher schon mal am Beispiel der “blauen Nachzügler” erklärt). Messier 67 ist schon ziemlich alt und man hat dort schon ein paar hundert rote Riesen und weiße Zwerge gefunden; also Sterne am Ende ihres Lebens. Dort sind überhaupt nur noch Sterne der Spektraltypen G, K und M als normale “Hauptreihensterne” vorhanden (siehe dazu meinen Artikel über die Spektraltypen und das Hertzsprung-Russell-Diagramm). All die schwereren Sterne vom Typ O, B, A und F haben ihr Leben schon beendet und wurden zu Neutronensternen, schwarzen Löchern oder weißen Zwergen.
Aber die Eigenschaften der Planeten und der Sterne sind an dieser Entdeckung nicht das Besondere. Es geht darum, dass man überhaupt etwas entdeckt hat. Die Wissenschaftler um Anna Brucalassi haben die Daten von sechs Jahren Beobachtung des Sternhaufens Messier 67 ausgewertet und konnten am Ende eine Statistik für die dort vorhandenen Planeten erstellen. Den Hochrechnungen nach gibt es auch in den Sternhaufen jede Menge Planeten. Die bisher gesammelten Daten deuten darauf hin, dass Planeten in Sternhaufen genau so häufig sind wie bei Sternen die sich nicht in Haufen befinden.
Bisher hat man eben anscheinend nicht genau und lange genug nachgesehen. Wir vergessen eben manchmal, dass das Universum verdammt groß ist, Und wir weit davon entfernt sind, alles entdeckt zu haben, was es zu entdecken gibt…
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