Aber auch die Wissenschaftler haben Angst, öffentlich Fehler zu machen. Als Wissenschaftler hat man verinnerlicht, dass man die Dinge immer korrekt beschreiben muss und keine Fehler machen darf. Hier geht es weniger um die äußerliche Form sondern um den Inhalt. Fehler in einer wissenschaftlichen Fachpublikation können im schlimmsten Fall die Karriere eines Forschers beenden. Deswegen wird jede Veröffentlichung lange vorbereitet und intensiv überprüft. In der Öffentlichkeit “einfach mal so” über Wissenschaft zu reden; ohne die Möglichkeit, vorher alles in Ruhe zu prüfen bzw. von Kollegen vor der Veröffentlichung prüfen zu lassen, ist für viele Wissenschaftler eine erschreckende Vorstellung. Ein Fehler in einer Fachpublikation ist schlimm genug, aber immerhin beschränkt sich das Publikum da auf die eigenen Kollegen. Macht man in einem Blog einen Fehler, dann sieht ihn die ganze Welt!
Ich kann verstehen, wenn Wissenschaftler – neben alle den anderen Gründen die sie davon abhalten – Angst davor haben, sich direkt an die Öffentlichkeit zu wenden. Sie unterliegen der “Tyrannei der Präzision” und wollen in der Öffentlichkeit keine Fehler machen. Aber so wie die Journalisten sollten sie sich davon nicht abhalten lassen. Um es überspitzt auszudrücken: Wissenschaftler sollen in der Öffentlichkeit Fehler machen!
In den Augen der Öffentlichkeit sind die Forscher oft immer noch die “allwissenden” und “unfehlbaren” bebrillten Genies in Laborkitteln; sie sind Zerrbilder aus Hollywoodfilmen oder Science-Fiction-Büchern und das schadet dem Bild der Wissenschaft in der Öffentlichkeit. Denn Wissenschaftler SIND keine allwissenden Genies und Wissenschaft IST kein perfektes und fehlerfreies System. Wissenschaftler sind ganz normale Menschen und machen ganz normale Fehler. Wissenschaftler irren sich genau so wie der Rest der Welt und es wäre wichtig, dass der Rest der Welt das auch sehen kann. Wenn Wissenschaft im Fernsehen, den Zeitungen oder dem Schulunterricht dargestellt wird, dann sieht man meistens immer nur die Ergebnisse. Man sieht aber nicht die Menschen, die dahinter stehen und die auf dem Weg zum Ergebnis jede Menge Fehler gemacht haben. Wenn man Wissenschaft verstehen will ist dieser ganze Prozess mit all seinen Fehlern aber enorm wichtig. Und er ist noch wichtiger, wenn man Wissenschaft vernünftig vermitteln will!
Wissenschaftler sollten keine Angst davor haben, in den Augen der Öffentlichkeit Fehler zu machen und als ganz normale Menschen da zu stehen. Sie sollten keine Angst davor haben, sich mit einem Blog (oder auf andere Art und Weise) direkt an die Menschen zu wenden. Sie müssen ja nicht gleich Känguruh-Hoden essen oder sich in Maden wälzen. Aber sie dürfen ruhig den einen oder anderen Fehler machen. Wissenschaftler sind auch nur Menschen.
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